Mittwoch, 27. Juli 2022
Die Unterwelt des Achad Dùir Meave 02
Dr. McMartin erklärt, dass das Rollenspiel Teil einer wissenschaftlichen Studie ist, die Mister Meave finanziert. Sie wird von Medizinern und Psychologen betreut. An ihr nehmen die unterschiedlichsten Menschen teil. Meine Reaktionen als Hochleistungssportlerin in meiner Rolle hält er für hochinteressant.

"Wie soll ich mir meine Rolle in der Studie denn vorstellen?" frage ich ihn.

"Sie haben sicher schonmal gehört, dass in jedem Menschen ein Tier schlummert? Oder anders ausgedrückt: Trotz unserer rationalen Gedankenwelt, kommen in gewissen Situationen immer wieder emotionale Verhaltensweisen zum Tragen. Man sagt dann, das innere Tier drängt nach draußen.
Ihr inneres Tier wurde als Sportpony identifiziert. Ihre bevorzugte Sportart ist der Springwettbewerb. Darin erhalten Sie Training und nehmen an Wettbewerben teil. Das macht Ihnen sicher Spaß?"

"Das stimmt!" entgegne ich lächelnd.

Ich fühle mich wohl hier. Dennoch will ich wissen:
"Wie finde ich denn in die Rolle hinein?"

"Da gibt es mehreres," erklärt er mir. "Zum einen eine spezielle Sportkleidung, einen Aufenthaltsraum, in dem sich ihr inneres Tier wohlfühlt, und ihr gewohntes Training. Ich versetze Sie in einen Trance-Zustand, damit Sie sich in Ihrer Rolle zurechtfinden."

"Und das wird ständig wissenschaftlich überwacht?" frage ich interessiert.

Er nickt beruhigend und antwortet:
"In mehreren Schichten rund um die Uhr! Es ist allerdings so organisiert, dass Sie sich davon kaum gestört fühlen, denn Sie sollen sich auf ihre Rolle konzentrieren können."

"Okay," meine ich und schaue Dr. McMartin an.

Er versetzt mich nun in einen tranceähnlichen Zustand. Ich bin ab jetzt ein Pony, das auf sportliche Höchstleistungen trainiert ist und schon einige Wettkämpfe gewonnen hat. Er gibt mir den Rollennamen 'Reign' -herrschen-. Ich empfinde den Namen als gerechtfertigt, ob meiner Weltrekorde im Hürdenlauf.

Anschließend übergibt er mich an die Sprechstundenhilfe, die mich in eine andere Etage bringt. Dort klingelt sie an einer Tür, die eine junge Frau öffnet, in einem leichten Trainingsanzug mit Baseballkappe auf ihren Haaren. Die Sprechstundenhilfe von Dr. McMartin stellt uns einander vor:

"Hallo Phyllis, dies hier ist 'Reign', deine neue Trainee für die Rolle eines Ponys. 'Reign', dies ist Phyllis, deine Trainerin für die nächsten Tage."

Sie übergibt ihr eine kleine Mappe und verabschiedet sich. Nachdem ich mit der jungen Frau alleine bin, öffnet sie die Mappe und entnimmt ihr die SD-Card, die der Doktor in seiner Praxis hineingeschoben hat. Sie schiebt die Speicherkarte in ihr Tablet und liest die Daten, die der Doktor während der Untersuchung über mich zusammengetragen hat. Währenddessen werde ich leicht nervös. Bald schaut die Frau auf, lächelt mich an und meint:

"Hallo, 'Reign'. Du bist also Weltmeisterin im Hürdenlauf. Dann bist du sicher wunderbar im Training! Die Rolle eines Ponys bringt einige Handicaps mit sich, die du aber sicher schnell überwunden haben wirst. Ich werde dich in den nächsten Tagen mit deiner Rolle vertraut machen, aber zuerst werden wir die Verwandlung in ein Pony komplettieren!"

Sie wendet sich um und geht auf eine andere Tür aus dem Raum zu. Neugierig folge ich ihr. Kurz darauf stehe ich in einer Art Rüstkammer. In Regalen und an Haken sehe ich Stiefel, die in Hufen enden und jede Menge unterschiedlicher Lederriemen, an denen metallene Ringe befestigt sind.

Eine halbe Stunde später stecken meine Füße in langen braunen Stiefeln. Sie reichen mir bis zu den Oberschenkeln. Das weiche Leder schmiegt sich wunderbar an meine Haut. Das Fußteil der Stiefel ist so gearbeitet, dass ich darin auf meinen Zehenballen laufen muss. Sie laufen in Hufen aus und haben innen ein Fußbett, dass meine Fußsohle in einer Stellung stützt, als hätte ich Stilettos an.

