Giselle (20)
Ich schwinge also die Beine aus dem Bett und stehe auf. Sofort ist Gigi durch die Schlafzimmertür. Nachdem auch ich das Schlafzimmer verlassen habe, höre ich sie im Bad. So langsam geht mir auf, was sie will. Durch ihre Pfotenhandschuhe ist sie nicht in der Lage, die Toilette wie ein Mensch zu benutzen. Ich habe zwar eine große viereckige Plastikschale mit Granulat hingestellt, aber sie braucht mich sicher für die Hygiene.
Nach wenigen Schritten stehe ich in der Badezimmertür. Ich sehe Gigi im Badezimmer vor der Hundetoilette, den Hintern in die Luft gestreckt, den Kopf auf der einen ‚Pfote’ abgelegt und die andere ‚Pfote’ hält sie sich vor die Augen.
Ich muss lachen. Ich sehe, dass die Hundetoilette benutzt wurde. Also nehme ich ein Feuchttuch aus dem Behälter und reinige Gigi. Dabei sage ich:
„Wenn du noch einmal in der Nacht aufstehen musst, weil du es GAR NICHT MEHR einhalten kannst, dann wecke mich ruhig sofort ebenfalls! Denn dann ist eine Notsituation eingetreten, die es rechtfertigt, dass du meinen Schlaf unterbrichst!!“
Gigi lächelt mich an und streicht mir als Antwort um die Beine. Ich schaue zur Badezimmeruhr und sehe, dass es schon Morgen ist. Also werfe ich mir am Waschbecken etwas Wasser ins Gesicht, putze mir die Zähne und temperiere das Wasser in der Dusche. Dann dusche ich uns beide. Ich spüre dabei, dass ihre Nippel wieder hart werden, als ich sie von Kopf bis Fuß mit dem Waschlappen und danach mit dem Strandtuch massiere. Sie reibt ihre Flanke an mir. Ich rubbele sie mit dem Riesenfrotteetuch trocken. Danach putze ich auch ihr die Zähne und gehe schließlich in die Küche, uns das Frühstück machen.
Gigi folgt mir zur Küche und schaut mir wieder von der Küchentür aus zu.
Nach dem Frühstück gehe ich hinüber zur Sitzgruppe und setze mich auf die Couch. Neugierig folgt sie mir, macht SITZ neben dem Couchtisch und schaut mich erwartungsvoll an. Ich lächele Gigi an und sage zu ihr:
„Du hast heute wieder die Geste ‚Shame on me’ im Bad verwendet. Ich denke, ich sollte langsam beginnen, dir Gestik und Mimik von Hunden beizubringen! Dazu musst du vorweg aber einiges zum Verständnis wissen:
Hunde stammen von Wölfen und anderen Hundeartigen ab, sind hin und her gekreuzt worden, um Hunde für die verschiedensten Spezialaufgaben zu erhalten. Allen gemeinsam ist jedoch, dass sie von Rudeltieren abstammen und ein ausgeprägtes Sozialverhalten zeigen, das ihnen im Kleinstrudel Hund-Mensch sehr zugute kommt. Sie verstehen ihren Menschen oft besser als er seinen Hund.
Um im Rudel miteinander klar zu kommen, nutzen sie in der Mehrzahl so genannte Beschwichtigungssignale. Sie werden von den Tieren verwendet, um Aggressionen zu stoppen, Konflikte zu lösen, sich und andere zu beruhigen oder einfach um Freundlichkeit zu demonstrieren.
Damit es geordnet zugeht, führt EIN Alphatier das Rudel und die Anderen führen die Aufträge dieses Alphatieres aus. Dafür entscheidet das Alphatier zum Wohl des Rudels. Du siehst hier Parallelen zu Gruppen von Menschen? Das hat die Natur so eingerichtet – bis hinunter ins Reich der staatenbildenden Insekten.
