Wilderness Trail -07
Die Zahl der Wölfe macht mir Angst. So etwas habe ich auf meinen bisherigen Trails noch nie erlebt. Allerdings ist dies auch mein erster Trail in freier Wildbahn. Je länger ich mich in der Nähe des Rudels befinde, desto mehr verfliegt meine Furcht. Ich gehe ganz langsam auf Tuchfühlung zu den Raubtieren.
Als es Abend wird, rolle ich zwischen den Wölfen meinen Schlafsack aus und krieche hinein. Mit den Strahlen der aufgehenden Sonne erwache ich. Ich beschließe, dass es an der Zeit ist, das Wolfsrudel zu verlassen. Ich bin schließlich ein Mensch und gehöre hier nicht hin. Also packe ich unter den Augen der Wölfe meine Sachen zusammen.
Schließlich orientiere ich mich anhand der App, nachdem ich diesen Platz gespeichert habe, und entferne mich von meinen Freunden. Das Rudel folgt mir dabei mit ihren Blicken. Einer der Wölfe und vier Welpen erheben sich ebenfalls und folgen mir ein paar Schritte, als wollten sie sich von mir verabschieden. Sie bleiben zurück und ich habe drei Tage später mein Hostel wieder erreicht. Auf dem Rückweg konnte ich mir mit meinem Gaskocher endlich wieder warme Mahlzeiten und Kaffee nach dem Aufwachen zubereiten. In Gegenwart der Wölfe habe ich mich das nicht getraut.
Statt mir nun anzuschauen, was Houston touristisch zu bieten hat, kaufe ich mir ein Schreibheft mit Karton-Einband. Zwischen den Mahlzeiten setze ich mich in mein Zimmer und schreibe meine Eindrücke von meinem Alaskan Wilderness Trail auf.
Dann ist die Zeit gekommen, dass ich wieder in die Heimat zurückfliegen muss. Ich fahre also mit dem Bus nach Anchorage zurück und checke in mein Flugzeug ein. Eine melancholische Stimmung will mich lange nicht einschlafen lassen. Dadurch bekomme ich dieses Mal mit, wie wir Grönland überfliegen.
'Dieser riesige Eisschild darf nicht schmelzen!' formt sich in meinen Gedanken.
In Frankfurt komme ich daher völlig übernächtigt mit roten Rändern um die Augen an. Ich fahre mit der Bahn zu meinem Heimatort. Beinahe hätte ich verpasst auszusteigen. Als ich endlich zuhause bin, falle ich ins Bett und bin sofort eingeschlafen.
Da Deutschland in einer späteren Zeitzone liegt, hat der Flug von 15 Stunden eine Zeitverschiebung von 25 Stunden zur Folge. Ich bin um 11 Uhr gestartet und lande in Frankfurt zur Ortszeit von 12 Uhr am darauffolgenden Tag. Nun brauche ich erst einmal Erholung.
Nachdem ich meine Arbeit im Backoffice meines Arbeitgebers wieder aufgenommen habe, geistert 'Mein Wolfsrudel' weiterhin in meinen Gedanken. Wenn Leerlauf ist fühle ich mich entrückt und sehe mich an dem See in Alaska zwischen den Wölfen liegen und mit den Welpen spielen.
hrpeter am 13. Mai 23
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