Loonas "Schwester" -7
"Nein, wenn man seinem Freund voll vertraut. Du vertraust Alex doch auch, oder?"

"Ja, sicher! Aber ich treffe meine eigenen Entscheidungen. Woher soll Alex denn immer wissen, was gut für mich ist? Ich meine, das weiß ich doch selbst viel besser."

"Andrea, ich würde nie unsere Art zu leben als Vorbild für Andere hinstellen. Ich habe mich dafür entschieden, dass ich ihm die Führung überlassen will. Klar kann Maik keine Gedanken lesen. Wir reden oft über alles, was uns bewegt. So lernt Maik mich mit der Zeit immer mehr und tiefgehender kennen. Wenn ich genau überlege, dann wollte ich die Art zu leben schon immer, schon bevor ich meinen - Herrn überhaupt kennengelernt habe."

Nun geschieht etwas höchst Bemerkenswertes. Andrea antwortet:
"Manchmal denke ich, dass das eigentlich allen Männern gefallen würde. Ich glaube, Alex auch."

Der Angesprochene rutscht unbehaglich auf seinem Sitzplatz herum.

"Kann sein," versuche ich die Situation zu entspannen, indem ich auf mich Bezug nehme und gleichzeitig verallgemeinere, "aber der Preis ist enorm. Wenn ich mich Maik hingebe, weise ich ihm damit die denkbar größte Verantwortung zu. Die wenigsten Männer sind dem gewachsen!"

Andrea scheint zu begreifen.

"Maik kann das aber und du fühlst dich wohl damit?"

"Pudelwohl!" gebe ich zur Antwort.

"Dann ist es gut - für dich."

'Andrea, Andrea,' denke ich mir, 'was schlummert da alles hinter deiner hübschen Stirn?!'

Und Alex?

Der macht ein möglichst unbeteiligtes Gesicht und schweigt. Rino hat sich näher herangetraut und er streichelt sie mit Hingabe, was sie sich gern gefallen lässt. Sie hat sich sogar zu seinen Füßen auf den Rücken gedreht und präsentiert ihm ihren Bauch.

Ein kurzer Blick in Maiks Richtung. Ein unmerkliches Nicken seinerseits?
Was habe ich da bloß angerichtet? Jetzt muss ich es wohl bis zum Ende durchziehen.

Einem Gefühl folgend, nehme ich einen Hundekeks aus der Leckerlie-Tasche an meinem Rolli und halte ihn hoch. Rino sieht das und dreht sich auf den Rücken. Dann erhebt sie sich auf alle Viere und schaut mich konzentriert an.

Ich drehe den Rolli vom Couchtisch weg und rutsche heraus in den Vierfüßler-Stand. Dann stecke ich mir eine Ecke des Keks' zwischen die Zähne und schaue Rino an. Sie nähert sich mir. Ich lasse den Keks fallen und Rino nimmt ihn auf. Genüsslich kaut sie ihn klein. Als sie die Reste hinuntergeschluckt hat, gehe ich in die Spielverbeugung. Rino schaut sich um und bringt ihren Plastik-Spielknochen herbei. Damit nähert sie sich ganz nah meinem Gesicht.

Ich versuche, nach dem Spielknochen zu schnappen, aber Rino zieht sich zurück, gerade eben außerhalb meiner Reichweite. Nun nähere ich mich ihr weiter und zeige wieder die Spielverbeugung, indem ich die Ellbogen beuge und mit den Schultern tief heruntergehe. Sie nähert sich mir etwas, um wieder auf Abstand zu gehen, als ich mit den Schultern auf Armlänge hochkomme.

Danach schaue ich mich zu unseren Gästen um und sehe sie sprachlos mit offenem Mund und aufgerissenen Augen auf ihren Plätzen sitzen. Maik nimmt das Wort auf.

"Laura," erklärt er, "konnte schon immer besser auf allen Vieren gehen. Das belastet die Sehnen in der Hüfte auch nicht so sehr. Infolgedessen waren sie und Beauty - die Hündin ihrer Eltern, die mit ihr zusammen aufwuchs - ein Herz und eine Seele. Man könnte Laura ohne weiteres eine Hundeflüsterin nennen... Nun ist Beauty gestorben und wir haben uns eines Welpen aus einem Wurf angenommen, der vielversprechende Anlagen zeigte, irgendwann ein Assistenzhund zu werden."