Wolfskind - 20
"Dann musst du halt deine Urlaube immer in Clearwater verbringen, Mary. Ganz besonders um deinen Geburtstag herum."

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Eine ältere Menschin, in ethnische Winterkleidung gehüllt, kommt mit einem Aststück in der Hand zu uns in den Wald. Ich bin einer der Brüder unserer einzigen Schwester aus dem Wurf des letzten Jahres. Eine Weile beobachte ich sie aus sicherer Entfernung, dann laufe ich zu unserer Höhle zurück, um das Rudel zu informieren.

Meine Schwester, die sich unerklärlicherweise schon immer stark zu Menschen hingezogen fühlt, ist sofort neugierig und drängt Mama, der Menschin entgegen zu gehen. Mama weist sie zurecht, aber ist wohl auch neugierig geworden. Papa jagt gerade und zeigt zweien meiner Brüder, wie man dabei erfolgreich vorgeht.

Mama verlässt die Höhle im Wurzelwerk eines uralten großen Baumes. Sie wittert. Dann schlägt sie die Richtung ein, aus der wir alle die Menschin riechen können. Sie trabt langsam und bedächtig. Wir folgen Mama im Abstand einer Rumpflänge.

Bald erspähen wir die Menschin zwischen den Bäumen des Waldes. Sie hat uns auch gesehen und lässt sich an Ort und Stelle auf dem Waldboden nieder. Das kurze dicke Aststück legt sie neben sich. Mama nähert sich der Menschin schnüffelnd in Zeitlupe.

Als sie die Menschin erreicht hat, hebt diese ihre Vorderpfote und legt sie Mama auf den Kopf. Mama leckt das Vorderbein der Menschin und legt sich unmittelbar vor ihr ab. Meine Schwester steigt auf ihre Hinterbeine und legt der Menschin ihre Vorderbeine auf deren Schultern. Sie leckt die Menschin ebenfalls ab, was großes Vertrauen beweist. Ich nähere mich bis auf Rumpflänge, lege mich ab und beobachte.

Inzwischen hat meine Schwester von der Menschin abgelassen, die sie so überschwänglich begrüßt hat und legt sich auf deren andere Seite auf dem Waldboden ab. Die Menschin redet nun im ruhigen Ton auf Mama und Schwester ein, dabei streicht sie immer wieder über den Ast und hebt so etwas wie einen Zweig dabei an.

Nach einer Weile erhebt sich die Menschin wieder und entfernt sich zwei Schritte, bevor sie sich umwendet. Meine Schwester und Mama erheben sich ebenfalls. Mama greift mit ihrem Fang den Zweig an dem Aststück und trägt es zurück zu unserer Höhle. Dort angekommen legt sie es in den hintersten Winkel der Höhle und legt sich davor.

Als ich mich neugierig nähere, knurrt sie mich an und fletscht die Zähne. Erschrocken weiche ich zurück und lege mich so weit wie möglich entfernt von Mama in der Höhle ab. Kurz darauf kommt Papa mit meinen Brüdern von der Jagd. Nun werde ich aufgefordert, zusammen mit meiner Schwester die Höhle zu verlassen und mit Papa auf die Jagd zu gehen.

Als wir zurückkehren ist es schon dunkel geworden. Papa riecht das Aststück und nähert sich. Mama knurrt leise und Papa legt sich zu Mama schlafen. Am nächsten Tag jagen wir in der Morgendämmerung, während Mama das Aststück bewacht. Papa würgt später etwas von seiner Beute für Mama hervor. Dann sollen wir einzeln über das flache Land zwischen dem Wald und den Behausungen der Menschen patrouillieren.