Geräusche der Nacht -09
Hannes lässt uns ein. An der Tür bewundert auch er meine neue Frisur. Ich ziehe für einen Sekundenbruchteil meine Stirn in Falten und wechsele das Thema, indem ich ihn für den amerikanischen Abend lobe. Er hat Pancakes gebacken und Ahornsirup in einer Tropfflasche auf den Tisch gestellt. Dazu gibt es Cola. Nachdem wir uns gesetzt haben und uns seine Kreation schmecken lassen, legt er eine Schachtel auf den Tisch, öffnet sie und entnimmt ihr ein neues Handy. Nun soll ich ihm mein Handy geben. Er tauscht die Sim-Karte aus und richtet mir das Handy ein.

"Für den Fall, dass du mit irgendetwas nicht klarkommst, habe ich dir meine Nummer eingespeichert," erklärt er mir, als er mir mein neues Handy überreicht.

Ich bedanke mich herzlich. Wir haben noch einen wunderbaren Video-Abend und sind gegen 23 Uhr im Uni-Center zurück.

*

Ein Monat später befinden wir uns wieder auf unserer üblichen nachmittäglichen Joggingrunde. Die Wölfin in mir räkelt sich zufrieden.
Plötzlich treten rechts und links des Weges zwei Männer hinter Bäumen hervor und versperren uns den Weg.

Enie redet sie laut an:
"Was soll das? Lasst uns zufrieden!"

Einer der Männer sieht aus, wie der Sohn eines Pizzeria-Besitzers. Er scheint nur wenig älter als wir zu sein und sein Geruch erinnert mich an eine Begebenheit vor 400 Jahren. Alle Alarmglocken schellen in mir. Die Wölfin sträubt ihr Nackenfell. Sie ist kaum noch zu beruhigen. Der Mann lacht und antwortet Enie:

"Ihr solltet mit uns kommen, wenn euch euer Leben lieb ist."

"Womit wollt ihr uns zwingen?" fragt Enie selbstbewusst zurück.

"Nuuuun," dehnt der Mann. "Schaut euch um. Wollt ihr wirklich gegen Vier von uns antreten? Wenn ihr brav seid, passiert euch nichts!"

Hinter uns treten weitere Männer aus dem Gebüsch auf den Weg. Nun sind es tatsächlich zwei gegen vier. Sie nähern sich uns. Ich zische zwischen den Zähnen hervor:

"Wagt es nicht, uns anzufassen!"

Der Wortführer lacht.

"Aber, aber! Wir haben dort hinten einen Wagen stehen. Verursacht hier kein Aufsehen und kommt brav mit!"

Die Männer schließen dicht auf. Als einer der Männer hinter mir seine Hand auf meine Schulter legt, trete ich nach hinten aus und bücke mich gleichzeitig nach vorne. Der Mann hinter mir gibt ein zischendes Geräusch von sich und hält sich sein Gemächt. Derweil habe ich mich mit den Händen am Boden abgestützt und ein Rad geschlagen. Dabei treffe ich den anderen Mann hinter uns mit der Ferse unter seinem Kinn, so dass er nach hinten stürzt.

Als ich wieder auf meinen Beinen stehe, schlinge ich meinen Arm um den Hals des Anführers und rufe Enie laut zu:

"Lauf! Lauf, so schnell du kannst."