Die Unterwelt des Achad Dùir Meave 29
Auf diese Weise Wasser zu lassen fällt mir allerdings zunehmend leichter. Als ich den Bereich des Stalles verlassen kann, kehre ich unschlüssig zu meiner Schlafstatt zurück. Ich entscheide mich dann aber dagegen, mich noch einmal hinzulegen. Das hätte nur dafür gesorgt, dass ich wieder eingedöst wäre.

Wenige Minuten später ertönt der Gong. Ist es vorher noch einigermaßen ruhig gewesen, kommt jetzt Leben in den Stall. Alle Cows kommen auf die Beine und setzen sich in Bewegung. Zum Teil gehen sie direkt zu den Futterplätzen, teilweise aber auch zuerst zu der Stelle mit den Lochsteinen im Boden.

Ich bin eine der Ersten an den Futterplätzen und stelle mich in Position, beuge meinen Oberkörper vor, so dass meine Brüste frei über der großzügigen Aussparung hängen. Irgendwie habe ich das Gefühl, dass sie heute schwerer und wärmer sind, auch spüre ich ein leichtes Spannen, das am Vortag noch nicht so deutlich gewesen ist. Ich ahne, dass es nicht mehr lange dauern wird, bis die Laktation auch bei mir zu vermehrtem Milchfluss führt. Mein Leben hat sich irgendwie stark verändert, gegenüber früher.

Damals hätte mich solch eine Veränderung sehr beunruhigt, aber seit der Mediziner im Büro der Verwaltung mit mir gesprochen hat, habe ich jede Furcht verloren. Stattdessen hat sich in mir eine Neugier auf die Zukunft breitgemacht. Die Vergangenheit ist für mich unwichtig geworden. Ich fühle mich wohl in meiner Rolle und dass ich nichts mehr entscheiden und verantworten muss.

Meine Gedanken sind stattdessen auf die bevorstehende Fütterung gerichtet. Ich warte ab, bis der rote Lichtstrahl aufleuchtet, meine Ohrmarke scannt und mit einem leisen Piepen auf den Barcode reagiert. Kaum, dass ich erkannt worden bin, füllt sich die Futterrinne vor mir mit einer Mischung aus Pellets und einigen wenigen getrockneten Früchten.

Ich beginne mit meinem Frühstück, währenddessen wieder zwei der Melkzylinder an meine Brustwarzen gehalten werden und sich dort festsaugen. Nach einer Weile fallen die Melkzylinder ab und jemand streicht mir Melkfett auf Brustwarzen und Hof. Nachdem ich meinen Hunger gestillt habe, ziehe ich den Kopf zurück und der Bügel in meinem Rücken hebt sich in die Ausgangsposition. Nun kann ich aufstehen und gehe zum Wassertrog, um meinen Durst zu stillen. Anschließend kehre ich zu meiner Schlafstatt zurück.

Seit ich mich im Stall aufhalte, werden wir dreimal täglich zu den Futterplätzen gerufen, sonst ist praktisch überhaupt nichts passiert. Im Prinzip ist mir das ganz recht, denn dadurch habe ich Zeit, mich an meine neue Umgebung zu gewöhnen.

*

Etwa eine Woche lebe ich nun im Cow-Stable der Verwaltung. In den vergangenen Tagen sind täglich Kühe abgeholt worden, aber auch welche hinzugekommen. Jeden Morgen, wenn wir das erste Mal am Tag an der Melkmaschine stehen und frühstücken, wird der Stall gesäubert.

Eines Tages werde auch ich in aller Frühe von einem Mitarbeiter geweckt. Schlaftrunken habe ich Mühe beim Aufstehen, aber er hilft mir hoch. Anschließend klinkt er eine kurze Leine in mein Halsband und eröffnet mir:

"Komm mit, Dina. Dein neuer Owner möchte dir dein neues Heim und deine neue Herde zeigen."

Er lächelt mich freundlich an und ruckt kurz an der Leine. Ich setze mich also in Bewegung und folge dem Mann. Er führt mich die kurze Treppe hinauf und durch die Tür, durch die ich den Kuhstall vor etwa einer Woche betreten habe. Oben wendet er sich aber in die andere Richtung.

Wir gehen an der hüfthohen Mauer vorbei, hinter der ich in den letzten Tagen gelebt habe und durch eine Tür, die der Tür gegenüberliegt, durch die ich in diesen Bereich gekommen bin.

Nun gehen wir langsam eine kurze Rampe hinauf und stehen bald wieder vor einer Tür. Mein Führer öffnet sie. Ich erkenne, dass wir damit den Block der Verwaltung verlassen. Wir treten auf eine Plattform hinaus, an der eine Transportrikscha steht. Ihre Rampe ist heruntergelassen und liegt auf der Plattform auf.

Mein Führer lässt sich von dem dort wartenden Mann Papiere zeigen, nickt und übergibt ihm meine Leine. Anschließend geht er wieder in das Gebäude zurück und schließt die Tür an der Plattform. Der Mann, der jetzt meine Leine in der Hand hält, zeigt mir ein gewinnendes Lächeln und sagt:

"Hallo Dina, schön, dich zu sehen. Wir fahren zu meinem Milchhof. Ich habe nicht viele Cows, weil ich der Meinung bin, dass die Qualität der Milch größer ist, je mehr man sich um die einzelne Cow kümmern kann. Eben das geht nur mit einem kleinen, überschaubaren Hof."

Er macht eine Atempause und meint dann:
"Also los! Dann wollen wir mal!"

Er führt mich in eine der beiden Boxen, verschließt sie und hebt anschließend die Rampe der Rikscha hoch, um sie zu sichern. Eine halbe Minute später zieht der Bulle an, den ich vor der Rikscha gesehen habe, und die Fahrt geht los.

Ich lausche den rhythmischen Schlägen der Klauenschuhe auf dem Untergrund und frage mich, was ein Bulle auf einem Milchhof wohl für eine Rolle spielt. Er macht den Hofbesitzer zwar mobil, aber das kann doch nicht alles sein, oder? Das wäre mir sicherlich zu langweilig. Die meiste Zeit würde ich im Stall herumstehen?