Eine Session (7)
„Nun, dann schauen wir den Film und nachher oder morgen Vormittag sprechen wir darüber. Dabei kannst du gerne so nah liegenbleiben. Aber zuerst räume ich das Geschirr in die Küche und dann schalte ich den DVD-Player ein.“
Gesagt, getan. Ich erhebe mich und Ilona schaut mir aus ihrer Position hinterher.

*

Zurück im Wohnzimmer gehe ich an den Schrank und nehme die DVD „The Pet“ mit der Darstellerin Andrea Edmondson als Gigi heraus. Ich schalte TV und DVD-Player ein und schiebe die DVD in den Schacht. Danach setze ich mich wieder auf die Couch. Ilona schaut zu mir auf. Ich lächele sie an und sage:
„Mach es dir ruhig bequem! Lege vielleicht deinen Kopf auf meinen Oberschenkel, wenn du magst? Der Hund meiner Eltern hat das früher auch oft gemacht…“
Sie legt tatsächlich ihren Kopf seitlich auf meinen Oberschenkel und schaut zum TV. Den Film startend, erkläre ich:
„Die Handlung ist in ein Umfeld eingebettet, das ich ablehne. Es geht da um eine Global Slave Organisation und Organhandel. Aber wenn du nur das Petplay betrachtest, die Spielbeziehung zwischen Owner und Doggie, wird es sogar etwas romantisch. Schau einmal selbst!“
Sie nickt.
Der Film zeigt das angesprochene Umfeld. Dann kommt die Hauptdarstellerin ins Spiel.
„Siehst du, so ähnlich habe ich mir das erste Treffen vorgestellt: Ein Gespräch auf Augenhöhe im öffentlichen Raum…“
Im weiteren Verlauf zeigt der Film ein immer innigeres Verhältnis zwischen Gigi und Paul, ihrem ‚Owner‘. Ich lasse die Bilder sprechen. Als dann der Schluss näherkommt und sich der Kreis zu Global Slave Organisation schließt, muss ich doch wieder dazwischenreden:
„Der Schluss ist sehr unrealistisch! Er wirkt konstruiert. Dass jemand mit seiner Eigentumsmarke derart spielt, sie dabei verliert und nicht bemerkt, dass er nichts mehr zwischen den Fingern hat, ist für mich unvorstellbar…“
Als dann der Abspann läuft, schalte ich die Geräte über die Fernbedienung aus und bemerke dabei, dass Ilona mich anschaut. Ich nicke und frage sie:
„Hast du Gesprächsbedarf? Dann darfst du natürlich reden!“
„Du würdest mich auch branden, in einen Käfig sperren, weitergeben oder sogar verkaufen?“ fragt sie.
Ich schüttele den Kopf und lächele sie an.
„Nein, Ilona. Ich sagte ja, das Umfeld in dem die Handlung spielt, ist total unrealistisch. Das ist nur dem Geschäftssinn der Filmemacher geschuldet. Ein bisschen Grusel lässt die Leute ins Kino gehen… Blende das ruhig aus und betrachte nur das Petplay dazwischen. Darin erschließt sich einiges zwar auch wieder nur, wenn man an 24/7 denkt, nicht jedoch, wenn es sich nur um Sessions dreht.“
„Würdest du mich auch branden und in einen Käfig stecken?“ fragt sie jetzt.
Wieder schüttele ich den Kopf und antworte:
„Wenn du in einem Käfig am Besten entspannen kannst, keine Platzangst bekommst, könnte man darüber nachdenken. Ich kenne das nicht, dass ein Hund hinter Gittern gesteckt wird. Alle echten Hunde, die ich kennengelernt habe, durften sich frei bewegen!
Das Branden kommt für mich gar nicht in Frage! Allenfalls kann man über ein oder zwei Tattoos nachdenken. Beides sind für mich aber Überlegungen bei 24/7, nicht bei kurzen Sessions.“
„Gigi ist auf Händen und Knien gekrabbelt, aber auch oft auf zwei Beinen gelaufen!“ stellt sie fest.
„Zwei Gründe,“ beginne ich: „Der Film heißt ‚The Pet – Die Sklavin‘. Sie ist also eher ein Petslave als ein Pet. Eine Verbindung zum SM ist hier und da im Film offensichtlich. Zweitens: Auf Händen und Knien kannst du im Zimmer apportieren. Wenn wir das aber einmal draußen spielen, wärst du so zu langsam. Deshalb dann auf zwei Beinen.
Möglicherweise reißt dich das aber aus dem ‚Petspace‘. Da gibt es aber noch etwas anderes, womit du schneller bist!“
„Ja?“ Sie schaut mich fragend an und stemmt sich mit den Armen hoch.
Ich nehme mein Handy und zeige ihr ein paar Videosequenzen.
„Schau, da gibt es in Fernost und den USA ein Workout-Programm, das sich ‚Bear-Crawl‘ nennt. Dazu musst du die Knie vom Boden abheben.“
Ilona schaut sich an, was ich ihr zeige und meint dazu nur: „Hm…“
„Es dürfte ungewohnt sein,“ relativiere ich, „aber nichts klappt gleich von Anfang an! Probiere es halt mal und geh auf Hände und Knie zurück, um deine Beinmuskulatur auszuruhen, wenn es zu anstrengend wird. Es hat jedenfalls den Vorteil, dass du im ‚Petspace‘ bleibst.“
Sie nickt und meint nun:
„Ich muss mal…“
Ich zucke mit den Schultern und antworte:
„Dann geh erst einmal zur Toilette!“

*

Wenig später kommt sie wieder zurück ins Wohnzimmer. Ich höre, wie Ilona im Flur wieder auf alle Viere geht, nachdem sie die Badtür hinter sich geschlossen hat. Sie kommt auf Händen und Zehenballen zu mir, wie sie das vorhin in den Videosequenzen auf meinem Handy gesehen hat.