Dienstag, 11. Mai 2021
Mars11-Sunshine (5)
Ich nicke und der Page wuchtet den Koffer hinten auf die Rikscha. Schnell sichere ich ihn mit zwei Gummiseilen. Dann setze ich mich wieder auf meinen Platz, schnalze mit der Zunge und schlenkere die Zügel.
Sunshine zieht an. Ich lenke ihn in Richtung der Rohrbahn-Station und kürze dabei den Weg ab. Unsere Fahrgäste müssen stattdessen immer einen längeren Weg inkaufnehmen, damit wir etwas mehr verdienen können. Auch lasse ich ihn auf der inneren Schnellspur galoppieren.
Am Bahnhof angekommen, dirigiere ich Sunshine mit der Rikscha in eine Parkbucht und rolle den Koffer zur Information am Haupteingang. Dort lasse ich das Ehepaar ausrufen und warte mit dem Koffer an der Theke der Info. Über Lautsprecher wird nun der komplette Innenbereich des Bahnhofs beschallt und auch der Parkplatz vor dem Haupteingang.
Es dauert nicht lange bis ein Ehepaar vom Parkplatz hereinkommt. Ihnen folgt ein Hotelpage, wie ich anhand der Uniform erkennen kann. Dieser schiebt einen Kofferwagen vor sich her.
Das Ehepaar schaut sich verunsichert um. Schließlich macht die Frau in teurer Kleidung ihren Begleiter auf mich aufmerksam. Er löst sich von ihr und kommt auf mich zu.
?Sie haben im Presidential Hotel einen ihrer Koffer zurückgelassen!? sage ich. ?Sie sind doch Herr und Frau Lopez??
?Ja, tatsächlich!? lächelt der Mann. ?Das finde ich aber lieb von Ihnen, dass Sie ihn uns hinterher gebracht haben.?
Er zückt einen Block und schreibt etwas auf ein Blatt, das er herausreißt und mir übergibt.
?Vielen Dank!? sagt er noch und übernimmt den Koffer.
Ich schaue auf das Blatt und erkenne einen Scheck über 100 Stein. Die Mundwinkel herunterziehend nicke ich. Ganz schön spendabel, der Mann! Schnell gehe ich zur Zweigstelle der Bank of Olympia, um mir das Geld auszahlen zu lassen. Der Scheck ist wirklich gedeckt! Das ist eine gute Tour gewesen! Pfeifend verlasse ich den Bahnhof.
Draußen werde ich von einem Mann angesprochen:
?Können Sie mich zu BioMilk Stables Limited fahren??
?Gern!? sage ich.
Während der Mann hinten aufsteigt und sich auf eine der Bänke setzt, nehme ich vorne Platz und gebe Sunshine das Startsignal, um ihn dann vom Parkplatz herunter zu leiten.
Ich fädele Sunshine in den Verkehr ein und er läuft in einem entspannten Trab den von mir vorgegebenen Weg. Wir nähern uns den Randbezirken von Olympia und bald stoppe ich den Hengst vor den Block, in dem der Milcherzeugungs-Betrieb residiert.
Inzwischen ist es Mittag und ich leite Sunshine zu seinem Stall zurück. Dort soll er etwas zu fressen und trinken bekommen und sich eine Weile ausruhen dürfen, während ich mir in der Kantine ebenfalls etwas zu essen hole.
Plötzlich meldet sich mein Kommunikator. Ich sehe, dass Herr Armstrong am anderen Ende ist, Sunshines Besitzer, und nehme das Gespräch an.
?Ja??
?Hallo, Sol!? begrüßt mich Herr Armstrong. ?Meine Frage: Können Sie Sunshine heute Nachmittag entbehren??
?Ich habe ja gleich Feierabend,? antworte ich. ?Meine Ablösung kann einen anderen Hengst nehmen!?
?Okay,? meint Herr Armstrong. ?Natürlich brauche ich auch einen Sulkie. Ich habe bei meinem letzten Besuch gesehen, dass sie diese leichten Gefährte auch vermieten??
?Kommen Sie ruhig vorbei!? ermuntere ich den Mann. ?Ich bleibe solange hier bis Sie mit Sunshine und dem Sulkie unterwegs sind.?
?Gut, dann bin ich in einer halben Stunde bei Ihnen. Bis später!?
?Bis dann,? sage ich noch und trenne die Verbindung.
Etwa eine halbe Stunde nach dem Gespräch meldet sich mein Kommunikator erneut. Diesmal kommt der Anruf aus dem Stall. Einer der Stallburschen unterrichtet mich, dass Herr Armstrong angekommen ist. Also gehe ich in den Stall.
?Hallo, Herr Armstrong. Sie möchten also einen Sulkie für einen kleinen privaten Ausflug im Lavatunnel von Olympia mieten. Wir haben da ein paar schöne Exemplare. Kommen Sie, ich zeige sie Ihnen!?