Geräusche der Nacht -75
In einer solchen Unterweisung schärfe ich Valle ein:
"Wenn du den Wolf in dir beherrschen willst, musst du lernen deine Instinkte zu beherrschen. Du darfst nicht aufbrausend sein und etwaigen Zorn und Ärger auf jemanden oder eine Situation bekämpfen. Die Situation, in die du schonmal gerätst oder dein Gegenüber, können nichts dafür. Angriff ist ganz verpönt! Verteidigung ist dagegen erlaubt, doch darfst du dabei niemals zum Äußersten gehen. Gib dem Gegner immer eine Rückzugsmöglichkeit. Lasse dich niemals dazu hinreißen zu töten! Dann verliert der Wolf in dir seine Macht über dich."
"Aber wenn ich den Wolf in mir einsperre, entwickelt sich eine Art 'Zweikampf', den ich stets verliere," gibt Valle zu Bedenken.
"Du kennst die Bedürfnisse des Wolfes. Wende deine ganze Willenskraft auf und lenke sie in harmlose Bahnen. Gib den Bedürfnissen deines inneren Tieres kontrolliert nach. Ein Beispiel: Der Wolf hat einen unbändigen Bewegungsdrang. Deshalb haben wir das Jogging für uns entdeckt. Ab und zu kannst du den Wolf auch herauslassen, damit er jagt. Suche dir dafür eine menschenleere Gegend."
"Wie erlange ich das Vertrauen meines 'inneren Tieres', so dass es zahm wird und mir so gehorcht, wie du es beschreibst?"
"Wie ich schon sagte, wenn du seine Bedürfnisse kennst, gib ihnen nach, wenn es möglich ist. Das Tier in dir darf sich nicht dauerhaft eingesperrt fühlen. Außerdem musst du gut für es sorgen. Wenn es fordernd wird, lenkst du sein Fordern in akzeptable Grenzen. Du würdest ja einem Hund auch nicht erlauben zu jagen, sondern ihm zu fressen geben und Zuneigung schenken."
Allmählich spüre ich Fortschritte bei Valle. Das freut mich. Um Laura und Valle vor zu viel Emotionen zu Mitmenschen zu bewahren, gebe ich ihnen Einblick in die Lebensläufe anderer Gestaltwandler und erkläre Beiden:
"Eure Körperzellen sind durch die Mikroben im Biss befähigt, sich ständig zu erneuern. Verletzungen heilen schneller und ihr altert in den Augen der Menschen nicht. Das bedeutet: Bindet euch nicht zu stark an andere Menschen, so dass ihr euch etwa alle zehn bis zwölf Jahre trennen könnt. Zieht in eine andere Stadt und baut euch ein neues Leben auf. Denkt mit Dankbarkeit an die verflossene Verbindung, dass ihr den besonderen Menschen kennenlernen und einen Abschnitt eures Lebens mit ihm verbringen durftet."
"Altern wir wirklich nicht?"
"Ihr lebt nicht ewig! Ich sagte ja, in den Augen der Menschen altert ihr nicht. Ihr altert in Wahrheit nur langsamer. In etwas über vierhundert Jahren seid ihr im menschlichen Maßstab etwa sieben Jahre älter geworden. Daher dauert es ein paar tausend Jahre bis ihr so ausseht, wie ein achtzig bis neunzig Jahre alter Mensch."
"Oh!" entfährt es Beiden.
"Aber ihr seid ja nicht alleine! Ruft einen Wächter herbei. Besucht andere Gestaltwandler. Aber pflegt zu Menschen nur gute kollegiale, allenfalls freundschaftliche Kontakte!"
hrpeter am 06. Juni 24
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