Der Goldhamster -17
"Okay, Herr Professor."

Nun wendet sich der Professor an mich und fragt:
"Ist Ihnen das Verhalten schon einmal vorgekommen?"

Ich nicke, relativiere aber:
"Bisher eher selten, Herr Biller."

"Für Hunde ist das ein natürliches Verhalten. Sie bekommen plötzlich einen Energieschub, scheinbar ohne irgendeinen Grund. Draußen auf freiem Feld kann es auch ein voller Sprint sein. Es ist bei Hunden ein Zeichen für Gesundheit und dass er etwas Energie abbaut."

"Ja," meine ich verwirrt. "Bei Hunden kann ich das verstehen, aber bei meiner Lebensgefährtin?"

"Machen Sie sich keine Sorgen!" antwortet er. "Menschen gehören auch zu den Säugetieren. Wir Menschen sind allerdings zu verkopft. Wir haben verlernt, uns gemäß unseren momentanen Gefühlen zu verhalten, sondern sind dafür zu rational geworden."

"Hm," brumme ich. "Das hieße, dass wir als Menschen öfter gefühlsmäßig reagieren sollten?"

"Das wäre jedenfalls nicht schlecht," meint der Professor. "Ihre Lebensgefährtin scheint die Schwelle zurück zur Emotionalität jedenfalls überwunden zu haben."

"Jetzt sagen Sie bloß, sie finden etwas Positives daran, dass Vanessa sich für einen Hund hält?"

"...vom genetischen Gesichtspunkt her ein Hund ist, Herr Weiler. Da führt kein Weg dran vorbei! Auch wenn ihr kein Fell gewachsen ist, und so weiter."

"Eine Rückführung ist nicht möglich?"

"Leider nein, Herr Weiler. Wir würden es mit weiteren genetischen Experimenten an ihrer Lebensgefährtin nur noch schlimmer machen, da wir nicht wissen was geschieht. Also müssen Sie sich mit dem jetzigen Stand der Dinge abfinden und versuchen, das Beste daraus zu machen."

Ich schaue ihn skeptisch an, sage aber nichts mehr. Er verabschiedet sich alsbald von uns.

Beim nächsten Besuchstermin erzähle ich dem Mann, dass Vanessa des Öfteren ein Spielzeug wie den Kauknochen oder einen Ball angeschleppt hat. Danach hat sie sich vor mich auf ihre Fersen gesetzt und mich angeschaut. Ja, fast könnte man behaupten, sie hat mich angestarrt. Als ich mich ihr zugewandt habe, hat sie begonnen zu blinzeln.

Herr Biller nickt und erklärt mir:
"Sie müssen sich daran gewöhnen, dass ihre Lebensgefährtin geistig-seelisch ein Hund ist. Über die Verhaltensweisen von Hunden gibt es eine erschöpfende Literatur. Die von Ihnen beobachtete Geste bedeutet 'Spiel mit mir!', so wie sie anderen Hunden gegenüber, ihren Schultergürtel tiefer stellen würde, indem sie ihre Ellbogen beugt. Das würde der andere Hund ebenso als Spielaufforderung verstehen."