Montag, 11. Mai 2020
Giselle (10)
Gigi nickt kurz und berührt mich dabei mit ihrer Wange. Ich trete nach draußen und sage: „BEI FUSS!“
Dann gehe ich nach nebenan unter das Dach des Carports. Im hinteren Teil habe ich Feuerholz gestapelt und in einer Kiste kleingeschnittene Zweige gesammelt. Einen der Zweige nehme ich heraus und zeige ihn Gigi. Dann werfe ich ihn auf die Wiese hinter dem Haus und sage: „HOL!“
Sie ist dem Flug des Holzes mit den Augen gefolgt und läuft so gut es geht dorthin. Nicht ohne unterwegs mehrfach zu pausieren, was ich aber toleriere. Insgeheim zähle ich ihre Pausen und bin gespannt, ob sie bei entsprechendem Training weniger werden.
Im Zielgebiet muss Gigi kurz zwischen dem Gras und Wiesenkräutern suchen, dann bringt sie mir das Holz zurück. Ich halte meine Hand unter ihr Kinn und sage: „AUS!“
Sie schaut mich erstaunt an und behält das Holz im Mund. Also fasse ich das Holz an einem Ende. Nun lässt sie los.
Ich setze mich auf die Steinplatten der Veranda, so dass ich mich mit ihr auf Augenhöhe befinde und sage nun:
„Das Apportieren hast du spontan richtig gemacht, GIGI. Bist ein gutes Mädchen!“ Ich streichele ihr über die Wange und sie drückt sie mir fester in die Hand.
„AUS,“ ergänze ich, „bedeutet, dass du das, was du im Mund trägst, fallenlassen sollst. Idealerweise in meine Hand, als ich sie dir unter das Kinn hielt.“
Sie macht ein betrübtes Gesicht, so dass ich mich genötigt sah zu beschwichtigen:
„Nicht schlimm, GIGI! Bist ein gutes Mädchen! Du lernst halt noch. Das bedeutet, du machst Fehler. Und eben aus diesen Fehlern lernst du, wenn du die entsprechende Rückmeldung bekommst.“
Sie drängt sich an mich, so dass ich das Gleichgewicht verliere und flach auf der Veranda zu liegen komme. Nun grinst sie breit und kommt über mich, legt sich auf mich und beginnt mich zu lecken.
Puh, ich kräusele die Stirn und drehe mich so, dass sie von mir herunterrollt. Ich streichele ihr zart über Brust und Bauch und rappele mich hoch, dann nehme ich das Holz wieder in die Hand und werfe es wieder auf die Wiese.
„HOL!“
Wieder läuft sie los und bringt es mir zurück. Diesmal klappt es auch mit dem Kommando AUS. Nun steht sie aber vor mir und spuckt ein paar Mal. Ich gehe also ins Haus zurück und hole ihre Trinkflasche und einen Waschlappen aus dem Bad.
Gigi ist mir nach ein paar Minuten gefolgt und steht neugierig in der Tür zum Badezimmer, als ich zu ihr nach draußen gehen will. Also stelle ich ihre Flasche ab und feuchte den Waschlappen am Wasserhahn an. Damit reibe ich sanft über ihr Kinn und ihre Lippen. Sie reibt dann ihre Zunge an dem Lappen.
„Der Stock ist nicht gerade der Sauberste, wenn man ihn draußen benutzt, ich weiß. Aber dafür bin ich ja da,“ sage ich zu ihr und fahre zärtlich mit den Fingern durch ihr Haar. „Wir werden etwas anderes im Tierhandel finden, aus Gummi oder Stoff.“
Dann gehe ich, gefolgt von Gigi ins Wohnzimmer zurück. Dort nehme ich ein Schokochip aus einer Schale und halte ihn ihr lächelnd vor die Nase. Sie greift mit den Lippen danach und isst ihn, während sie ihre Wange an meiner Hand reibt.
