Mittwoch, 30. Juni 2021
Der Petclub (9)
TINA hat ihr Leckerlie verspeist und streckt nun den Hals, um meine Hand zu lecken, wie ich es gerade anspreche. Ich schaue in meine Gürteltasche, öffne sie dafür weit, und spiele erstaunt:
?Oh, da muss ich euch einen Moment alleine lassen und schnell ein paar Süßigkeiten holen.?
An der Wand hinter der Bühne hängt ein blickdichter Vorhang, bestimmt um den Eindruck einer Theaterbühne zu verstärken. Ich gehe kurz dahinter. TINA kauert sich nun hin und schaut mir, leise fiepsend, mit traurigen Augen hinterher.
Nachdem ich das hinter dem Vorhang wahrnehme, komme ich wieder hervor. Ich schaue zu den Leuten am Tisch und setze zu einer Erklärung an. Aber dann drehe ich mich zu TINA um, die vor Freude aufgesprungen ist, sich streckt, gähnt, aufgeregt mit der Hüfte wackelt und sich lachend nach rechts und links abrollt. Dabei bellt sie immer wieder japsend. Man kann ihr die Wiedersehensfreude richtig ansehen.
Ich lächele und erkläre den Zuschauern die Gefühlsäußerungen der Trauer und Freude, sie sie gerade beobachtet haben. Ich gebe TINA eine weitere Süßigkeit. Anschließend sage ich:
?Ich habe TINA erklärt, dass Hunde ?Gefühlsmenschen? sind, also mit ihren Gefühlen nicht hinter dem Berg halten, sondern sie spontan auf der Stelle ausleben. Dabei nutzt sie die Gestik und Mimik echter Hunde, deren nonverbale Kommunikation. Neben den Gefühlsäußerungen gibt es da natürlich noch einige Gesten, die das soziale Zusammenleben im Rudel erleichtern, wie die Spielverbeugung und Beschwichtigungsgesten, denn Hunde gehen normalerweise Streit, der sich vermeiden lässt, aus dem Weg.?
Nach einer kurzen Gedankenpause frage ich, ob eine der anwesenden Doggies auf die Bühne kommen möchte, um eine Interaktion zweier Doggies im Spiel zu zeigen. Mehrere Paare schauen sich daraufhin lächelnd an. Schließlich kommt ein junger Mann näher und erklimmt das Bühnenniveau. Dabei geht er auf Hände und Knie.
Ich werfe unseren Knotenball zwischen die Doggies. TINA geht sofort in die Spielverbeugung. Dazu sage ich:
?Normalerweise käme nun zuerst die Begrüßung der Hunde untereinander, und das Abchecken, ob der Andere freundlich gesinnt ist. Erst in dem Fall folgt dann die gerade zu sehende Spielverbeugung, die Aufforderung zum Spiel.
Die Begrüßung sparen wir uns jetzt. Damit haben wir noch Material für spätere Vorführungen. TINA fordert den fremden Doggie zum Spiel auf. Mal sehen, ob er darauf eingeht??
Der fremde Doggie ist etwas irritiert und hält sich zurück, also stößt TINA den Ball mit ihrer Nase in seine Richtung. Der Ball rollt vielleicht einen halben Meter und bleibt nochmal einen halben Meter vor dem fremden Doggie liegen. Der streckt sein ?Vorderbein? und stößt den Ball zu TINA zurück. So geht das ein paarmal hin und her, ohne dass der fremde Doggie aktiver wird.
?Du darfst ruhig den Ball auf der Bühne mit dir nehmen,? rate ich ihm. ?Entweder trägst du ihn im Mund mit dir fort oder du stößt ihn mit den Armen über die Bühne. Oder nimm ihn in die Hand!?
Der fremde Doggie schaut zu mir auf und greift dann den Ball mit einer Hand, um damit von seinem jetzigen Standort wegzukrabbeln. TINA nähert sich ihm leichtfüßig im BearCrawl und stößt ihn mit der Schulter an.
Jetzt erwacht der Trotz in dem jungen Mann. Er gibt den Ball nicht ab, sondern bellt und krabbelt weiter. Er ignoriert auch die Spielverbeugung, die TINA zeigt. Nun nimmt TINA kurz Anlauf und rammt ihm ihren Kopf in die Seite. Der fremde Doggie stürzt um und lässt den Ball los.
TINA nimmt den Ball zwischen die Vorderbeine, schiebt sich etwas vor und legt sich darauf ab. Dabei beobachtet sie den fremden Doggie aufmerksam. Dieser hat sich inzwischen aufgerappelt und überlegt. Ich erkläre den Leuten:
?TINA hat den Doggie zum gemeinsamen Spiel mit dem Ball aufgefordert. Dieser hat den Ball aber mitgenommen. Daraufhin hat TINA in mit Anstupsen aufgefordert, ihr seine Aufmerksamkeit zu schenken. Sie zeigt ihm die Spielverbeugung, doch er ignoriert sie. Als Konsequenz hat sie ihn umgeworfen. Da er nun den Ball losgelassen hat, hat sie ihn genommen und nun unter sich begraben. Diese Geste ist eindeutig. Sie bedeutet ?MEINS!??
Der Doggie nähert sich TINA langsam. TINA knurrt ihn an.