Geräusche der Nacht -48
"Diesmal zu allem Unglück auch noch eine Person unbehelligt gelassen, so dass wir gezwungen gewesen sind, die Polizei hinzuzuziehen. Die andere Joggerin hätte es sonst nicht verstanden und als unterlassene Hilfeleistung gewertet," ergänzt Marga.
Ich zucke die Schultern und meine:
"Wir haben bestimmt angemessen reagiert. Es hilft nichts, im Nachhinein zu überlegen, was man hätte besser machen können. Was geschehen ist, ist geschehen. Und nun ist uns dieser Schreiberling auf den Pelz gerückt, weil er eine Geschichte wittert."
"Der heißt auch noch 'Beltz'," meint Bastian, schief grinsend.
*
Zwei Wochen später bitten wir den Mann wieder zum Gespräch im Café des Uni-Campus. Liam fragt ihn:
"Haben Sie schon eine Idee, wie Sie die Geschichte aufbauen wollen, über die Sie zu schreiben vorhaben? Soll es so etwas wie ein Krimi werden oder eine Liebesgeschichte, oder was haben Sie sich gedacht?"
"Hm," macht Herr Beltz. "Ich bin mir da noch nicht so ganz im Klaren. Im Augenblick sammele ich noch Material, aus dem ich dann später eine Geschichte modellieren kann."
"Ich weiß nicht recht, womit Sie liebäugeln, Herr Beltz. Sie haben ja schon einige Lokal-Krimis geschrieben. Dazu brauchen Sie Verbrecher, Opfer und Ermittler. Für alle drei Rollen wollen wir uns NICHT hergeben! Schauen Sie, wir möchten eher die beschützende Position einnehmen. Eine Opferrolle kann uns nur aufgezwungen werden. Die Rolle des Verbrechers lehnen wir rundweg ab! Sollten Sie dagegen einen Liebesroman bevorzugen, kämen wir uns schon näher," erklärt Liam.
"Hm, okay," meint Herr Beltz. "Wie stellen Sie sich das denn so vor?"
"Da wäre zum einen der Hintergrund. Muss es unbedingt im Großstadtdschungel Frankfurts spielen, oder besser irgendwo in der freien Natur. Wald, Felder, kleine Dörfer höchstens, wie zum Beispiel der Spessart hier quasi vor der Haustür. Ich zeige Ihnen gerne einmal ein Bild."
Liam holt sein Handy hervor und geht auf die Galerie. Er klickt ein paarmal und zeigt Herrn Beltz dann das Display. Das Bild ist im Wald aufgenommen worden. Es zeigt eine junge Frau in einer Böschung sitzend. Sie trägt Jeansjacke und Jeanshose und hat ihr schwarzes Haar zu Zöpfen geflochten. Neben ihr sitzt ein Tier, größer als ein Schäferhund. Sie scheinen sehr vertraut miteinander.
"So könnte eine Momentaufnahme aussehen. Was davor war, wie die Beiden also dorthin gekommen sind, und was daraus folgt, welche Handlung fortführt - da dürfen Sie gerne ihre Phantasie sprühen lassen. Eine Liebesgeschichte beginnt oft bei einem zufälligen Aufeinandertreffen, dem Entdecken gegenseitiger Sympathie, dem vermehrten Verbringen von Freizeit miteinander. Allmählich mag man nicht mehr getrennt sein und ehe man sich versieht ist man ineinander verliebt. Inwieweit das dann zu einem Happy-End führt, oder die beiden 'Geschöpfe', sag' ich mal, entdecken, dass ein gemeinsames Leben wegen der anderen Menschen unmöglich ist - das müssen Sie entscheiden. Sie sind der Autor."
hrpeter am 17. März 24
|
Permalink
|
0 Kommentare
|
kommentieren