Sonntag, 16. Mai 2021
Mars12-Willow (1)
Eine Folge von Pieptönen an der Küchenmaschine zeigt mir an, dass ich die letzte Zutat hinzufügen muss. Nachdem ich das gemacht habe, drücke ich ein letztes Mal den Startknopf. In zwanzig Minuten ist unser Mittagessen bereit und muss nur noch auf die Teller portioniert werden. Bis dahin sollte Richard zuhause angekommen sein.
Mein Name ist Willow P. Mackenzie. Das P steht für Petterson, mein Geburtsname, den ich nach der Eheschließung üblicherweise mitnehmen kann. Während ich auf das Schlusssignal der Küchenmaschine warte, gerate ich ein wenig ins Grübeln. Seit ein paar Monaten wohnen wir zusammen in dieser Wohnung. Wir haben uns vor einem Marsumlauf auf dem Abschlussball der Highschool kennengelernt und während des Frühlings vor ein paar Monaten geheiratet. Es ist eine Liebesheirat gewesen, doch in letzter Zeit habe ich das Gefühl, dass es zwischen Richard und mir nicht mehr besonders gut läuft.
Mit dem Einzug in unsere gemeinsame Wohnung hat Richard eine Ausbildung in der Stadtverwaltung angefangen. Ich habe einen Job als Arzthelferin bekommen. Die Abzahlung für die Wohnung stemmen wir beide. Seit einigen Wochen liegt aber ein Schatten auf unserer Beziehung. Richard verbringt seine Freizeit fast ausschließlich alleine.
Nach dem gemeinsamen Mittagessen muss ich zur Arbeit. Ich habe mit einer Kollegin heute getauscht, um mich ein wenig um den Haushalt kümmern zu können. Plötzlich ertönt die Türklingel. Etwas verdutzt überlege ich, wer das sein könnte. Richard klingelt sonst nie. Schließlich hat er ja auch einen Türschlüssel.
Ich öffne und sehe mich zwei Polizeibeamten in ihrer auf dem Mars üblichen signalgelben Uniform gegenüberstehen.
?Ja, kann ich Ihnen helfen?? erkundige ich mich neugierig.
?Oberkommissar Malloy,? stellt sich einer der Beiden vor. ?Dürfen wir eintreten??
Ich runzele verwirrt die Stirn und mache den Eingang frei. Mit einem Fuß halte ich unsere Doggie zurück, die sich den Männern schnüffelnd nähern will. Der Begleiter schließt die Wohnungstür, nachdem beide in der Wohnung sind, während der Kommissar mir seine Visitenkarte überreicht.
?Sol, sind Sie Frau Willow Petterson Mackenzie?" erkundete er sich.
Ich nicke nervös.
?Ja, die bin ich,? antworte ich verunsichert.
Was will die Polizei von mir?
?Können Sie sich ausweisen?? fragt der Mann weiter und lächelt mich an.
?Ja natürlich, einen Moment bitte,? bitte ich und angele nach meiner Handtasche auf der Garderobe. Ich suche meinen Ausweis in der Geldbörse und zeige ihn dem Beamten.
?Worum geht es denn? Was wollen Sie von mir?? frage ich, während er den Ausweis überprüft.
?Sie haben in einer Stunde eine Anhörung in der Außenstelle des Ministeriums. Wir kommen, um Sie dorthin zu begleiten.?
?Das kann nicht sein,? sage ich mit dünner Stimme. ?Ich weiß nichts von einer Anhörung.?
Der Mann erwiderte eine Spur unhöflicher:
?Sie sind per Brief mehrfach darauf hingewiesen worden! Kommen Sie, ziehen Sie sich bitte Schuhe an, damit wir aufbrechen können.?
Ich schüttele den Kopf, als will ich einen bösen Traum vertreiben und antworte ihm, die Stirn in Falten:
?Ich habe keinen Brief vom Ministerium bekommen! Sie müssen sich irren.?
?Wenn Sie die Person in ihrem Ausweis sind, ist ein Irrtum ausgeschlossen,? erklärt der Beamte mit Nachdruck. ?Ich bin beauftragt, Sie zu der Anhörung zu geleiten, notfalls auch gegen Ihren Willen. Alles Weitere können Sie mit den Kollegen vor Ort klären.?
Es muss sich um einen Fehler handeln! Dennoch ziehe ich mir meine Schuhe an und nehme meine Handtasche in die Hand. Mit diesem Mann weiter zu diskutieren macht keinen Sinn. Dann muss ich eben seinen Vorgesetzten auf den Fehler hinweisen.
?Ich bin kurz weg, es dauert bestimmt nicht lange,? sage ich zu unserer Doggie, die mich mit neugierig fragendem Blick anschaut.
Danach folge ich Oberkommissar Malloy die Treppe zum Foyer hinunter. Sein Begleiter bildet den Abschluss. Unter der Balustrade steht neben der Reihe der wartenden Rikschas ein Wagen, vor dem vier muskulöse Hengste gespannt sind. Dorthin streben die beiden Polizisten mit mir in ihrer Mitte.