„Spielerisch hast du jetzt schon ein paar Kommandos kennen gelernt. Davon kommen in nächster Zeit noch weitere, Gigi,“ sage ich.
Sie schaut mich aufmerksam an, so dass ich frage:
„Willst du auf der Stelle mit dem Training beginnen?“
Sie nickt energisch mit dem Kopf. Ich muss lachen.
„Okay, SITZ, PLATZ, ZU MIR, BEI FUSS und HOL kennst du nun. An den Feinheiten arbeiten wir noch. Probieren wir ein Neues: MACH MÄNNCHEN!“
Gigi setzt sich auf die Fersen, wie ich es ihr für das Kommando SITZ gezeigt habe. Dann richtet sie den Rumpf kerzengerade auf und schaut mich erwartungsvoll an.
Lächelnd sage ich zu ihr: „So ganz stimmt das nicht. Du weißt es einfach noch nicht besser. Kein Beinbruch! Mach erst einmal wieder SITZ!“
Sie lässt sich nach vorn fallen bis die Hände bei ausgesteckten Armen auf dem Boden aufliegen. Dabei öffnet sie die Knie, damit die Arme Platz haben. Dann erkläre ich ihr:
„So ist gut. Nun hebe deine Fäuste in Schulterhöhe, Ellenbogen am Körper. Der Rumpf kommt in die Senkrechte und das Becken hoch bis du auf deinen Fußballen stehst! Nur noch die Zehen bis zu den Ballen berühren den Boden! Gut, GIGI! Sehr gut! Und nun die Knie so weit auseinander, wie es geht. Als würdest du die Beine grätschen!“
Sie macht es und ich kommentiere lächelnd: „Naja, das üben wir noch!“
Dann gebe ich ihr als Belohnung einen weiteren Schokochip. Gigi nimmt ihn und setzt sich wieder auf ihre Fersen zurück. Sie schaut erwartungsvoll.
Ich gebe einen Seufzer von mir und beginne einen kleinen Vortrag:
„Ich denke, ich beginne doch ein klassisches Hundetraining, alles andere ist Spielerei. Zu allererst bringt der Halter einem neuen Hund ein Kommando bei, dass beim Hund Aufmerksamkeit erzeugt: ‚Ich bin gemeint, sonst niemand!’ Das Kommando ist die Nennung deines Namenskürzels GIGI. Das nächste, was der Hund lernt, ist SITZ.“
Danach stehe ich von der Sitzgruppe auf und umrunde den Couchtisch mit einem neuen Schokochip in der Hand.
„Komm hoch, auf alle Viere!“ sage ich und Gigi macht es, aufmerksam auf den Schokochip schauend.
Ich bewege den Schokochip vor ihr hin und her. Dabei sehe ich, dass sie mit den Augen meiner Hand folgt. Nun bewege ich die Hand mit dem Leckerli an ihrem Kopf vorbei in Richtung ihres Rückens. Sie dreht den Kopf und setzt sich dabei automatisch. Jetzt sage ich das Kommando SITZ und hebe den Zeigefinger.
Kommandos über Gestik sind da angebracht, wo meine Stimme in der allgemeinen Geräuschkulisse untergeht!
Während sie ihre Belohnung kaut, öffnet sie die Knie weiter. Das lässt mich lächeln und kommentieren:
„Gutes Mädchen!“
Ich streiche ihr sanft durch ihr Haar.
„So, danach folgt das Kommando PLATZ.“



Giselle (9)
Ein Monat vergeht, bis sie sich wieder ein langes Wochenende frei nehmen kann. Wieder hole ich sie am Bahnhof in Koblenz ab und bringe sie zu mir. Diesmal fällt die Begrüßung am Bahnhof herzlicher aus. Sie hat eine kleine Reisetasche in der einen und den bekannten Karton mit BOOMERS Urne in der anderen Hand.
