Sonntag, 4. Februar 2024
Geräusche der Nacht -33
Dann umarmt sie auch das Mädel. Sie erhebt sich und fragt Grete:
"Bist du hier eine neue Meisterin, Grete?"

Sie lächelt und erklärt Marga:
"Nein, aber Meister Gwydion hat mir eine Ausbildung zur Wächterin angetragen. Ich habe den Antrag gerne angenommen und sehe, dass ich auch über dich wachen muss in der Welt da draußen. Keine Angst, ich fahre dir niemals in deine Entscheidungen. Aber wenn du dich in Gefahr begibst, versuche ich da zu sein. Deinen Geruch kenne ich ja jetzt!"

Marga sagt nun:
"Gehabt euch wohl!"

Sie geht den Hügel hinunter auf das Fuhrwerk zu, mit dem sie gekommen ist.

"Gott befohlen!" ruft Sophia ihr hinterher.

Marga wendet sich lächelnd um und wirft eine Kusshand. Dann steigt sie auf den Wagen und lässt das Kaltblut anziehen. Sie wendet den Wagen und winkt noch ein letztes Mal.

*

---April 1620 Gelnhausen---

Agnes zieht die Tür der Hütte hinter sich zu. Markus Brauer hat sie von 'Dair' hierher begleitet. Für die Leute draußen sind sie ein Ehepaar. Und in den letzten Jahren hat sich tatsächlich eine große Zuneigung füreinander zwischen ihnen entwickelt. Agnes arbeitet wieder als Hebamme und Markus repariert den Leuten, was sie repariert haben wollen.

Leider grassiert der schwarze Tod immer noch. Die Pest flackert auf, lässt sich ein paar Jahre eindämmen, und flackert erneut auf. Außerdem befindet sich das Land seit zwei Jahren in einem mörderischen Bürgerkrieg. Agnes rafft ihre Röcke und macht sich auf den Weg nachhause.

Sie biegt um eine Ecke, taucht in eine Gasse ein und klopft an einer Tür. Von innen wird ein Riegel beiseitegeschoben. Markus öffnet ihr. Sie tritt ein und nimmt die schwere lederne Maske ab. Markus meint nun:

"Wir sollten von hier verschwinden. Die Menschen reagieren kaum noch vernünftig."

Agnes zieht die Stirn kraus und spricht:
"Gott gebe dir einen guten Abend, Markus. Gibt es hier noch frisches Wasser?"

Markus holt einen Krug herbei, während sie sich auf einen Stuhl sinken lässt. Er gießt ihr einen Becher voll. Sie bedankt sich und entgegnet:

"Ich kann hier nicht weg, Markus. Die Menschen brauchen mich!"

Markus seufzt.

"Ich bin heute an der Marienkirche vorbeigekommen. Sie geißeln sich wieder... Und sie erschlagen sich gegenseitig, wenn sie sich für krank halten. Das sind keine Menschen mehr, Agnes!"

Agnes zeigt ein schmallippiges Lächeln.

"Das sagt der Richtige!"

"Sehr witzig, Agnes. So hör doch zu! Wir sind hier nicht mehr sicher. Irgendwann wird man dich erschlagen, weil du so viel Umgang mit den Kranken hast."

"Markus!" sagt sie laut. "Ich habe eine Verantwortung."

Agnes weiß in ihrem Innersten, dass Markus nicht unrecht hat, und er drängt aus Sorge um sie.