Die Unterwelt des Achad Dùir Meave 08
Nach wenigen Minuten ergreift der Wettkampfleiter über ein drahtloses Mikrofon das Wort. Sofort verstummen die Gespräche.
"Meine Damen und Herren, herzlich willkommen zur Siegerehrung!"
In einer kurzen Pause applaudiert das Publikum.
"Alle Ponys haben tolle Leistungen gezeigt und ihr Können bewiesen!" lobt er uns. Wieder klatschen die Zuschauer.
"Kommen wir nun also zur Siegerehrung!" verkündet er. "Der dritte Platz geht mit 79 Punkten an 'Merci' aus dem Gestüt Smit!"
Das Publikum klatscht. Ein Trainer führt sein Pony aus der Menge vor uns auf ihren Treppchenplatz.
"... mit 81 Punkten an 'Reign' aus dem Gestüt Wagner!"
Das Publikum spendet lauten Beifall. Ein kurzer Ruck an der Führleine zeigt mir, dass soeben von mir geredet worden ist. Ich lasse mich von meinem Owner nach vorne führen. Es ist mein erster Wettkampf, den ich in der Rolle eines Sportponys bestritten habe. Ich bin glücklich, gleich den zweiten Platz erkämpft zu haben. Freude und Stolz machen sich in mir breit.
Der Wettkampfleiter gratuliert Mister Wagner und lobt meine Leistung. Ich erhalte die graue Turnierschleife und mein Trainer führt mich zum Treppchen. Währenddessen verkündet der Wettkampfleiter noch den ersten Platz und lässt ein weiteres Pony mit ihrem Trainer nach vorne kommen. Auch sie lächelt erschöpft und glücklich.
Anschließend kommen die Fotografen und lichten uns ab. Danach verlassen wir das Treppchen und gehen langsam zu meiner Box zurück. Mister Wagner organisiert eine Lastenrikscha für die Rückfahrt in sein Gestüt.
Dort führt er mich in meine Box. Meine beiden Stallgenossinnen stehen da und schauen uns entgegen. Mein Owner befestigt die Turnierschleife an der Rückwand meiner Box und verspricht mir, sich um weitere Turnierschleifen für meine Siege im Hürdenlauf zu kümmern. Er hat mir ja vor dem Wettkampf versprochen, sie daneben aufzuhängen, wenn ich gewinne.
An diesem Abend, zurück in meiner heimatlichen Box, kann ich zuerst noch nicht einschlafen. Ich bin vor lauter Glück viel zu aufgedreht und hätte am liebsten noch einige Zeit mit den anderen Stallgenossinnen auf der Koppel gespielt. Nur langsam komme ich runter und liege noch eine Weile dösend im Stroh bevor ich in das Land der Träume abdrifte.
--Ein Dressurpony in der Unterwelt--
Ich heiße Mariah Milla Black. Ich modele für einen Schmuckdesigner neben meinem Studium der Social Pedagogy an der SUNY, der State University New York. Ich stamme mütterlicherseits von russischen Einwanderern ab, daher haben meine Eltern als zweiten Vornamen für mich den Namen 'Milla' gewählt. Es ist der Rufname meiner Ururgroßmutter Ludmilla. Momentan bin ich 27 Jahre alt und bin 51 Kilogramm schwer bei 168 Zentimetern Körpergröße.
Eines Tages habe ich auf Twitter den Aufruf eines Multimilliardärs gelesen. Dieser Mann sucht für ein Experiment Models beiderlei Geschlechts. Dazu hat er einen Link veröffentlicht, der mich neugierig zu einer sehr interessanten Internet-Seite führt.
Dort beschreibt der Mann eine unterirdische Stadt in einem riesigen Tunnelsystem und zeigt Bilder davon. Er fragt nach Models, die sich vorstellen können, gegen Geld für einige Wochen ein Haustier zu imitieren. Dabei soll es sich um sogenanntes asexuelles Petplay handeln. Er lobt eine Summe von 2,5 Millionen US-Dollar aus, für jeden, der auf den Deal eingeht und etwa ein halbes Jahr Zeit hat. Ein paar kurze Movies auf der Seite veranschaulichen, was ihm vorschwebt.
Genau diese Movies sprechen mich an. Wenn ich ehrlich bin, kann ich als Studentin 2,5 Millionen Dollar auch ganz gut gebrauchen. Die Studiengebühren fressen pro Jahr 50.000 Dollar auf, die meine Eltern mir überweisen. Also schreibe ich eine Bewerbungs-Email an das Büro des Achad Dúir Meave und hänge eine Kopie meiner Set-Card an.
Bedingt durch mein Studium habe ich bald die Mail vergessen.
*
Heute habe ich vorlesungsfrei, was nicht heißt, dass ich mich nicht mit meinen Fachbüchern beschäftigen muss. Ich lebe auf dem SUNI-Campus in einem winzigen Appartement. Nach meinem Frühstück Heute morgen rufe mein Mailprogramm auf und sehe, dass drei Mails über Nacht eingetroffen sind. Eine ist von meinen Eltern, die mir sicher zu meinem Geburtstag gratulieren wollen. Die andere Mail stammt von meinem Booker. Ich bin gespannt, welchen Auftrag er diesmal für mich an Land gezogen hat. Ich muss prüfen, ob die Fototermine nicht mit wichtigen Terminen in der Uni kollidieren. Bevor ich mich aber darum kümmere, öffne ich die dritte Mail.
Als Absender ist das Büro des Multimilliardärs genannt. Gespannt öffne ich sie und lese, dass ich ausgewählt worden bin. Ich platze fast vor Glück. Einen solchen Auftrag würde mir mein Booker kaum präsentieren können. Ich lese mir interessiert durch, was ich alles einpacken soll und beachten muss, wenn ich immer noch interessiert wäre.
Vor meinem inneren Auge fülle ich schon einmal eine Checkliste aus. Ich muss auch ein Urlaubssemester bei der Uni-Verwaltung beantragen. Oder besser zwei? Dann muss ich meinem Booker für die nächsten Monate absagen und auch meine Eltern benachrichtigen, dass ich für mehrere Monate ins Ausland gehe.
Am Vorabend des Abreisetages packe ich meine Kosmetika, Hygieneartikel und Kleidungsstücke in einen Backpack. Auf diese Menge ist mein Gepäck begrenzt. Am nächsten Tag fahre ich mit der Metropolitan zum John F. Kennedy International Airport und nehme das Flugzeug, das mich nach Huntsville bringt. Dort werden wir von einem Mitarbeiter Mister Meaves begrüßt. Ich stelle fest, dass wir eine achtköpfige Reisegruppe bilden.
hrpeter am 14. August 22
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