Die Unterwelt des Achad Dùir Meave 21
Mein Kreis ist daher nicht ganz rund gewesen, doch immerhin erreiche ich zielgenau die Markierung, auf der ich die Übung begonnen habe. Weiter trabend lege ich das letzte Stück der Stirnseite zurück, ehe eine erneute Wendung folgt. Dieses Mal bin ich geduldiger und die Figur gelingt mir besser als die vorherige. Zufrieden trabe ich noch einmal die Stirnseite entlang und drehe meinen Oberkörper dabei erneut in Richtung der Stadionmitte. Wieder muss ich die Linie halten, ohne dabei nach vorne sehen zu dürfen. Angestrengt setze ich einen Huf vor den anderen, mühevoll darauf bedacht, nicht zur Seite abzuweichen und mich gleichzeitig möglichst entspannt zu bewegen. Auch so etwas wird von den Richtern bewertet und trägt maßgeblich zu meinem Ergebnis bei. Kurz frage ich mich, ob das Öl auf meiner Haut noch zu erkennen ist. Ich schwitze stark und vermute, dass mein Körper auch ganz ohne das Hilfsmittel im Licht glänzt.
Ich erreiche das Ende der Seite und treffe perfekt die angestrebte Markierung. Den ersten Teil der nun folgenden Seite lege ich wieder im Schritt zurück. Der häufige Wechsel zwischen den Gangarten ist eine der Herausforderungen dieses Wettkampfes, aber ich komme gut damit zurecht. Bisher ist es gut gelaufen. Einen ordentlichen Teil der Aufgaben habe ich bereits absolviert. Nur noch ein Stückchen, noch ein paar Minuten, dann habe ich es geschafft!
In der Mitte der Bahn folgt eine weitere Schrittpirouette, die mir keine Probleme bereitet. Als ich mich wieder in Bewegung setze, ziehe ich rasch das Tempo an. Mit kraftvollen Schritten beginne ich zu galoppieren. Energisch stoße ich mich vom Boden ab, schwebe einen kurzen Moment durch die Luft und federe mich danach mit dem anderen Huf ab.
Innerhalb kürzester Zeit lasse ich zuerst die lange Gerade und anschließend die Stirnseite hinter mir. Mühelos halte ich das Gleichgewicht, während ich immer wieder für kurze Momente über dem Boden zu schweben scheine.
Nachdem ich einmal halb um den Platz galoppiert bin, folgt nun eine der schwersten Übungen. Ich nehme bei ihrem letzten Schritt ein wenig die Kraft heraus, so dass ich auf der Markierung lande. Nun muss ich mich noch einmal um meine eigene Achse drehen, aber mit deutlich schnelleren Schritten als bisher.
In schneller Folge ziehe ich meine Hufe nach oben, aufmerksam darauf achtend, dass nie beide Hufe gleichzeitig den Boden berühren. Nach Möglichkeit sollte ich sogar zwischen den Schritten kurz schweben, doch das gelingt mir nicht immer. Wenigstens dauert es nicht lange, bis ich die Pirouette beendet habe und meinen Weg fortsetzen kann.
Kraftvoll stoße ich mich vom Boden ab und galoppiere weiter. Langsam machen sich die anstrengenden Übungen auch in meinen Beinen bemerkbar. Ich denke jedoch nicht daran, meine Sprünge weniger energisch, meine Bewegungen weniger kraftvoll werden zu lassen. Ausruhen kann ich, wenn der Wettkampf vorbei ist. Mir ist egal, ob ich heute Abend nicht mehr stehen kann, oder während der ganzen nächsten Woche Muskelkater habe. Wichtig ist das Jetzt! Jetzt muss ich alles geben! Nur dann kann ich gewinnen.
Nun biege ich wieder auf die kurze Gerade ein. Ich bemerke, dass sich zu meinem Schweiß nun auch noch Spucke mischt, die mir vom Kinn herunter auf die Brust tropft. Wann immer ich die Trense trage, kann ich das einfach nicht verhindern, so dass ich es schlichtweg ignoriere.
Mit federnden Schritten galoppiere ich über den sandigen Boden und lausche den dumpfen Schlägen meiner Hufe. Noch drei Schritte... noch zwei... einer noch..., dann biege ich auf die Längsseite ein. Jetzt habe ich es fast geschafft! Noch diese eine Gerade, anschließend zurück in die Mitte des Dressurfeldes und ich bin fertig!
Ich bohre die Zähne tiefer in die Gummitrense. Meine Muskeln schmerzen, meine Lunge beginnt zu rebellieren, doch ich werde nicht aufgeben! Verbissen starre ich auf den Markierungspunkt, der sich in der Mitte der Seite befindet. Mit jedem meiner weiten Sprünge komme ich ihm unaufhaltsam näher.
Als sie ihn erreiche, wartet eine letzte Kraftprobe auf mich. Wieder muss ich bei höchstem Tempo eine Pirouette drehen. Schnaufend ziehe ich meine Hufe abwechselnd nach oben und ignoriere das unangenehme Ziehen in meinen Oberschenkeln. Ich spüre, dass meine Hufe nicht mehr bei jedem Schritt die Markierung treffen, kann daran aber nichts ändern. Meine Kraft reicht gerade noch aus um das Tempo zu halten, so dass ich diese kleinen Fehler in Kauf nehmen muss.
Endlich habe ich mich vollständig gedreht. Nach Luft japsend trabe ich weiter, froh darüber, zumindest nicht mehr galoppieren zu müssen. Aber auch das Traben ist jetzt anstrengend. Ich muss mehr Schritte machen, um die letzten Meter zurück zu legen und jede einzelne Bewegung kostete Kraft.
Mein Brustkorb hebt und senkt sich rasch, aber ich habe mein Ziel bereits vor Augen. Ich lasse die Längsseite hinter mir und biege ein letztes Mal auf die Stirnseite ein. Speichel tropft in kurzen Abständen von meinem Kinn und der Schweiß läuft mir in die Augen. Davon lasse ich mich jetzt aber nicht mehr aufhalten.
Als ich die Hälfte der kurzen Geraden zurückgelegt habe, drehe ich mich in Richtung der Stadionmitte. Mit letzter Kraft trabe ich auf die Wettkampf-Richter zu. Dort wird später das Treppchen stehen. Dort wird die Gewinnerin stehen. Dort werde auch ich stehen!
Endlich erreicht mein Huf die Zielmarkierung. Ich ziehe das hintere Bein nach, stelle meine Hufe eng nebeneinander und halte inne. Mit durchgestrecktem Rücken und gerecktem Hals schaue ich auf die Richter. Ich habe es geschafft!
hrpeter am 22. September 22
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