Ich nehme ihr die Urne ab und gehe mit ihr zum Auto. Zuhause umrunde ich mein Haus zur Hälfte und erreiche den Platz an der Hauswand, wo ich schon ein kleines Loch ausgehoben habe. Das erweitere ich passend zur Größe der Urne. Gigi beugt sich nach unten und legt die Urne in das Loch. Ich sage ein paar Worte, bei denen es um die Hingabe der Katze zum Menschen geht und von seiner Pflicht für ihr Wohl zu sorgen. Dadurch entstände ein Band über den Tod hinaus.
Gigi sinkt aus der Hocke in eine sitzende Stellung zu meinen Füßen und umfasst meine Beine. Nach meinen Worten greife ich nach unten und helfe ihr aufzustehen. Ich sehe eine Träne auf ihrer Wange und streiche sie mit dem Daumen trocken.
Sie hakt sich bei mir ein und wir gehen ins Haus. Drinnen nehme ich ein Spankästchen in die Hand, das ich vor der Abfahrt auf das Garderobenschränkchen gelegt hatte und öffne es. Gigi schaut interessiert zu.
Darinnen befinden sich ein silberfarbener Halsreif mit Ring und eine feine Kette mit Karabinerhaken und Lederschlaufe.
„Das ist mein Halsreif?“ fragt sie und schaut mich lächelnd an.
Ich lege ihn ihr lächelnd in die Hand und sie betrachtet ihn interessiert von allen Seiten, dann gibt sie ihn mir wieder zurück.
Ihr offen in die Augen schauend biege ich den Reif auseinander. Sie hebt die Haare an und macht mit gesenktem Blick den Hals frei. Jetzt lege ich ihr den Halsreif um und verschließe ihn mit einem kleinen Schräubchen, das ich mit einem dünnen Inbusschlüssel fest anziehe.
„Jetzt bin ich deine Hündin!“ stellt sie fest und fühlt nach dem Metallring. Sie macht einen langen Hals dabei und schaut in den Garderobenspiegel.
„Noch nicht ganz,“ sage ich lächelnd. „Erst musst du dich ausziehen.“
Sie beugt sich nach unten und zieht ihre Schuhe aus. Es folgen Top und Hose. Und nach kurzem Zögern auch BH und Slip. Ich lege alles in ihre Reisetasche.
Dann schaut sie mich an.
„Ein menschlicher Hund kann zweibeinig herum gehen – wenn ich das will,“ sage ich sanft. „Seine normale Gangart ist aber vierbeinig.“
Sie lässt sich auf Hände und Knie hinunter und ich öffne eine Schublade am Garderobenschränkchen. Dort nehme ich zwei Knieschoner und zwei Pfotenhandschuhe heraus und gehe nun selbst in die Hocke, um sie ihr anzulegen.
„Das ist für den Anfang, GIGI. Auf Händen und Knien bist du gehandicapt, kommst du kaum vorwärts. Aber alles andere ist ungewohnt und daher noch zu anstrengend für dich. Mache deshalb ruhig immer wieder eine Pause, indem du dich auf die Knie niederlässt!“
„Ah, und wie läuft ein Hund dann?“
„Komm einfach mit deinem Hintern so hoch, dass du Arme und Beine durchstreckst – so gut das eben jetzt geht mit den Knieschonern.“
Sie macht das und ich ziehe eine Augenbraue hoch.
„Spreize ruhig die Beine ab, dann stehst du sicherer – und hebe auch die Fersen vom Boden ab.“
Dann sage ich: „Und jetzt komm soweit wieder runter, bis der Rücken ungefähr waagerecht ist. Die Fersen bleiben oben! Du siehst, deine Knie sind jetzt etwa eine Fußlänge über dem Boden. Du gehst also quasi auf Fäusten und Zehen.“
Sie macht einen Schritt und lässt sich wieder auf die Knie sinken. Dabei schaut sie zweifelnd zu mir hoch.
