Sarah, die Youtuberin (2)
Drei Stunden später ist ihre Antwort in meinem Postfach. Ich öffne sie und lese:
„Vielen Dank für die umfangreiche Nachricht. Leider ist es das nicht, was ich suche. Ich brauche die Demütigung, nackt auf allen Vieren aus einem Napf fressen zu müssen.“
‚Schade…‘ denke ich mir und schreibe ihr das auch:
„Schade, Cosi, aber die Arten, Petplay zu spielen, sind halt so unterschiedlich… Dann wünsche ich dir viel Glück bei deiner weiteren Suche!“
„Das wünsche ich dir auch, SirRob!“ ist die letzte Nachricht, die ich von ihr bekomme.
Ich spreche darüber mit meinem Kumpel Peter. Er zuckt die Schultern und meint:
„Ist einmal die Büchse der Pandora geöffnet worden, lässt sie sich kaum noch verschließen. Pets, wie sie, sind eigentlich Petslaves, masochistisch veranlagt. Zu ihnen passt eher ein Domsad.“
Über die Community habe ich von einem Video erfahren, das vor Jahren einmal im Kino gelaufen sein soll, und ‚The Pet – Die Sklavin‘ heißt. Die Filmkritik der Community-Mitglieder fällt nicht gut aus: Der Hintergrund, vor dem die Geschichte spielt, ist ein Organhandel. Die Geschichte der jungen Frau und des Mannes, der sie als Doggie engagiert, findet dagegen durchaus ein positives Echo.
Das macht mich neugierig und ich suche im Internet nach dem Film. Bald habe ich die DVD in Händen und schaue sie mir an. Ich finde die Filmkritik der Community-Mitglieder berechtigt und kann mich ihr vollkommen anschließen. Noch etwas anderes empfinde ich als kritikwürdig: Immer ist es ein reicher Mann, der eine junge Frau mit Geld ködert. Dagegen finde ich die Geschichte romantisch, wie sie mit der Zeit emotional zueinander finden.
‚Man müsste dem gebräuchlichen Muster (reicher Mann - arme junge Frau) einen Film gegenüberstellen, in dem sich zwei Menschen aus der gleichen gesellschaftlichen Schicht treffen, um das gemeinsame Faible auszuleben!‘ denke ich mir.
Ich spreche mit Peter über meine Idee, und schließe:
„Man müsste ein Video drehen, einen kurzen Film, in dem nur meine Art des Petplay vorkommt. Möglicherweise wird das von einigen Interessenten heruntergeladen und bildet mit der Zeit ein Gegengewicht…“
Peter schaut mich zweifelnd an und wiegt den Kopf:
„Ein Kinofilm von neunzig Minuten Länge kann mehr als 100 Millionen Dollar kosten!“
„Das stimmt!“ pflichte ich ihm lächelnd bei. „Aber man kann ja kleiner anfangen: Es gibt auf Youtube Videos, die nur mit der Handykamera gefilmt worden sind. Das Set, in dem der Film spielt, darf nicht teuer sein. Das Drehbuch darf nur Eckpunkte enthalten, nach denen sich die Darsteller richten und die Dialoge selbständig einfügen. Tricktechnik sollte ganz entfallen. Gerade letzteres macht ja einen Kinofilm so teuer!“
Während ich rede, nickt er mit Falten auf der Stirn. Dann fragt er mich:
„Und wie willst du das realisieren?“
„Wir haben verschiedene kleine Videos auf Youtube, die als Ideensammlung dienen können. Da gab es zum Beispiel einmal ein Mädchen, das amerikanische Touristen auf dem Hof ihrer alkoholkranken Eltern gefunden und adoptiert haben. Die Eltern haben sich seit dem dritten Lebensjahr der Tochter nicht mehr um sie gekümmert. Die Hunde der Familie, die sich selbst versorgt haben, haben das Mädchen mitversorgt. Mit der Zeit hat das Mädchen das Verhalten der Hunde angenommen.
Der Film könnte da ansetzen: Die Eltern verscherbeln den Hof, der im Wald liegt und ziehen weg. Der neue Besitzer will einziehen. Er schließt die Tür auf und wird von einer Gestalt angesprungen und umgeworfen, die dann breitbeinig auf allen Vieren über ihm steht und ihn gefährlich anknurrt, die Zähne zeigt…“
Peter lacht:
„Das könnte ich mir lebhaft vorstellen!“
Dann wird er wieder ernst:
„So einen kleinen Waldbauernhof gibt es kaum zu kaufen. Wenn, dann kostet er Hunderttausende. Dann das Casting der Darsteller! Auch das dürfte nicht billig sein!“
Ich mache ein säuerliches Gesicht. Aber ich komme irgendwie nicht von der Idee los.

*

Ein Monat ist inzwischen vergangen. Ich habe recherchiert und gelesen, dass die Grundstückspreise in Rumänien in der Land- und Forstwirtschaft nicht sehr teuer sind. Rumänien übt einen gewissen Reiz aus, da es dort eine deutsche Enklave gibt, Siebenbürgen. Man müsste sich also verständigen können. Also frage ich, Robert, meinen Kumpel Peter, ob er einmal in Siebenbürgen Urlaub machen möchte.
„In Europas Armenhaus?“ fragt er skeptisch zurück. „Außerdem, du kannst doch sicher kein Rumänisch sprechen!“
„Nein,“ gebe ich zu. „Aber mit Englisch kommst du eigentlich überall klar. In Siebenbürgen dürften sie auch Deutsch verstehen. Dorthin sind vor einigen hundert Jahren deutschsprachige Siedler gekommen und haben das Land urbar gemacht.“