Geräusche der Nacht -56
"Na, feierst du eine Party an deinem Geburtstag?" säuselt sie säuerlich lächelnd, um mich sogleich ernst anzublicken. "Ich kann meine Lieblingsserie im Fernsehen nicht mehr verstehen!"
"Oh, entschuldigen Sie, Frau Kraft. Ich achte jetzt auf die Lautstärke!" entgegne ich ihr schuldbewusst.
Zurück im Wohnzimmer setze ich mich auf die Couch, beuge mich vor und stütze meinen Kopf in beide Hände. Wie soll ich meine Zeit nutzen? Mir kommt die Idee mit der Burg wieder in den Sinn. Sofort hellen sich meine Gedanken wieder auf. Tatendrang erfüllt mich. Ich nehme meine Schultasche, leere sie auf meinem Schreibtisch aus und gehe in die Küche.
Ich finde zwei fertiggebratene Schnitzel, lege sie zwischen Brotscheiben und nehme die Pfannkuchen aus dem Kühlschrank, die Mama vorsorglich gebraten hat. Das alles wickele ich in Küchenpapier und schiebe alles in Frischhaltetüten. Außerdem stecke ich noch Drinks ein und Chipstüten.
Nun schnalle ich mir die Schultasche auf den Rücken und verlasse die Wohnung. Mit dem Bus fahre ich zum Bahnhof und kaufe mir ein Schülerticket in die Stadt, wohin uns unser letzter Klassenausflug geführt hat. Nach einer Stunde Zugfahrt steige ich im dortigen Bahnhof aus. Hier studiere ich die Busfahrpläne und nehme den Bus, der an der Gaststätte in der Nähe der Burg vorbeifährt.
Dort steige ich aus, schultere meine Tasche wieder und wandere los. Der Waldweg ist mir noch in Erinnerung, der zur Burgruine führt, und er ist in einer Stunde bewältigt.
Vor mir sehe ich die moosbewachsenen Steine aus grob behauenem Felsen. Einer Eingebung folgend, gehe ich nicht sofort in das Innere der Burgruine, sondern will sie erst einmal umrunden. Also verlasse ich den Wanderweg und biege das Gestrüpp auseinander, das mir den Weg zwischen die Bäume versperrt. Ich wandere am Fuß der Burg entlang und schaue immer wieder an den verfallenen Mauern hoch.
Plötzlich bleibt mein Fuß irgendwo hängen und ich stürze aufschreiend nach vorn. Mir wird schwarz vor Augen. Wie lange ich schließlich auf dem Waldboden gelegen habe, kann ich nicht sagen. Als ich wieder erwache, ist es Nacht und es regnet leicht. Dazwischen höre ich fernes Donnergrollen. Mir ist unheimlich zumute!
Ich will mich irgendwo unterstellen. Da fällt mir eine Mauerlücke ein, an der ich vorbeigekommen bin. Also taste ich mich an der Burgmauer entlang zurück. Bald habe ich die schmale Lücke erreicht und krieche hinein, indem ich meine Tasche vor mir herschiebe. Hier drin ist es angenehmer als draußen. Ich setze mich auf den Boden, meine Tasche neben mir. Mir fällt meine Taschenlampe ein. Kurz meine nassen Haare aus der Stirn wischend, öffne ich meine Tasche und angele nach der Lampe.
Im schwachen Licht der Taschenlampe sehe ich Blut an meiner Hand. Ich wische mir noch einmal über die Stirn. Tatsächlich, ich muss mich beim Sturz verletzt haben. Ich nehme Küchenpapier aus einer Frischhaltetüte und versuche damit, mich zu reinigen, was ohne Spiegel schwierig ist. Anschließend leuchte ich die Höhlung in der Burgmauer aus. Vor mir sind bestimmt schon andere Menschen hier gewesen, denn mir fällt im Hintergrund das metallene Gerippe eines Bettrostes auf. Sonst bedeckt nur eine Menge Laub den Boden.
Plötzlich vernehme ich ein gefährliches Knurren. Ich richte den Lichtstrahl der Taschenlampe auf den Eingang der Höhle und sehe dort einen großen Hund oder gar einen Wolf mit gefletschten Zähnen stehen.
hrpeter am 10. April 24
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