„Ich weiß, das ist nicht einfach. Die Muskulatur muss sich daran gewöhnen, also musst du diese Gangart trainieren. – Schau mal hier…“ sage ich und nehme mein Handy.
Ich rufe Youtube auf und suche nach einem bestimmten Filmchen. Dort wird eine junge Rumänin vorgestellt, die auf dem Hof ihrer alkoholkranken Eltern unter Hunden aufgewachsen ist. Ich zeige ihr, wie sich die junge Frau im Video bewegt, damit Gigi sieht, dass ich nichts Unmögliches verlange.
Sie schaut sich das Video interessiert an und versucht dann bis zum Schreibtisch und wieder zurück zu mir an der Garderobe im Vierfüßlergang zu laufen. Zurück bei mir schaut sie schüchtern lächelnd zu mir hoch.
Ich beuge mich zu ihr herunter und fahre zart durch ihr Haar.
„Gutes Mädchen,“ lobe ich sie. „Gutes Mädchen.“
Dann richte ich mich wieder auf und sage:
„Eine Hündin kann eigentlich nicht sprechen. Wir sind nicht bei Doktor Doolittle. Trotzdem kann dir jetzt zu Beginn einiges auf der Seele brennen, das raus muss. Dann frag einfach, wenn wir unter vier Augen sind, ‚Darf ich etwas sagen, oder fragen’ und ich erlaube dir, kurzfristig aus deiner Rolle zu gehen! Im Normalfall sprichst du nonverbal mit mir, wie eine Hündin das so tut, durch Gestik und Mimik. – Das heißt nicht, dass du mit den Händen herum fuchteln sollst.“ Ich grinse. „Sondern dein ganzer Körper spricht und drückt deine Gefühle aus! Du reibst deine Wange an meinem Bein, streichst mir um die Beine, bringst mir etwas… Es gibt so viel, was eine Bedeutung bekommt, in dem Augenblick, in dem du es tust!“
Sie senkt zustimmend den Kopf und ich gehe zur Sitzgruppe. Dorthin folgt sie mir und legt sich an meine Füße, als ich mich setze und ein Buch vom Couchtisch nehme. Diesen kleinen Test hat sie bestanden. Nun hat sie heute aber lange im Zug gesessen und etwas Bewegung tut ihr sicherlich gut. Also stehe ich nach etwa einer Viertelstunde wieder auf und gehe zur Verandatür. Ich ziehe die Schiebetür zur Seite und trete nach draußen.
Von dort schaue ich zurück. Gigi hat sich auf die Hände aufgestützt und schaut aufmerksam zu mir herüber. Also sage ich:
„GIGI, ZU MIR!“
Sie steht auf, kommt zu mir und berührt mit ihrer Flanke meinen Oberschenkel. Dabei schaut sie schüchtern lächelnd zu mir auf.
„Als Hündin, musst du sogenannte Hundetricks beherrschen. Das heißt, ich bringe dir bei, auf Kommandos prompt zu reagieren. Das bedeutet, dass du mir voll vertraust und nicht vorher überlegst, ob die Ausführung des Kommandos einen Sinn macht. Zwei kennst du ja nun schon: GIGI bedeutet, ‚ich muss aufmerksam sein, ich bin gemeint.’ Und ZU MIR bedeutet ‚komm her’ und wird gebraucht, wenn ich irgendwo stehe, liege oder sitze, also in Ruhe bin. Ein ähnlich gelagertes Kommando ist BEI FUSS. Das bedeutet ebenfalls ‚komm zu mir’, wenn ich in Bewegung bin. Es beinhaltet also auch ‚Bleib an meiner Seite’.“



Giselle (8)
Nun reiche ich ihr ein Papiertaschentuch und hole einen kleinen Plastikbeutel aus der Jackentasche, für das feuchte Papier. Sie reinigt sich und schließt die Hose wieder.
