Freitag, 3. Februar 2023
Die Unterwelt des Achad Dùir Meave 66
Anschließend erreichen wir meine Box. Phyllis lässt mich an sich vorbei eintreten und löst dabei die Longierleine. Nachdem sie das Boxen-Tor geschlossen hat, fasst sie noch einmal über die Metallrohre. Sie sagt:

"Komm' noch einmal her zu mir."

Ich nähere mich ihr und sie nestelt an meinem Kopfgeschirr herum. Dann hat sie die Trense entfernt und erklärt mir:

"So, jetzt kannst du wenigstens dein Abendessen zu dir nehmen!"

Sie entfernt sich und kommt kurz darauf mit einem kleinen Trog zurück, den sie auf die Metallrohre des Boxen-Tores einhängt. Ich schaue hinein und finde eine kleine Menge Pellets darin, die mich irgendwie an Erdnussflips erinnern, vermischt mit viel gestifteltem Grünzeug. Dazwischen gehe ich immer wieder zum Wasserbecken, um dort Wasser zu schlürfen.
Wohlweislich führen mich meine Schritte nach der Mahlzeit zuerst zur Wanne. Dort erleichtere ich mich noch einmal, bevor ich mich langsam und vorsichtig auf meinem Schlafplatz niederlasse. Nicht lange darauf bin ich in einen unruhigen Schlaf gefallen.

Die nächsten Tage verlaufen alle ähnlich. Ich werde geweckt und sie hängt neues Futter hin. In der ersten Trainingseinheit am Morgen wiederholt Phyllis was sie mir am Vortag beigebracht hat und nach der Mittagsruhe erweitert sie mein Training mit neuen Übungen. Abends werde ich kurz geduscht und trocken gerubbelt und wieder in meine Box gebracht, wo ich immer wieder ermattet auf meiner Schlafstatt in einen tiefen Schlaf falle.

Nach Schritt und Trab hat Phillis mir den Galopp beigebracht, immer im Kreis um sie herum. Die Hufschuhe machen mir auch keine großen Probleme mehr. Einzig ihr Gewicht sorgt dafür, dass meine Oberschenkel abends etwas schmerzen und ich einen beinahe pausenlosen Muskelkater verspüre. Aber daran werde ich mich sicher ebenfalls gewöhnen. Die Muskulatur bekommt allmählich das Aussehen eines Athleten zurück.
In den letzten Tagen hat Phyllis Fotos von mir gemacht und mir dazu erklärt, dass damit meine Papiere endlich vollständig sind.

*

Tags darauf hat Phyllis mich nach der Fütterung in der Box gelassen. Gelangweilt werfe ich immer wieder einen Blick durch die Gitterstäbe, aber es dauert fast bis zum Mittag, ehe meine Trainerin wieder auftaucht. Sie öffnet das Boxen-Tor und erklärt mir:

"Deine Ausbildung ist abgeschlossen, Dave. Du wirst ab jetzt Rikschas und Wagen ziehen. Dein neuer Owner ist hier und möchte dich zu seinem Stall bringen."

Plötzlich bin ich aufgeregt. Wer mag der Mann wohl sein? Eine Mischung aus widerstreitenden Gefühlen steigt in mir auf. Phyllis befestigt mit einigen geübten Handgriffen mein Kopfgeschirr und drückt mir die Trense zwischen die Zähne. Anschließend klinkt sie eine Führleine ins Kopfgeschirr ein.

Danach führt meine Trainerin mich aus der Box und durch die Rüstkammer, vorbei an Hufschuhen verschiedener Größen und Geschirren zurück auf den Flur. Diesen gehen wir bis zum Foyer entlang. Dort sitzt die Concierge, die Besucher empfängt und weitervermittelt.

Als wir das Foyer betreten, erhebt sich ein Mann aus einer Sitzgruppe neben dem Treppenhaus und den Aufzügen. Es ist ein Mann in seinen 40ern. Er macht einen kräftigen, aber recht freundlichen Eindruck auf mich.