Für ein Doggie, der/die – einmal in der Rolle – nicht mehr spricht, sondern nonverbale Signale abgibt wie sein Vorbild, der Hund, ist das ein langer Lernprozess, der interessant und auch spaßig sein kann. Merke: NICHTS BIERERNST NEHMEN!
Ein Beispiel: Es ist kein Ungehorsam, sondern Unsicherheit, wenn ein realer Hund auf die Aufforderung zum Kommen hin (ZU MIR) sich erst einmal hinsetzt und hinter dem Ohr kratzt, oder sich zeitlupenhaft langsam bewegt und unterwegs für alles Mögliche Zeit hat (Herumschnüffeln). Hier gälte es, ihm Sicherheit und Vertrauen zu vermitteln, ihn bei seiner Neugier zu packen oder bei der Vorfreude auf Zuwendung.
SMler würden Gehorsam mit der Peitsche einfordern… Ich dagegen, halte mich an das Prinzip der ‚positiven Verstärkung’, das auch in die moderne Hundeerziehung Eingang gefunden hat: dir Sicherheit und Vertrauen vermitteln. Dich bei deiner Neugier packen oder bei der Vorfreude auf Zuwendung!“
Eine Zeitlang ist Funkstille. Ich sehe, wie es in ihr arbeitet. Dann sagt sie leise:
„Darf ich sprechen?“
Ich bestätige ihr das: „Klar, darfst du!“
„Du wärst nicht sauer und ließest es mich spüren, wenn ich deinem Befehl nicht sofort gehorche?“ fragt sie mit unsicherem Blick.
‚Hm, so einfach ist die Sache nun nicht…‘ geht mir durch den Kopf und ich antworte:
„Gehen wir noch einmal zurück zum Kommandotraining, GIGI. Habe ich dich jemals geschlagen, wenn du nicht sofort gehorchst?“
„Nein,“ ist ihre kurze Antwort.
„Ich habe dich belohnt, wenn du gehorcht hast. Entweder durch das Leckerli oder durch Lob und Knuddeln. Wenn du nicht sofort gehorcht hast, hab ich dich gelockt, oder hab selbst Hand angelegt, um dir zu zeigen, wie ich die Ausführung gerne hätte.“
„Das stimmt wohl, aber du hast noch ein anderes Verhalten gezeigt!“
Ich lächele und frage nach:
„Welches?“
„Du hast mir die kalte Schulter gezeigt und mich eine Zeitlang nicht beachtet, regelrecht ignoriert!“
„Aber nur wenige Minuten und ganz selten…“
„Ja, aber diese paar Minuten kamen mir immer wie Ewigkeiten vor und schmerzten stark!“
„Seelischer Schmerz? Aber den kannst du selbst abstellen, hast du sicher bemerkt. Durch Wohlverhalten nämlich – das nennt man Erziehung!“
Sie zeigt einen zweifelnden Gesichtsausdruck und fragt nach einem kurzen Augenblick der Stille:
„Und jetzt? Du wolltest mir beibringen, wie ich mich wie ein Hund verhalte!“
„Also zurück: Hunde sind immer bemüht eine angespannte Situation zu entspannen. Das tun sie, indem sie Beschwichtigungssignale senden wie Blinzeln, offensichtliches Wegsehen, Anlegen der Ohren, Lecken oder sie legen sich entspannt auf den Boden. Das alles soll dem Gegenüber die friedlichen Absichten vermitteln.
Ein Doggie sollte nun nicht gekünstelt blinzeln, wenn sie unsicher ist. Das würde zwar die unklare Situation entspannen, indem der/die Gegenüber zu Lachen beginnt. Aber das wäre nicht echt. Wenn du aber unwillkürlich ein Augenlidflattern zeigst, ist das durchaus in Ordnung. Du merkst, das Verhalten sollte im Idealfall aus dem Gefühl herauskommen, nicht geschauspielert wirken!