Nicci (6)
„Bis nächstes Wochenende, mein Mädchen,“ antwortet er.
Dann dreht er sich in Richtung Parkhaus und winkt mir noch einmal kurz zu. Ich winke lächelnd zurück. Schließlich geht er zügig auf das Parkhaus zu und ist bald meinen Blicken entschwunden. Ich muss noch eine Viertelstunde auf meinen Bus warten. In meinem Kopf herrscht ein heilloses Durcheinander von Gedanken und Gefühlen.

*

Als ich vor ein paar Tagen auf dem Heimweg im Bus sitze, habe ich mich in eine Zukunft mit Peter geträumt. Was hat er mir auf der Terrasse des Bahnhofs-Cafés alles gesagt? Er würde mich niemals ‚links liegenlassen‘, sondern sich stets um mich kümmern. Er würde mir Alltagsgeschäfte, wie Amtsformulare und Verträge abnehmen, die ich ihm überlasse – nachdem er mit mir darüber geredet hat, was mein Ziel in diesen Angelegenheiten ist. Er würde für mich sorgen und mich pflegen, falls das einmal nötig werden sollte…
Das wäre himmlisch, wenn das einmal wahr werden würde! Bei ihm würde ich mich dann sicher fühlen können, würde ich mich geliebt, geschützt und gepflegt fühlen können. Dazu gehört allerdings grenzenloses Vertrauen. Ich mag ihn jetzt schon sehr, aber ob sich solch ein Vertrauen einstellt, das muss sich erst noch zeigen!
Gestern habe ich Peter während der Arbeit ein kleines Gedicht per SMS aufs Handy geschickt:
Mit Haut und Haaren bist Du Mein
Mit Herz und Seele obendrein
Mit Händen und Füßen umarm‘ ich Dich
Mit Augen und Lippen umgarn‘ ich Dich
Du bist mein schönstes Geschenk
Und nur der Himmel weiß,
Dass ich an Dich denk‘
Nachmittags ist dann seine Antwort auf gleichem Weg zurückgekommen.
Du – wo immer Du auch bist
Was immer Du auch fühlst…
Ich bin in Deiner Nähe und fühle mit Dir
Denn Du bist für immer ein Teil von Mir!
Nun aber mal ehrlich! Schreibt so der klassische dominante Mann? Ich habe bisher zwar noch keinen dominanten Mann Aug in Aug kennengelernt, nur getextet, aber die haben alle sehr direkt sexistisch getextet! Keiner hat so gefühlvoll reagiert wie Peter. Allerdings, ich erinnere mich: Er hat auch von mir verlangt, meine Gefühle nach außen zu tragen, sie nicht in meinem Herzen einzuschließen. Ob das seine Masche ist?
Ich habe ihm meine Adresse fürs Navi gegeben und ihn gefragt, was ich anziehen soll, wenn er kommt.
„Zieh an, was du magst!“ hat er darauf geantwortet. „Etwas bequemes, in dem du dich wohlfühlst!“
Ich soll ihn also weder nackt empfangen, noch in irgendwelchen frivolen Kleidungsstücken, die seine Lust auf mich steigern. Das finde ich bemerkenswert! Ich habe mich also für meine Jogginghose entschieden und ein bauchfreies Top. Darunter ein knappes Unterwäscheset in zartrosa.
Nun ist die Zeit da, an der er eintreffen will. Es ist seine erste Fahrt zu mir. Er kann also die Zeit noch nicht abschätzen, die er zu mir braucht. Ich sollte mich nicht verrückt machen! Eine Viertelstunde Verspätung ist durchaus möglich, selbst wenn man sich von einem Navi leiten lässt. Mein Herz schlägt bis zum Hals!
Ich habe romantische Musik aufgelegt und mich auf mein Sofa gesetzt, die Beine angezogen und in die Sitzkissen gedrückt. Nach einer Weile beuge ich mich vor, umfasse meine Fußgelenke und stütze mein Kinn auf dem rechten Knie. Plötzlich klingelt es…
Ich springe auf und muss meinen Stand erst einmal stabilisieren. Dann laufe ich die paar Schritte zur Wohnungstür, um die Haustür aufzudrücken. Das Summen der Anlage holt mich aus meinen Träumen und wenig später steht Peter vor mir. Er drückt mir lächelnd eine Tüte Gummibärchen in die Hand, um mir dann in die Augen zu schauen.
„Hey, Nicci, wie geht es dir?“ fragt er.
„Hm, im Moment etwas verpeilt,“ antworte ich ehrlich und ergänze lächelnd. „Ich freue mich, dich zu sehen!“
Er ist inzwischen hereingekommen und ich habe die Wohnungstür wieder geschlossen.
„Wie war deine Fahrt?“ frage ich, während wir ins Wohn-Schlafzimmer gehen.
„Hm,“ meint er. „Es gab ein paar Probleme auf der Autobahn, aber sonst ging es ganz gut.“
Wir setzen uns nebeneinander auf mein Sofa gesetzt mit einem Abstand von einem halben Meter etwa. Sofort stehe ich wieder auf.
„Sorry, was magst du trinken?“ frage ich.
„Hast du ein Erfrischungsgetränk?“ fragt Peter lächelnd zurück.
„Cola?“
„Gern.“
Also gehe ich kurz in die Küche, fülle zwei Gläser mit Cola und ein Schälchen mit einer Party-Nussmischung. Damit auf einem kleinen Tablett komme ich zum Couchtisch zurück, setze mich wieder auf meinen Platz und stelle sein Glas vor ihn hin.
„Du siehst wunderbar aus!“ gibt er mir ein Kompliment.
„Danke,“ sage ich und fühle mich gerade etwas unsicher in meiner Haut.
In die entstehende Pause sagt Peter lächelnd: „Prost!“ und hebt sein Glas in meine Richtung.
Automatisch nehme ich mein Glas, hebe es kurz an, erwidere sein Zuprosten und trinke einen Schluck, während meine Augen an ihm hängen. Was wird er als nächstes machen?
„Gibt es etwas, das in eurer Stadt gerade angeboten wird?“ fragt er nun. „Kirmes vielleicht… Oder magst du durch einen Zoo oder Park spazieren? Liegt ein Freizeitpark oder ein Erlebnisbad in der Nähe?“
Ich bin erstaunt. Was bezweckt er damit?
„Eine Kirmes hatten wir vor einigen Wochen. Im Herbst ist noch einmal eine Chance für einen Kirmesbesuch! Ein Freizeitpark gibt es in etwa 60km Entfernung. Zoo und Park in 20km Entfernung in der Nähe des Bahnhofs in der Innenstadt – oder den, den wir draußen vor der Tür haben. Hier jogge ich gerne nach der Arbeit. Eine Viertelstunde mit dem Bus entfernt gibt es auch ein Erlebnisbad. Von daher sind wir hier voll ausgestattet.“