„Wie war’s?“ frage ich lächelnd.
„Mir ist das Herz in die Hose gerutscht. Ich habe bestimmt den Puls eines Marathonläufers,“ übertreibt sie.
„Ach, Gigi,“ lache ich sie an. „Daran wirst du dich gewöhnen!“
Am späten Mittag sind wir wieder zurück und ich koche uns etwas. Gigi schaut mir dabei über die Schulter und macht kleinere Handreichungen. Am frühen Nachmittag haben wir schließlich Mittag gegessen.
Ich gehe hinüber zur Sitzgruppe und schiebe eine DVD in den Player. Dann starte ich das TV.
„Was ist das für ein Film?“ fragt Gigi.
„Es dreht sich darin um eine junge Frau, die in Tokio als Hündin lebt. Schau einfach mal zu und sag mir nachher, welche Eindrücke du hattest. Bedenke aber, dass das keine Anleitung für uns sein soll!“
Es dämmert schon, als der Film endet. Ich sage zu Gigi:
„Du hattest den Film ‚Die Geschichte der O’ angesprochen, und ich habe dir bestätigt, dass es diesen Lebensstil gibt. Wie er gelebt wird, kommt auf das jeweilige Paar an, da es einvernehmlich bleiben muss! Dann glaube ich, es gibt Menschen, die sich Sklave nennen, ohne es innerlich zu sein. Sie haben Angst, die Grenze zum TPE zu überschreiten, zur ‚totalen Machtübergabe’. Der Gedanke, dass jemand die volle Kontrolle über dich hat, ist für sie ziemlich beängstigend. Wenn du den richtigen Dom oder Owner findest, wirst du sehen, es ist gar nicht so schwer.“
„Aber dafür muss man wirklich den richtigen Halter finden, als Hündin. Und das ist wie die Suche nach der Stecknadel im Heuhaufen!“
„Richtig, aber es kommt auf die richtige Methode an, Gigi. Du hast mich im Chat kennen gelernt. Der virtuelle Kontakt reicht bei weitem nicht, den richtigen Hundehalter zu finden! Der persönliche Kontakt Aug in Aug fehlt noch. Nur wenn du bei einem solchen Treffen ‚auf dein Herz hörst’, also was dein Gefühl dir sagt, triffst du die richtige Entscheidung!“
„Ein Restrisiko bleibt trotzdem: Man kann keinem Menschen hinter die Stirn gucken. Welche Beweggründe hat mein Gegenüber? Was fasziniert ihn so an der ‚Hundehaltung’? Man muss fragen, und dann doch rational entscheiden. Und wenn der Gegenüber unehrlich ist, hat man wieder die ‚Arschkarte’ gezogen…“
„Risiken findest du in allen Lebensbereichen, Gigi. Ohne Risiko ist KEIN Leben möglich!“
„Hmmm.“
„Als ich den Film THE PET das erste Mal sah, musste ich lange darüber nachdenken. Was wäre das für ein Leben, wenn ich ein human Doggie besitzen würde. Der echte Hund - wie ein Doggie - hat keine Wünsche, außer den elementaren, wie zufrieden zu leben, Zuwendung zu erhalten. Der echte Hund - wie ein Doggie - braucht sich um nichts kümmern. Die Doggie wie der echte Hund ist gehorsam und sehr gelehrig. Doggie wie der Hund will nicht bestimmen.
Manchmal haben sie Fragen in ihrem Kopf, machen sich über etwas Sorgen, aber der Owner kümmert sich darum und zerstreut die Sorgen.
