Die Journalistin -17
Mit einem "Sehr wohl!" zieht sich der Kellner zurück und lässt uns ein paar Minuten allein.

Marc zeigt einen zerknirschten Gesichtsausdruck und entschuldigt sich für sein Vorpreschen bei der Bestellung:

"Sorry, Frau Johnson. Ich hätte Ihnen den Vortritt lassen sollen. Das kommt daher, dass ich mir im Petclub angewöhnt habe, im Vorfeld den Wunsch der Dame in Erfahrung zu bringen und dann beim Kellner für Beide zu bestellen."

"Kein Problem," erkläre ich und frage mit erstaunter Miene: "Von einem Petclub haben Sie bisher noch nichts geschrieben! Was kann ich mir darunter vorstellen?"

Eigentlich habe ich vorgehabt, die Unterhaltung ganz harmlos mit der Frage zu beginnen, wie er die Fahrt im ICE genossen hat. Nun hat er gleich einen mir noch unbekannten Begriff ausgesprochen. Da muss ich natürlich gleich nachhaken.

In diesem Moment tritt der Kellner an unseren Tisch heran und serviert uns unsere Bestellung. Nachdem sich der Mann wieder hinter die Theke zurückgezogen hat, erklärt Marc:

"Hier und da in Deutschland gibt es Stammtische von und für Petplayer. Dort kann man hinfahren und bei Speisen und Getränken offen diskutieren. Einige dieser Locations bieten auch die Möglichkeit am zweiten Tag des Wochenendes auf uneinsehbarem Gelände im Kostüm zu spielen. Dazu muss dort natürlich eine Übernachtungsmöglichkeit vorhanden sein. Das bieten nur zwei bis drei Locations in ganz Deutschland.
Von meinem Wohnort aus müsste ich mindestens 140 Kilometer fahren und noch eine Übernachtungsmöglichkeit vor der Rückfahrt organisieren. Das war mir zu umständlich. Also habe ich mir gedacht, ich gründe einen eigenen Stammtisch. Eine Bekannte hat gemeint, dass sie im Umkreis von 50 Kilometern um meinen Wohnort einige Petplayer kennt.
Ich habe mein Angebot auf der Petplayer-Seite im Internet bekannt gemacht und war anfangs enttäuscht über die geringe Resonanz. Ein Teil der Interessenten schickten mir eindeutig sexistische Anfragen, so dass ich drauf und dran gewesen bin, mein Angebot wieder zurückzuziehen.
Da sich mein Angebot in einem ländlichen Umfeld befindet, habe ich mich um eine Wiese bemüht, auf der man spielen kann. Ich finde eine Weide mit baufälliger Feldscheune für wenig Geld. Am Zaun entlang lasse ich Hunderte von Koniferen als Sichtschutz pflanzen. Das Geld dafür treibe ich von einem Verein ein, dessen Vorsitzender ich bin... eben der Petclub."

Ich finde seine Darlegungen so interessant, dass ich sie aufzeichnen möchte. Auf diese Weise kann ich sie später in meiner Publikation verarbeiten. Nun kann ich nicht offen ein Aufzeichnungsgerät zwischen uns auf den Tisch legen, also entschuldige ich mich, erhebe mich und gehe zur Toilette des Cafés. Dort starte ich das Gerät in meiner Handtasche und verbinde ein Mikrofon per Bluetooth damit. Das kleine Gerät stecke ich mir innen an meinem Oberteil fest. Danach gehe ich wieder zu Marc an den Tisch und frage ihn, nachdem ich mich gesetzt habe:

"Du sprachst eben von Stammtischen und eurem Petclub. Das macht ihr, um euch auch im wirklichen Leben kennenzulernen?"