Die Unterwelt des Achad Dùir Meave 50
"Schau," sagt er nun. "Hier hast du einen Platz, an dem du dich zurückziehen kannst und ruhig schlafen, wenn du müde bist. Nebenan im Livingroom hast du die Ruhe nicht. Hier gibt es auch eine Sichtbarriere, die dich des Nachts von mir trennt. Du brauchst dich also nicht vor mir fürchten!"
Naja, ein eigenes Zimmer wäre mir schon lieber, aber Mister Blake hat schon recht, wenn auch er meine Ecke als Tabu betrachtet.
"Ich habe mir sagen lassen, dass du so etwas wie einen Anrufcode brauchst, ein Wort, wenn ich das in deiner Gegenwart ausspreche, weißt du, dass du gemeint bist. In den letzten Tagen habe ich hin und her überlegt. Ein- oder höchstens zweisilbig sollte es sein... Ich habe mich dann für Joy entschieden! Das probieren wir einmal," redet er weiter.
Gespannt warte ich, was nun passiert. Macht er es genauso, wie ich es von Barbara kenne?
Wieder hat er eine Süßigkeit in der Hand. Er hält sie mir aus zwei Meter Entfernung vom Fußende seines Bettes entgegen. Dann verdeckt er die Süßigkeit und sagt "Joy". Ich schaue ihn an. Darüber freut er sich. Er nähert sich mir, schiebt mir die Süßigkeit in den Mund, streicht mir über das Haar und sagt dazu:
"Hey Joy, du reagierst wunderbar. Mal sehen, ob das auch ohne Süßigkeit funktioniert, denn auf die Dauer sind sie nicht gut für deine Zähne."
Nun hockt er sich wieder in Position und sagt:
"Joy! Zu mir!"
Ich schleiche nun langsam in seine Richtung, während ich seinem Bett größere Aufmerksamkeit widme, als ihm. Er wartet eine ganze Weile, bis er drängender "ZU MIR!" sagt und ergänzt: "Ich sehe doch, dass du das Kommando kennst, Joy."
Dann habe ich ihn erreicht. Er lobt und streichelt mich. Keinesfalls ist er verärgert über mein Zögern, sondern er scheint zu wissen, dass ich damit ausdrücken will, dass ich noch Vertrauen zu ihm fassen muss, wie Barbara es mir beigebracht hat.
Nun erhebt er sich und erklärt, während er hinüber in den Livingroom geht:
"Ich muss noch etwas arbeiten, Joy. Du kannst dich währenddessen gerne in meiner Wohnung umschauen. Aber sei vorsichtig."
Er öffnet noch zwei Zimmertüren und kurz darauf ist er durch die Tür zum Livingroom verschwunden. Neugierig schleiche ich zu der anderen Tür, die vom Sleepingroom wegführt und beuge mich vor, um in das Zimmer zu schauen.
An der Zimmerdecke brennt ein Licht. An zwei Wänden finde ich Regale und Stangen mit Kleidungsstücken. An einer Wand befindet sich ein wandhoher Spiegel, in dem ich mich kurz mustere. Gegenüber der Tür in diesen Raum führt eine andere Tür aus diesem Ankleidezimmer heraus.
Unternehmungslustig geworden, stecke ich meinen Kopf in dieses Zimmer und sehe, dass es ein geräumiges Bad ist. Unter dem Waschbecken befindet sich eine Kunststoffwanne von vielleicht 60cm Kantenlänge. Darin befindet sich ein weißes Granulat. Soll das meine Toilette sein, solange ich mich in dieser Rolle befinde? Dann muss Mister Blake sehr auf meine Hygiene achten!
Das Bad hat kleine Lampen über dem Waschbecken und ein Fenster. Mehr kann ich im Moment nicht erkennen, also laufe ich wieder ins Schlafzimmer zurück und gehe durch die Tür in den Livingroom. Ich sehe Mister Blake am Schreibtisch sitzen. Zwei Monitore sind eingeschaltet. Auf einem erkenne ich jede Menge Zahlen und Buchstaben in vielen Zeilen untereinander. Der andere Bildschirm zeigt auf graublauem Grund schemenhaft ein Gesicht. Aus einem Lautsprecher kommt eine Stimme. Es könnte die Stimme einer alten weisen Frau sein.
hrpeter am 17. Dezember 22
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