Der Owner lässt sein Doggie ihre Meinung äußern und es wird darüber gesprochen. Er erlaubt es, das Doggie ihre Meinung äußert, um ein Problem oder eine Sorge aus ihrem Kopf oder Herz heraus zu bekommen. Wenn der Owner es nicht zuließe, könnte es zu einem Zusammenbruch der Kommunikation kommen, der die Beziehung letztendlich zerstören würde. Das beginnt damit, dass die emotionale Nähe zwischen Owner und Doggie an Tiefe verliert.“
„Und du bist so ein Owner, wie du gerade beschrieben hast?“
„Ja,“ sage ich einfach. „Zugegeben, so viele Menschen es gibt, so verschieden sind auch die Charaktere. Also sind auch die Owner grundverschieden und entsprechen nicht zwingend der Beschreibung.“
„Das stimmt. Egoismus ist heutzutage cool. Dominanz, gepaart mit Egoismus, ist besonders cool. Mich an jemand anzulehnen, bedeutete bisher, vereinnahmt und ausgebeutet zu werden…“
„Deinen Ex kannst du nicht dominant nennen. Wenn er das von sich behauptete, hatte er etwas falsch verstanden, Gigi. Wir alle leben natürlich, wie wir leben wollen. Wir haben verschiedene Möglichkeiten und Bedürfnisse. Viele Devotas sind unsicher in ihrem Leben, nicht alle, aber viele. Manch eine braucht eine gewisse Konstanz und Struktur, die sie beim Owner suchen und finden. Das gibt ihnen ein Gefühl der Sicherheit, ihr chaotisches Leben hat ein Ende.
Sie wissen, dass sie geliebt werden, dass man sich ihrer und ihren Problemen annimmt. Im Gegenzug bekommt der Owner alles, was er will, von dem er weiß, es wird ihr nicht schaden.“
„Geben und Nehmen…“
„Ja klar! Das ist der Motor aller Beziehungen, der normalen, wie der Beziehungen mit Machtgefälle!“
Sie lehnt sich an meine Schulter und schließt die Augen. Ich mag diesen Moment nicht stören und lasse sie gewähren. Nach einiger Zeit sage ich mit leiser Stimme:
„Nur sehr wenige verstehen wirklich, wie tief eine Beziehung mit Machtgefälle ist. Die meisten, die unterwürfig sein wollen, verstehen nicht wie jemand freiwillig so viel geben kann, wie jemand als TPE leben und glücklich sein kann. Der Teil des Films eben, als der Owner mit seiner Doggie apportieren spielte, erregte mich sehr. Das ist grenzenloses Vertrauen! Das ist gleichzeitig Verpflichtung und Verantwortung für den Owner!!“
Nach ein paar Minuten antwortet sie: „Einen Owner zu gewinnen, der ein Freund ist, der zuhört, da ist... sanft, voller Verständnis und Interesse... statt nur herum zu kommandieren, und der sich auch einmal als Mensch zeigt, sich mir so anvertraut und zeigt, wie er ist und empfindet... das wäre mein großes Glück und wird es wohl immer mehr!“
Als wir vom Gespräch über den Film schließlich müde werden, ist es schon dunkel draußen. Wir verbringen wieder eine himmlische Nacht miteinander und bleiben am Sonntagmorgen noch lange im Bett liegen. Ich bringe das Frühstück auf einem Tablett mit herausklappbaren Füßen ins Bett und stelle es später daneben. Dann gehen wir gemeinsam duschen und schließlich fahre ich Gigi zum Zug.

