Samstag, 30. Juli 2022
Die Unterwelt des Achad Dùir Meave 03
So laufe ich bestimmt eine gefühlte Ewigkeit im Kreis. Da es in dem Raum keine Uhr gibt, habe ich bald mein Zeitgefühl verloren. Inzwischen spüre ich bei jedem Schritt ein unangenehmes Ziehen in meinen immer müder werdenden Oberschenkeln. Immerhin liegt es jetzt schon einige Runden zurück, dass Phyllis die Gerte zum letzten Mal benutzt hat.

Wie lange ich diesen Zustand noch beibehalten kann, weiß ich nicht, denn mit jedem weiteren Schritt werden meine Beine schwerer. Sicher, ich habe früher oft gejoggt und auch Krafttraining gemacht, aber nicht mit solchen 'Klötzen' an den Beinen! Endlich entscheidet meine Trainerin:

"In Ordnung, das reicht erst einmal. Bleib stehen!"

Ich schaue sie an. Sie lächelt zufrieden. Nur zu gerne komme ich der Aufforderung nach. Ich bringe meinen letzten Schritt noch zu Ende, um dann ruhig auf der Stelle stehen zu bleiben. Obwohl ich nicht einmal besonders schnell gegangen bin, atme ich angestrengt. Wenn ich bloß diese blöde Trense loswerden könnte! Zwar bekomme ich genug Luft, dennoch stört sie mich sehr.

Meine Trainerin führt mich zu einer Tür an der gegenüberliegenden Wand der Turnhalle. Sie öffnet mir und ich folge ihr in den Nebenraum. Dabei achte ich bei jedem Schritt darauf, meine Knie weit genug anzuheben.

Dieser Raum stellt sich als unerwartet anders dar, als ich mir vorgestellt habe. Hier bin ich in so etwas wie einen Stall gekommen. In der Mitte, dort wo wir jetzt stehen, gibt es einen breiten Gang. Der Boden ist gefliest. Auch die Wand bis in Hüfthöhe besteht aus großen Fliesen. Von dort bis zur Decke und auch sie wird von Brettern gebildet. Es scheint hier auch eine Klimaanlage zu geben, denn es ist etwas kühler hier drinnen und die Luft riecht deutlich frischer.

Rechts und links des Ganges befinden sich Pferdeboxen. Phyllis öffnet ein Boxen-Tor aus Metallrohren und führt mich hinein. Auf der Seite gibt es in Brusthöhe ein Wasserbecken, in das ständig Wasser hinein- und auf der anderen Seite wieder herausfließt. Gegenüber gibt es auf dem Boden eine Umrandung aus breiten Holzbohlen, in die eine Matratze eingepasst worden ist. Im Hintergrund erkenne ich eine Kunststoff-Wanne mit einer Granulat-Füllung.

"Hier kannst du dich ein wenig ausruhen, bis ich dich wieder abhole," erklärt Phyllis mir.

Sie schaut mich noch einmal kurz an und verschließt dann das Gittertor der Box. Anschließend verlässt sie den Raum. Stille umfängt mich. Bis auf meinen eigenen Atem und das fließende Wasser ist nichts zu hören. Die vergangene Trainingseinheit hat mich durstig gemacht. Aber wie soll ich meinen Durst stillen?

Ich gehe zum Becken und schaue hinein. Spontan tauche ich meinen Kopf in das Wasser. Es ist wunderbar kühl! Also beginne ich zu saugen und spüre, dass das Wasser an der Trense vorbei in den Mund läuft. Den Kopf aus dem Nass hebend, schlucke ich das Wasser hinunter. Das wiederhole ich mehrmals bis ich keinen Durst mehr spüre. Immer wenn ich den Kopf aus dem Wasser hebe läuft mir ein kleiner Rest über meine Brust den Körper hinunter. Das ist fast so wie eine angenehme Dusche, deshalb nehme ich noch einen Mund voll Wasser und schüttele den Kopf, während ich ihn mit offenem Mund gebeugt halte.

Plötzlich spüre ich meine Blase. Ich schaue mich zu der Wanne mit dem Granulat um. Einen Moment verharre ich. Dann zucke ich mit den Schultern und nähere mich ihr. Innerlich seufzend stelle ich mich breitbeinig über die Wanne und gebe dem Druck nach. Ich warte in der Stellung, bis die Blase leer ist.

Danach nähere ich mich der Matratze und schaue sie skeptisch an. Nachdem ich verschiedene gedankliche Szenarien durchgespielt habe, entscheide ich mich dafür, mit dem Rücken zur Schlafstatt in die Hocke zu gehen, um mich anschließend nach hinten fallen zu lassen.

