Wilderness Trail -10
Ich laufe unter die Bäume zurück. Aber der Bär kommt immer näher. Die Äste eines Baumes beginnen ziemlich tief. In höchster Not fasse ich zu und schwinge mich hoch, um danach noch höher zu klettern. Während dieser Aktion verliere ich mein Gewehr. Es landet auf dem Waldboden am Fuß des Stammes.
Der Bär hat den Baum erreicht, auf dem ich sitze. Er richtet sich am Stamm auf und wittert nach oben. Ich weiß nicht, was ich nun tun soll.
'Hoffentlich klettert er mir nicht hinterher,' denke ich verängstigt.
Warten, bis er sich trollt, möchte ich auch nicht. Meine Panik lässt es nicht zu, dass ich geduldig warte. Aber was soll ich sonst tun? Mein Gewehr habe ich beim Aufstieg verloren...
Einer Eingebung folgend, klammere ich mich am Stamm fest und halte meine Hände an meine Mundwinkel. Ich heule wie ein Wolf. Dieses Mal vibriert meine Stimme allerdings aus Angst sehr stark. Ich klinge verzweifelt und weiß nicht, ob 'meine Wölfe' in der Nähe sind, wo doch der Bär gerade das Terrain besetzt.
Den Bären beeindruckt mein Ruf nicht. Sicher hat er aus meiner Stimme auch meine Gemütsverfassung herausgelesen und fühlt sich mir nun überlegen. Plötzlich richtet sich seine Aufmerksamkeit jedoch nicht mehr nach oben, wo ich sitze, sondern in Richtung der nahen Büsche des Unterholzes.
Denn aus diesen Büschen ist jetzt ein gefährliches Knurren zu hören. Der Bär, der sich aufgerichtet hat und bisher mit den vorderen Tatzen den Baum umfasst hält, lässt sich nun neben dem Baum auf alle Viere herab. Er schaut über seine Schultern in die Richtung, aus der das Knurren erschallt.
Vier aggressive Wölfe nähern sich dem Bären, knurren ihn an und fletschen ihre Zähne. Die Drohung wirkt. Der Bär ergreift die Flucht. Nun habe ich ein anderes Problem. Der Bär ist zwar weg, dafür befinden sich unter dem Baum jetzt vier aggressive Wölfe. Wer sagt mir, dass die Wölfe zu 'meinem Rudel gehören' und dass sie mir gegenüber genauso freundlich gesinnt sind, wie bei meinem letzten Besuch hier?
Zu meiner Überraschung ziehen sich drei der Wölfe zurück. Nur einer bleibt unter dem Baum sitzen und schaut zu mir hoch. Er schaut mich lange und intensiv von unten herauf an. Sicher zieht er auch die Luft durch die Nase und wittert meinen Geruch.
Ich fasse mir ein Herz und klettere nun vorsichtig vom Baum herunter. Vom untersten Ast zum Waldboden muss ich springen. Während ich auf dem Boden aufkomme, gehe ich automatisch in die Hocke. Der Wolf hat etwa einen Meter Abstand genommen. Leider habe ich kein Fleisch in meinem Gepäck. Ich bleibe hocken und strecke ihm meine Hand entgegen.
Er macht schnuppernd einen Schritt auf mich zu. Ich lächele und rede beruhigend auf ihn ein. Er erscheint mir noch nicht ausgewachsen zu sein, eher wie ein Jährling. Sollte es einer der vier Welpen sein, die ich beim letzten Besuch ihrer Mutter zugeführt habe?
hrpeter am 22. Mai 23
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