Allerdings fehlen die Absätze, so dass ich gezwungen bin, auf den Zehenballen zu laufen. Gelkissen unterstützen mich innen. Sie sind weich und anschmiegsam.

Meine Arme hat sie in eine lederne Manschette gelegt, die sie auf dem Rücken fixieren und von meinen Händen bis zu meinen Oberarmen verschnüren. Die Manschette wird von einem Halsband über einen Rückengurt gehalten.

Am Zaumzeug stört mich die Trense aus hartem Gummi. Sie hält meinen Mund offen und wird von zwei Metallringen rechts und links mittels Lederriemen am restlichen Zaumzeug gehalten.

Schon bald stelle ich fest, dass mir wegen der Trense ständig Speichel aus dem Mund läuft. Das Ganze vermittelt mir ein ungewohntes Gefühl. Nun beginnt sie mich mit Kamm und Schere zu frisieren. Zum Schluss arbeitet sie mir ein Gel in die Haare, das sie zu einem Irokesenschnitt aufstellt. Sie führt mich langsam zu einem raumhohen Spiegel und präsentiert mir ihr Werk. Ich sehe nun tatsächlich aus wie eine richtige Stute.

Nun hakt sie einen Finger in den seitlichen Ring an der Trense und fordert mich auf:

"Komm mit, Reign!"

Sie zieht mich in einen weiteren Raum. Ganz langsam setze ich einen Schritt vor den anderen. Ich habe in den 'Hufschuhen', wie sie die Stiefel nennt, Mühe mein Gleichgewicht zu halten. Wenigstens sorgt die weiche Polsterung dafür, dass mich meine Füße nicht schmerzen.

Der Raum, in den ich nun geführt werde, erinnert mich an eine kleine Turnhalle. Phyllis schließt die Tür hinter uns und erklärt mir:

"Zuerst bringe ich dir das Gehen in den Hufschuhen bei. Wir fangen mit einem langsamen Schritt an. Dazu werde ich mich in die Mitte stellen und du gehst langsam um mich herum!"

Phyllis macht einige Schritte in den Raum und dreht sich dann nach mir um. Nun setze ich mich auch langsam in Bewegung. Sachte stelle ich einen Fuß vor den anderen und gehe auf sie zu. Bevor ich sie erreiche macht sie einen Schritt zur Seite und dreht sich zu mir. Also gehe ich in einem weiten Kreis um meine Trainerin herum. Immer wenn die Hufe den Boden berühren, gibt es ein klackendes Geräusch.

"Du musst deine Oberschenkel weiter nach oben ziehen!" erklärt Phyllis.

Unwillkürlich nicke ich. Es strengt wohl an, aber ich gebe mir Mühe die Knie an- und damit die Hufe deutlich vom Boden abzuheben. Ich drehe unter den Augen der Trainerin noch eine Runde, aber Phyllis ist immer noch nicht zufrieden.

"Das reicht noch nicht," meint sie und nähert sich mir.

"Deine Oberschenkel müssen für einen kurzen Moment horizontal sein!" fordert sie und drückt mein Bein weiter hoch.

Ich gebe mir Mühe, den Anforderungen der Trainerin zu entsprechen. Mit der Zeit fühlen sich die Hufschuhe allerdings an, wie Klötze am Bein. Sie sorgen dafür, dass es mir nicht besonders leichtfällt, für ein Pony elegant zu gehen. Außerdem bin ich immer noch ein bisschen unsicher auf den Beinen, obwohl ich finde, dass es schon bedeutend besser ist, das Gleichgewicht zu halten.

In Phyllis Augen scheinen meine Fortschritte immer noch nicht ausreichend, denn sie greift nach einigen weiteren Runden zu härteren Mitteln. Sie nimmt eine Reitgerte von einem Haken an der Wand und läuft nun neben mir her. Immer, wenn ich das Bein nicht weit genug anhebe, spüre ich einen leichten Schlag mit der Reitgerte von unten gegen meinen gerade schwebenden Oberschenkel.

Die Schläge sind nicht schmerzhaft ausgeführt, reichen aber aus, dass ich deutlich mehr darauf achte, meine Beine richtig nach oben zu ziehen. In meinem ganzen Leben bin ich noch nie geschlagen worden, schon gar nicht mit einer Gerte oder etwas Vergleichbarem. Ich versuche also ihren strengen Anforderungen zu genügen.