Luna und Sunny -2
Ich schüttele den Kopf, um meine Benommenheit zu vertreiben und sehe eine Gestalt auf allen Vieren über mir stehen. Sie beugt ihren Kopf zu mir herunter und beginnt nun damit, mich abzulecken.

*

Mein Name ist 'Luna'. Ich gehöre zu den Millers und bin ein 'Golden Retriever'. Außer mir lebt hier noch 'Sunny', ein weiblicher 'Dobermann'. Der ältere Master musste dringend beruflich weg. Er hat uns aufgetragen, auf das Haus zu achten und den jüngeren Master gebührend zu begrüßen, wenn er zurückkommt. Wir sollen dann tun, was folgsame Hunde eben tun, wenn Master Jerry etwas sagt.

Also habe ich mich auf die Lauer gelegt und warte auf Master Jerry. 'Sunny' dagegen streift alle paar Stunden durch das Haus, immer auf der Suche nach einem Sicherheitsproblem oder etwas Ungewöhnlichem. Jedes Geräusch lässt sie aufspringen und nachschauen. Der ältere Master hat ihr aufgetragen, auf alles zu achten und das Haus zu schützen.

Als sich die Sonne dem Horizont nähert, höre ich ein Geräusch von der Straße. Ich stütze mich auf den Sessel am Fenster und schaue hinaus. Draußen vor dem Haus hat ein gelbes Cab angehalten. Zwei Männer steigen aus. Einer hebt einen Koffer hinten aus dem Auto. Der andere Mann übergibt Geld und nimmt dafür den Koffer in Empfang. Während ein Mann wieder ins Auto steigt, wendet sich der andere Mann zum Haus und zieht den Koffer hinter sich her. Ich erkenne Master Jerry. Oh, das ist wunderschön! Der jüngere Master ist von seinem Auslandsaufenthalt zurück. Ich mag ihn sehr.

Master Jerry kommt weiter auf das Haus zu. Also positioniere ich mich im Durchgang zum Livingroom, gehe auf alle Viere und lege mich voller freudiger Erwartung ab.

Der jüngere Master hat das Haus erreicht und schließt die Tür auf. Sofort bin ich wieder auf allen Vieren hoch. Er schiebt seinen Koffer als Erstes in den Flur, betritt dann das Haus und...

Ich bin losgelaufen, um ihn freudig zu begrüßen. Dabei habe ich ihn angesprungen, wie Hunde in ihrer Wiedersehensfreude das so machen. Master Jerry ist darauf nicht gefasst gewesen, deshalb hat ihn meine Aktion umgeworfen und gegen die Haustür fallen lassen, die mit Getöse zugeschlagen ist. Um mich zu entschuldigen, beginne ich nun, ihn nach Hundemanier abzulecken.

'Sunny' hat den Knall gehört, mit dem sich die Haustür geschlossen hat und kommt über die Treppe aus der oberen Etage herunter. Sie überblickt das Geschehen am Eingang und trabt zum Coffeetable im Livingroom. Dort hat der ältere Master eine Nachricht für den jüngeren Master abgelegt. Den Bogen Briefpapier hat er gefaltet und in eine lederne Schutzhülle gesteckt, die 'Sunny' nun mit dem Mund greift und zum Eingang bringt, wo der jüngere Master sich gerade aufsetzt und mich abwehrt.

*

"Was ist los hier?" denke ich im ersten Moment. "Haben wir Halloween? Haben sich 'Luna' und 'Sunny' im Datum vertan?"

Nach ein paar Sekunden hebe ich mich etwas an und schiebe mich in eine bequeme Sitzposition mit dem Rücken gegen das Türblatt der Haustür. Ich wehre 'Luna' ab und sehe nun 'Sunny', wie sie etwas zwischen die Zähne geklemmt hat und sich mir nähert. Es ist ein Ledermäppchen von meinem Vater. Ich nehme es ihr ab. Dabei fällt ein gefaltetes Blatt Papier heraus. Mich danach bückend, lässt 'Luna' endlich von mir ab und macht ein paar Schritte zurück. Anschließend streckt sie ihre Arme in meine Richtung, öffnet den Mund, streckt die Zunge heraus und hechelt ein wenig.