Geräusche der Nacht -51
Der Mann nimmt den Rat an und nach einigem Hin und Her steht er auf der anderen Seite des Weges im Gras. Liam und Herr Beltz verlassen das Fahrzeug und überqueren den Weg. Marga erwartet sie.

"Sophia ist in Richtung See gegangen," erklärt sie und sie gehen nun hintereinander über einen schmalen vegetationsfreien Pfad.

Marga führt die kleine Gruppe und Herr Beltz macht den Abschluss. Nach vielleicht zwanzig Metern stoppt sie und tritt in das Gras neben dem ausgetretenen Pfad. Liam stellt sich neben Marga auf die andere Seite des Pfades, so dass der Schriftsteller freien Blick nach vorne hat.

Im Hintergrund spiegelt sich das Mondlicht auf der Wasserfläche des Sees. Davor erkennt er Sophia, die ihnen entgegenschaut. An ihrer Seite steht majestätisch ein riesiger Wolf. Seine Schulterhöhe reicht Sophia bis zu den Oberschenkeln.

"Oh," entfährt es Herrn Beltz. "Sooo groß!"

Der Pfad führt in einen Einschnitt zum sandigen Ufer des Altrheinsees hinunter. Rechts und links des Pfades erhebt sich eine steile Böschung. Sophia lächelt. Sie klettert und setzt sich in die rechte Böschung, von uns aus gesehen. Sie trägt ihr sonnengelbes Hemdkleid, dass im Mondlicht nur hell erscheint. Der Wolf in braunem Fell springt die Böschung hinunter und stellt sich neben sie. Er schaut uns aufmerksam an und beginnt zu hecheln. Es hat den Anschein, als müsse er Sophia vor den Fremden beschützen.

"Phantastisch!" meint Herr Beltz. "Schade, dass ich das nicht fotografieren darf!"

"Denken Sie an unsere Abmachung!" erinnert ihn Liam noch einmal. "Schildern Sie doch einfach ihre Eindrücke, nachdem Sie ihr Diktiergerät eingeschaltet haben!"

Herr Beltz holt sein Handy in die Hand, nimmt ein paar Einstellungen vor und hält es sich waagerecht vor sein Gesicht. Er beginnt die Situation zu beschreiben. Danach wendet er sich wieder Liam zu:

"Kann der Wolf Frau Müller um die Beine streichen und sie ihn streicheln?"

"Es ist trotz des Mondlichtes nicht besonders hell hier draußen," meint Liam. "Sollen wir näher an die Beiden herangehen? Sie können dann mit Frau Müller direkt sprechen."

"Lässt denn der Wolf diese Nähe zu?"

"Keine Angst, Herr Beltz. Der Wolf vertraut uns völlig."

"Aber mich kennt er noch nicht!" gibt der Autor zu bedenken.

Liam nickt lächelnd. Er öffnet eine tragbare Kühlbox, die ich bisher getragen habe, und entnimmt ihr eine Rehkeule. Ich reiche ihm ein Paar Gummihandschuhe und meine dazu:

"Ziehen Sie die Handschuhe über. Dann nimmt ihre Hand auch nicht den Geruch der Keule an."

Herr Beltz runzelt die Stirn. Aber er nimmt meinen Rat an. Danach übergibt Liam ihm die Rehkeule und fordert den Autor lächelnd auf:

"Machen Sie langsam ein paar Schritte auf den Wolf zu. Präsentieren Sie ihm das Fleisch und lassen es rechtzeitig los."