Luna -12-
Über diese Phase seid ihr, Beauty und LUNA ja schon hinaus. Das nächste Kommando wäre dann ZU MIR. Wenn mehrere Hunde anwesend sind, also entweder BEAUTY, ZU MIR oder LUNA, ZU MIR.“
„Hmhm,“ brumme ich, „und wie bringst du uns dazu zu dir zu kommen?“
„Ich zeige euch ein Leckerlie, etwas das ihr sehr gern mögt. Wenn ihr zu mir kommt, um das Leckerlie abzuholen, sage ich jedesmal ZU MIR – bis das ohne Leckerlie funktioniert.“
„Aha,“ kommentiere ich seine Erklärung. „Das hört sich sehr interessant an und ich bin neugierig auf solch ein Rollenspiel mit dir.“
Für heute verabschiedet er sich von mir und in der darauffolgenden Nacht habe ich einen entsprechenden Traum, indem Maik mein Herrchen ist und er seine liebe Not mit mir beim Kommandotraining hat.

*

Dann ist der Tag des Turniers gekommen. Maik kommt zu uns. Wir fahren in Papas Auto zum Sportplatz. Die Straßen sind mit Plakaten regelrecht tapeziert. Bestimmt an jeder dritten Straßenlaterne hängt eins. Wir betreten das Gelände des Sportplatzes. Großes Gedränge lässt uns nur langsam vorankommen. Ich begleite Maik zu der Umkleide. Meine Eltern folgen uns mit Beauty.
An der Tür wende ich kurz meinen Rollstuhl und winke Mam und Paps nochmal zu. Maik hält mir die Tür auf und drinnen trenne ich mich für kurze Zeit mit einer innigen Umarmung von ihm.
Der Vorsitzende des Sportvereins eröffnet das Turnier. Wir bestreiten das erste Spiel gegen die Damenmannschaft des Sportvereins, die auf geliehenen Rollstühlen gegen uns antritt. Während des Spiels vergesse ich alles Alltägliche.
Ich bin voll auf das Spiel fokussiert. Man spürt, dass die gegnerische Mannschaft nicht gewohnt ist sich im Rollstuhl zu bewegen. Das kann ich mehrmals zu meinem Vorteil ausnutzen. Ich schenke mir und den anderen nichts und schließlich liegen wir uns jubelnd in den Armen.
Dann ziehen wir uns an den Spielfeldrand zurück, denn jetzt spielen die Männer gegeneinander. Schließlich endet deren Spiel in einem Unentschieden. Anschließend meldet sich der Vorsitzende des Sportvereins noch einmal über die Stadion-Lautsprecher.
„Liebe Sportfreunde und Mitbürger!“ verkündet er. „Ich darf ihnen einige Besonderheiten des Turniers bekanntgeben: Da es sich um ein Freundschaftsturnier handelt, spielen nun die Herren gegen die Damen in beiden Kategorien. Zum Abschluss des Turniers spielen dann die Siegermannschaften gegeneinander. Der Tag soll bei gemütlichem Zusammensein im Saal unserer Gaststätte ausklingen. Dazu sind alle herzlich eingeladen!“
Wie angekündigt sehen wir nun ein Spiel ohne Rollstühle, in dem die Damenmannschaft des örtlichen Sportvereins gegen die Herrenmannschaft antritt. Im nächsten Spiel müssen wir gegen die Herrenmannschaft der Behindertensportgruppe antreten und den Abschluss bildet ein Spiel, das die beiden höchstplatzierten Mannschaften gegeneinander bestreiten. Alle Spiele haben zweimal zwanzig Minuten gedauert, so dass das Turnier mit Pausen fünf Stunden gedauert hat.
Nachdem wir uns umgezogen und frisch gemacht haben, rolle ich vor die Tür der Umkleide. Maik erwartet mich dort.
„Deine Eltern sind wohl schon im Saal,“ sagt er, nachdem wir uns kurz in den Arm genommen haben.
Ich ziehe die Stirn kraus.
„Unser Auto steht nicht mehr draußen?“
„Doch,“ meint er. „Aber ich sehe sie nicht. Sie hätten doch sonst sicher hier auf dich gewartet…“
„Stimmt,“ sage ich. „Nicht schlimm. Du begleitest mich ja zum Saal!“
Ich nicke lächelnd und wir spazieren die Hauptstraße in Richtung Innenstadt zu der Gaststätte hinter der der angemietete Saal liegt.
Vor dem Eingang des Saales treffen wir auf ein Ehepaar etwa im Alter von Mam und Paps. Sie begrüßen Maik herzlich und wenden sich dann zu mir. Bevor sie etwas sagen können stellt Maik mich ihnen vor.
„Mama, Papa, das ist Andrea!“
„Ah, du bist Maiks Freundin,“ sagt Frau Haller zu mir.
Sie lächelt freundlich und reicht mir die Hand. Wir begrüßen uns. Dann sagt sie:
„Kommt, wir suchen uns schonmal einen Tisch drinnen!“
Damit dreht sie sich um und betritt den Saal. Ich rolle hinter ihr her. Maik und sein Vater flankieren mich. Frau Haller hat bald einen Tisch gefunden. Ich sage schnell:
„Wir brauchen noch zwei Stühle!“
Maik beruhigt mich:
„Wir rücken die Stühle zusammen. Ich hole noch einen und du bleibst ja auf deinem Rolli.“
Ich nicke und er spricht mit einer Kellnerin. Sie führt ihn in einen Nebenraum, aus dem er kurz darauf mit einem Stuhl in den Händen zurückkommt. Herr Haller hat die Stühle inzwischen im Kreis um den Tisch zusammen geschoben, so dass mein Rolli und der weitere Stuhl zusätzlich an den Tisch passen. Herr und Frau Haller bestellen etwas zu trinken und ich nicke Maik zu, als er mich anschaut und noch zwei Portionen Pommes frites dazu bestellt.
Kaum haben wir unsere Bestellung am Tisch, treten Mam und Paps an unseren Tisch. An Paps Seite geht Beauty und schaut neugierig in die Runde. Unsere beiden Elternpaare begrüßen sich freundlich und Herr Haller bietet meinen Eltern an, sich dazu zu setzen.
„Wir waren noch Gassi mit Beauty,“ sagt Papa zu mir, während er sich setzt.
Sofort ist eine Kellnerin zur Stelle und fragt Mam und Paps nach ihrer Bestellung. Als sie fort ist, sagt Herr Haller:
„Andrea ist sehr sportlich!“
Papa nickt lächelnd und antwortet:
„Wir sind auch sehr stolz auf sie.“
Es entwickelt sich ein freundliches, dennoch reserviertes Gespräch zwischen den Erwachsenen.

*

Eines Tages fragt Maik beiläufig in einem Gespräch:
„Liebes, du kannst deine Beine doch bewegen, bist nicht gelähmt…“
Ich nicke und schaue ihn erwartungsvoll an. Was bewegt ihn jetzt wohl?