Geräusche der Nacht -45
Ich wende mich zu der Frau und dränge:
"Kommen Sie, gute Frau! Wir müssen hier weg. Wo wohnen Sie?"

Ich schaue in ihre Gedanken und finde das Bild ihrer Wohnung in einem der Frankfurter Hochhäuser. Sie nennt mir ihre Adresse und ich sehe das Hochhaus in ihren Gedanken. Ich konzentriere mich auf das Bild des Hochhauseingangs und fasse die Frau an. Mit der anderen Hand lasse ich einen Tropfen aus Meister Uliks Flasche auf den Boden fallen. Im gleichen Moment stehen wir vor ihrer Heimatadresse.

"Sie wohnen hier?" frage ich und lächele sie freundlich an.

Die Frau schaut sich um. Fassungslos nickt sie mit dem Kopf.

"Dann gehen sie hinein und rufen ihre Freundin an, mit der Sie joggen waren! Sie wird sich inzwischen große Sorgen machen."

Ein weiterer Tropfen fällt auf den Boden und ich löse mich vor ihren Augen in Nichts auf. Gleichzeitig materialisiere ich bei Liam im Wohnzimmer. Er fragt mich:

"Ist alles klar gegangen?"

Ich nicke und mache eine abwehrende Handbewegung. Ich sehe in Gedanken die befreite Frau immer noch wie angewurzelt an derselben Stelle vor dem Eingang des Hochhauses stehen. Ich lasse meine Stimme in ihren Gedanken ertönen und denke drängend:

'Sie müssen hineingehen! Gehen Sie in ihre Wohnung und rufen Sie ihre Freundin an!'

Endlich kommt Bewegung in die Frau. Sie dreht sich um und öffnet die Haustür. Gedanklich überwache ich sie weiter, bis sie ihre Wohnungstür hinter sich geschlossen hat.

*

Ich erhebe mich, schaue der Taube hinterher und gehe in die Richtung zurück, aus der ich gekommen bin und wo meine Freunde warten müssen. Als ich sie erreiche, stehen Liam und Grete bei ihnen. Freudig begrüße ich Grete. Erleichterung macht sich in mir breit.

'Jetzt wird alles gut!' denke ich.

Grete nickt mir lächelnd zu und sagt laut:
"Hallo, Sophia. Schön dich gesund zu sehen! Du brauchst dich vor Magnus nicht mehr fürchten. Er und sein Rudel ist um einige tausend Kilometer weiter in den Osten versetzt worden. Die Meister haben dafür gesorgt!"

"Das heißt aber nicht, dass es hier nie mehr Werwölfe geben wird," wirft Liam mahnend ein. "Ein freies Revier wird bald von anderen besetzt werden."

Sophia schaut Bastian fragend an:
"Wie ist es dir in all den Jahren ergangen? Magst du mit mir einen Spaziergang machen?"