Samstag, 12. November 2022
Die Unterwelt des Achad Dùir Meave 38
Nach ein paar Augenblicken wendet sie sich wieder mir zu und meint lächelnd:

"Sehr schön. Besonders das Bild, auf dem sie sich auf dem Fell räkeln. Würden Sie mir bitte folgen?"

Sie schiebt das Tablet in eine Schublade, schließt sie und öffnet mir eine Tür. Wir stehen in einem Raum, in dem sich Zwinger an Zwinger reiht. Der Rest hat etwas von einer kleinen Turnhalle. Verschiedene Geräte stehen dort, deren Zweck sich mir momentan noch nicht erschließt. Die junge Frau öffnet einen leeren Zwinger und fordert mich auf:

"Gehen Sie auf alle Viere und bewegen sich auf diese Art hier hinein!"

Ich schaue sie empört an. Von irgendwoher hat sie plötzlich eine Gerte in der Hand, mit einem breiten Leder an der Spitze.

"Na los!" meint sie nachdrücklich. "Sind Sie nun eine Doggie oder sind Sie es nicht?"

Grummelnd gehe ich auf alle Viere und krabbele auf Händen und Knien in den geräumigen Zwinger hinein. Hinter mir wird die Tür wieder verschlossen und der Schlüssel abgezogen.

Im Zwinger liegt eine vielleicht zwei Quadratmeter große Matratze und eine zweiseitige Decke. Eine Seite besteht aus einem flauschigen Wolltuch und die andere Seite bildet ein Synthetik-Tuch. Außerdem steht dort eine Schüssel aus milchigem Glas und eine Trinkflasche.

Ich lege mich auf die Matratze und decke mich mit der Synthetik-Seite zu. Hier ist die Raumtemperatur hoch genug, dass man ohne Kleidung nicht friert. Lange liege ich noch wach. Ich habe 'Konfetti im Kopf': Viele Gedanken wirbeln durcheinander. Kaum einen bekomme ich zu fassen. Trotzdem beschäftigt es mich, was wohl als nächstes passieren wird und wie es wohl weitergeht. Irgendwann bin ich eingeschlafen.

Am nächsten Morgen weckt mich die junge Frau, die mich gestern Abend in den Zwinger geschoben hat. Bestimmt habe ich wegen der wirbelnden Gedanken kaum geschlafen, denn ich fühle mich immer noch müde.

"Hallo, guten Morgen, Miss Burton. Wie geht es Ihnen heute?"

Ich schaue sie mitleidheischend an und krabbele unter der Decke hervor.

"Wir sollten langsam damit beginnen, dass Sie sich wie ein Hund fühlen. Damit Sie die Rolle authentisch spielen können! Übrigens, mein Name ist Barbara. Ich bin hier die Hundetrainerin. Bei Ihnen muss ich wohl weit ausholen und zuerst einmal über Gang, Gestik und Mimik sprechen."

Während sie spricht hat sie ein anderes Schloss geöffnet. Nun schwingt eine zwei Meter hohe Tür auf, nicht bloß die niedrige Hundeklappe, durch die ich gestern Abend den Zwinger betreten habe. Sie fährt einen mittelgroßen Bildschirm zu mir herein und hat ein schwarzes Kunststoffband in der Hand. Den Bildschirm fährt sie auf Kniehöhe herab, damit ich bequem hineinschauen kann. Dann nähert sie sich mir mit dem schwarzen Kunststoffband und legt es mir um den Hals.

Nun holt sie ein kleines graues Gerät aus ihrer Hosentasche und drückt einen Knopf. Im gleichen Moment verspüre ich ein Kribbeln. Ich verziehe mein Gesicht. Das kommentiert sie sogleich lächelnd mit:

"Okay, es funktioniert."

Sie lässt das Gerät wieder in ihrer Hosentasche verschwinden und holt Fäustlinge aus Leder hervor, die sie mir nun über die Hände zieht. Dazu sagt sie:

"Jetzt werden wir erst einmal Ihre Umwandlung in einen Hund vervollständigen. Sie wissen, dass Hunde vier Pfoten haben, aber keine Hände. Zum Greifen nutzen sie ihre Zähne und zum Streicheln ihre Zungen. Das sollten Sie ab jetzt verinnerlichen!"

Jetzt zieht sie mir Socken über die Füße, deren Zehen und Fußballen mit aufgeschäumtem Kunststoff verstärkt sind. Damit trage ich zum ersten Mal in meinem Leben die Ausrüstung einer Doggie. Danach füllt sie weitere Pellets in die Glasschüssel und hält mir die Flasche zum Trinken vor den Mund.

"Frühstücken Sie erst einmal ausgiebig!" fordert sie mich nun auf.

Ich schaue auf meine Hände und werfe ihr einen fragenden Blick zu. Sie nickt und sagt:

"Hunde nehmen ihr Essen mit dem Mund auf. Daran müssen Sie sich schon gewöhnen."

Also überwinde ich mich und versenke mein Gesicht in die Glasschale. Sie hat einen großen Umfang, ist nicht sehr hoch und besteht aus dickem, schwerem Glas. Ich angele mit der Zunge die Pellets und kaue sie. Sie schmecken irgendwie nach Erdnussflips.