Als ich mit dem Oberkörper auf der Matratze lande, habe ich das Gefühl, in einer Art Bällebad zu landen. Die Matratze gibt nach und formt sich anschmiegsam um meinen Oberkörper. Ich drehe mich und rutsche höher, bis ich optimal auf der Seite zu liegen komme. Eine Schulter ist tief eingetaucht und das Material der Matratze stützt meine Wange. In der Folge döse ich langsam ein.

Das Quietschen des Boxen-Tores weckt mich irgendwann wieder auf. Phyllis steht neben mir, als ich die Augen öffne.

"Na, du scheinst dich ja schon gut eingelebt zu haben," bemerkt sie lächelnd und fordert mich auf: "Steh auf, deine nächste Übungseinheit wartet!"

Nach ein paar Versuchen habe ich es soweit geschafft, dass ich die Füße neben der Matratze habe und hinausrutsche. Als ich mit dem Hintern auf die hölzerne Umrandung komme, versuche ich mich mit Schwung hinzusetzen. Beim zweiten Mal sitze ich und versuche nun, mit Schwung aus der Hocke in die Senkrechte zu kommen.

Phyllis hat meinen Bemühungen tatenlos zugeschaut. Jetzt hilft sie mir aber doch, aufzustehen. Sie ist beeindruckt und äußert das auch sogleich:

"Wunderbar hast du das gemacht! Mit noch ein wenig Übung kannst du bald ohne Hilfe aufstehen!"

Jetzt führt sie mich wieder in den Trainingsraum zurück und befestigt eine lange Leine am seitlichen Ring der Trense. Zuerst soll ich wieder im Kreis um sie herumgehen, anfangs in gemütlichem Tempo, dann schneller. Später zeigt sie mir die Schrittfolge des Trabens. Auch hier beginnt sie relativ langsam. Dann meint sie endlich:

"So, das reicht für heute! Bleib stehen!"

*

Am Abend des ersten Tages nach den beiden Trainingseinheiten bin ich schweißüberströmt. Es fühlt sich fast so an, als hätte ich bisher noch nie Sport gemacht. Natürlich habe ich auch beim Traben meine Beine weit anheben müssen und sie hat mich ab und zu mit der Reitgerte daran erinnert. Da ich mich schneller bewege, platziert Phyllis die Schläge nun nicht mehr auf meinen Oberschenkeln, sondern auf meinem Hintern. Auch spüre ich die Hiebe stärker, wenn ich mehrere Fehler in einem bestimmten Zeitraum mache und zu langsam werde.

Als sie mich endlich stoppt, bin ich völlig außer Atem. Meine Beinmuskulatur schmerzt, ich bin völlig fertig. In diesem Augenblick wünsche ich mir zum ersten Mal, wieder in meiner Box zu sein.

"Sehr gut, deine Leistungen sind in Ordnung," lobt sie mich. "Man merkt, dass du Sport treibst!"

Sie führt mich aus dem Raum und ich trotte ihr erschöpft hinterher. Mein Atem hat sich beruhigt, aber ich merke jeden weiteren Schritt in meinen müden Beinen.

Wir erreichen meine Box. Phyllis lässt mich an sich vorbei eintreten und löst dabei die Longierleine und die Trense. Jetzt reibt sie mich mit einem Strandlaken trocken.

Sie schließt das Boxen-Tor und entfernt sich. Kurz darauf kommt sie mit einem kleinen Trog zurück, den sie auf die Metallrohre des Boxen-Tores einhängt. Ich schaue hinein und finde eine kleine Menge Pellets darin, die mich irgendwie an Erdnussflips erinnern, vermischt mit viel gestifteltem Grünzeug. Zwischendurch gehe ich immer wieder zum Wasserbecken, um dort Wasser zu schlürfen.

Wohlweislich führen mich meine Schritte nach der Mahlzeit zuerst zur Wanne. Dort erleichtere ich mich noch einmal, bevor ich mich langsam und vorsichtig auf meinem Schlafplatz niederlasse. Nicht lange darauf bin ich in einen unruhigen Schlaf gefallen.

Die nächsten Tage verlaufen alle ähnlich. Ich werde geweckt und sie hängt neues Futter hin. In der ersten Trainingseinheit am Morgen wiederholt Phyllis was sie mir am Vortag beigebracht hat und nach der Mittagsruhe erweitert sie mein Training mit neuen Übungen. Abends werde ich kurz geduscht und trocken gerubbelt und wieder in meine Box gebracht, wo ich immer wieder ermattet auf meiner Schlafstatt in einen tiefen Schlaf falle.