Die Journalistin -04
"Okay. Bitte, schicken Sie mir die Datei gleich rüber, wenn Sie so weit sind," meint er erleichtert.

Er hat sich schon halb zum Gehen gewandt, als ihm noch etwas einfällt:
"Ach ja, der Chef hat gesagt, Sie sollen in sein Büro kommen."

Verwundert frage ich:
"Okay, danke sehr. Hat Herr Klein vielleicht gesagt, worum es geht?"

"Leider nein. Vergessen Sie meine Notizen nicht," antwortet Herr Schnürer, kurz bevor er seinen Schreibtisch erreicht hat.

Kurz wäge ich die Prioritäten ab. Dann entscheide ich, dass die Aufforderung des Chefs wichtiger ist, als die Notizen des Kollegen. Ich sperre den Laptop erneut und überlege, was Herr Klein wohl von mir wollen könnte. Ein Lob für meine Arbeit seit ich in der Redaktion arbeite, würde er wohl kaum aussprechen. Schließlich habe ich praktisch nur wie eine Praktikantin den Kollegen zugearbeitet. Ich zucke die Schultern.

Oder sollte ich einem Kollegen negativ aufgefallen sein und er ist direkt zum Chef gegangen, statt mich zuerst darauf anzusprechen? Dann könnte es hier in der Redaktion für mich gefährlich werden, denn ich befinde mich noch in der Probezeit. Verunsichert verlasse ich das Büro und gehe den Flur entlang. Ich schicke ein Stoßgebet zum Himmel, denn ich brauche den Job, um meine Rechnungen zahlen zu können und die Schulden aus dem Studium zu begleichen.

Als ich vor der Tür des Chefbüros angekommen bin, habe ich ein flaues Gefühl im Magen. Hoffentlich geht es um etwas anderes! Hoffentlich bekomme ich keinen Ärger. Beim Vorstellungsgespräch hat Herr Klein einen zuvorkommenden und netten Eindruck gemacht, aber was hat das schon zu bedeuten? Bei solchen Gesprächen sind alle Menschen höflich, oder etwa nicht?

Ich klopfe dezent an die Tür und versuche mich zu beruhigen. Eigentlich habe ich doch gar nichts zu befürchten. Okay, ich habe bisher keine herausragenden Leistungen gezeigt, aber man hat mir dazu ja auch keine Gelegenheit gegeben. Die Aufgaben, die man mir übertragen hat, habe ich immer ohne Murren erledigt.

"Herein," höre ich durch das Türblatt.

Also fasse ich mir ein Herz, drücke die Türklinke herunter und öffne die Bürotür.

Herr Klein ist ein älterer Mann mit ergrautem Haar. Dennoch besitzt er wache Augen, mit denen er mir nun von hinter seinem ausladenden Schreibtisch entgegenschaut.

"Sie wollten mich sprechen?" frage ich zurückhaltend und bleibe stehen, nachdem ich die Tür geschlossen habe.

Mein Chef nickt und winkt mich näher.

"Richtig. Kommen Sie herein, Frau Johnson! Setzen Sie sich bitte."