Giselle (10)
Gigi nickt kurz und berührt mich dabei mit ihrer Wange. Ich trete nach draußen und sage: „BEI FUSS!“
Dann gehe ich nach nebenan unter das Dach des Carports. Im hinteren Teil habe ich Feuerholz gestapelt und in einer Kiste kleingeschnittene Zweige gesammelt. Einen der Zweige nehme ich heraus und zeige ihn Gigi. Dann werfe ich ihn auf die Wiese hinter dem Haus und sage: „HOL!“
Sie ist dem Flug des Holzes mit den Augen gefolgt und läuft so gut es geht dorthin. Nicht ohne unterwegs mehrfach zu pausieren, was ich aber toleriere. Insgeheim zähle ich ihre Pausen und bin gespannt, ob sie bei entsprechendem Training weniger werden.
Im Zielgebiet muss Gigi kurz zwischen dem Gras und Wiesenkräutern suchen, dann bringt sie mir das Holz zurück. Ich halte meine Hand unter ihr Kinn und sage: „AUS!“
Sie schaut mich erstaunt an und behält das Holz im Mund. Also fasse ich das Holz an einem Ende. Nun lässt sie los.
Ich setze mich auf die Steinplatten der Veranda, so dass ich mich mit ihr auf Augenhöhe befinde und sage nun:
„Das Apportieren hast du spontan richtig gemacht, GIGI. Bist ein gutes Mädchen!“ Ich streichele ihr über die Wange und sie drückt sie mir fester in die Hand.
„AUS,“ ergänze ich, „bedeutet, dass du das, was du im Mund trägst, fallenlassen sollst. Idealerweise in meine Hand, als ich sie dir unter das Kinn hielt.“
Sie macht ein betrübtes Gesicht, so dass ich mich genötigt sah zu beschwichtigen:
„Nicht schlimm, GIGI! Bist ein gutes Mädchen! Du lernst halt noch. Das bedeutet, du machst Fehler. Und eben aus diesen Fehlern lernst du, wenn du die entsprechende Rückmeldung bekommst.“
Sie drängt sich an mich, so dass ich das Gleichgewicht verliere und flach auf der Veranda zu liegen komme. Nun grinst sie breit und kommt über mich, legt sich auf mich und beginnt mich zu lecken.
Puh, ich kräusele die Stirn und drehe mich so, dass sie von mir herunterrollt. Ich streichele ihr zart über Brust und Bauch und rappele mich hoch, dann nehme ich das Holz wieder in die Hand und werfe es wieder auf die Wiese.
„HOL!“
Wieder läuft sie los und bringt es mir zurück. Diesmal klappt es auch mit dem Kommando AUS. Nun steht sie aber vor mir und spuckt ein paar Mal. Ich gehe also ins Haus zurück und hole ihre Trinkflasche und einen Waschlappen aus dem Bad.
Gigi ist mir nach ein paar Minuten gefolgt und steht neugierig in der Tür zum Badezimmer, als ich zu ihr nach draußen gehen will. Also stelle ich ihre Flasche ab und feuchte den Waschlappen am Wasserhahn an. Damit reibe ich sanft über ihr Kinn und ihre Lippen. Sie reibt dann ihre Zunge an dem Lappen.
„Der Stock ist nicht gerade der Sauberste, wenn man ihn draußen benutzt, ich weiß. Aber dafür bin ich ja da,“ sage ich zu ihr und fahre zärtlich mit den Fingern durch ihr Haar. „Wir werden etwas anderes im Tierhandel finden, aus Gummi oder Stoff.“
Dann gehe ich, gefolgt von Gigi ins Wohnzimmer zurück. Dort nehme ich ein Schokochip aus einer Schale und halte ihn ihr lächelnd vor die Nase. Sie greift mit den Lippen danach und isst ihn, während sie ihre Wange an meiner Hand reibt.
„Spielerisch hast du jetzt schon ein paar Kommandos kennen gelernt. Davon kommen in nächster Zeit noch weitere, Gigi,“ sage ich.
Sie schaut mich aufmerksam an, so dass ich frage:
„Willst du auf der Stelle mit dem Training beginnen?“
Sie nickt energisch mit dem Kopf. Ich muss lachen.
„Okay, SITZ, PLATZ, ZU MIR, BEI FUSS und HOL kennst du nun. An den Feinheiten arbeiten wir noch. Probieren wir ein Neues: MACH MÄNNCHEN!“
Gigi setzt sich auf die Fersen, wie ich es ihr für das Kommando SITZ gezeigt habe. Dann richtet sie den Rumpf kerzengerade auf und schaut mich erwartungsvoll an.
Lächelnd sage ich zu ihr: „So ganz stimmt das nicht. Du weißt es einfach noch nicht besser. Kein Beinbruch! Mach erst einmal wieder SITZ!“
Sie lässt sich nach vorn fallen bis die Hände bei ausgesteckten Armen auf dem Boden aufliegen. Dabei öffnet sie die Knie, damit die Arme Platz haben. Dann erkläre ich ihr:
„So ist gut. Nun hebe deine Fäuste in Schulterhöhe, Ellenbogen am Körper. Der Rumpf kommt in die Senkrechte und das Becken hoch bis du auf deinen Fußballen stehst! Nur noch die Zehen bis zu den Ballen berühren den Boden! Gut, GIGI! Sehr gut! Und nun die Knie so weit auseinander, wie es geht. Als würdest du die Beine grätschen!“
Sie macht es und ich kommentiere lächelnd: „Naja, das üben wir noch!“
Dann gebe ich ihr als Belohnung einen weiteren Schokochip. Gigi nimmt ihn und setzt sich wieder auf ihre Fersen zurück. Sie schaut erwartungsvoll.
Ich gebe einen Seufzer von mir und beginne einen kleinen Vortrag:
„Ich denke, ich beginne doch ein klassisches Hundetraining, alles andere ist Spielerei. Zu allererst bringt der Halter einem neuen Hund ein Kommando bei, dass beim Hund Aufmerksamkeit erzeugt: ‚Ich bin gemeint, sonst niemand!’ Das Kommando ist die Nennung deines Namenskürzels GIGI. Das nächste, was der Hund lernt, ist SITZ.“
Danach stehe ich von der Sitzgruppe auf und umrunde den Couchtisch mit einem neuen Schokochip in der Hand.
„Komm hoch, auf alle Viere!“ sage ich und Gigi macht es, aufmerksam auf den Schokochip schauend.
Ich bewege den Schokochip vor ihr hin und her. Dabei sehe ich, dass sie mit den Augen meiner Hand folgt. Nun bewege ich die Hand mit dem Leckerli an ihrem Kopf vorbei in Richtung ihres Rückens. Sie dreht den Kopf und setzt sich dabei automatisch. Jetzt sage ich das Kommando SITZ und hebe den Zeigefinger.
Kommandos über Gestik sind da angebracht, wo meine Stimme in der allgemeinen Geräuschkulisse untergeht!
Während sie ihre Belohnung kaut, öffnet sie die Knie weiter. Das lässt mich lächeln und kommentieren:
„Gutes Mädchen!“
Ich streiche ihr sanft durch ihr Haar.
„So, danach folgt das Kommando PLATZ.“