*



Giselle (7)
Ich antworte ihr: „Heute machst du noch Urlaub hier, wie versprochen. Morgen bringe ich dich wieder zum Zug. Beim nächsten Kurzurlaub bringst du BOOMER mit und dann machen wir das!“
„Okay, Peter, das ist gut.“
Sie stellt ihre Tasse ab und legt das Frühstücksmesser auf ihr Brettchen. Dann schaut sie mich wieder an. Sie fragt:
„Wie siehst du eigentlich deinen Part bei dem Experiment?“
„Überlege mal: was muss ein Mensch mitbringen, charakterlich und so, wenn er sich entschließt, ein Tier aus dem Tierheim oder vom Züchter zu sich nach Hause zu holen?“
„Naja, er muss sich das Tier leisten können in Unterhalt, Arztkosten, Versicherungen, Steuern. Dann muss er bereit sein, Zeit mit dem Tier zu verbringen, sich mit ihm zu beschäftigen.“
„Richtig, GIGI. Er übernimmt damit eine Verpflichtung. Es muss ihm Spaß machen, Pflichten zu übernehmen. Er hat damit eine große Verantwortung. Schließlich handelt es sich um ein lebendes Wesen. Er muss bereit sein, Verantwortung zu tragen – und nicht das Tier sich selbst überlassen. Er muss sich kümmern und sorgen. Das liegt nicht jedem!“
„Mein Freund zum Beispiel…“
„… ist ein Scheißkerl und Schmarotzer!“ ergänze ich den angefangenen Satz.
Sie nickt unmerklich.
„Und was ist nach deinem Verständnis mein Part?“
„Versuche einmal BOOMER zu charakterisieren.“
„Hm, er hatte schon einen eigenständigen Charakter. Wenn er nicht wollte, wollte er nicht. Aber er kam regelmäßig, um sich seine Streicheleinheiten abzuholen – und er kam, wenn er sah, dass ich Aufmunterung brauchte.“
„Tiere spüren so etwas. Sie haben einen sechsten Sinn, sagt man. Tiere sind ‚Gefühlsmenschen’. Du kannst deine Gefühle vor anderen Menschen verstecken, aber nicht vor Tieren. Sie können unsere nonverbale Kommunikation, die Gestik und Mimik lesen. So kommunizieren sie auch untereinander.
Wenn Hunde und Katzen sich mal in die Haare geraten, dann nur weil eine Katze kein Hündisch kann und umgekehrt, soweit sie nicht zusammen aufwachsen. Sie missverstehen dann die Situation.“
„Und wie ist das bei Hunden? Ich soll ja nicht deine Katze spielen…“
„So verschmust wie eine Katze darfst du ruhig sein, Gigi. Wärst du nur Hündin, dann dürftest du zum Beispiel nicht in mein Bett. Sex wäre tabu.“
„Sex ist sehr wichtig für mich, für ein ausgeglichenes Seelenleben!“
„Halt, Gigi. Sex kann auch instrumentalisiert werden. Sex als Selbstzweck ist nicht gut, sondern die Gefühle, die Sex mit sich bringen, sind das wichtige Element. Es muss ein starkes emotionales Band zwischen uns entstehen, das jeden von uns beiden den Anderen vermissen lässt, wenn er nicht da ist! Verwechsele beides nicht! Denk auch nicht, wenn der Sex stimmt, kommt die Liebe automatisch…“
„Das meine ich ja.“
„Überlege mal, liebt dein Freund mehr den Alkohol als dich? Holt er sich bei dir nur seine Befriedigung, oder ist da mehr dahinter?“
„Mein EX!! Anfangs dachte ich ja, er liebt mich. Aber wenn ich darüber nachdenke, liebt er nicht mich, sondern nur meinen Körper. Und das kann er sich genauso woanders holen…“
„Ein Hund liebt sein Herrchen oder Frauchen auf rein emotionaler Ebene. Sex spielt in dieser Beziehung keine Rolle. Nun wirst du aber eine menschliche Hündin sein, und da muss man eben einige Besonderheiten beachten. Du wirst deine Emotionen nicht mehr verstecken, sondern herauslassen in dem Moment, in dem du sie fühlst. Du lebst deine Emotionen in Echtzeit, im Jetzt. Vergangenheit ist für dich nur insoweit von Bedeutung, weil deine Persönlichkeit aus der Summe deiner Erfahrungen und Erlebnisse besteht. Die Zukunft hat für dich keine Bedeutung. Du lebst im und für den Augenblick.
Dabei ist die Hündin immer neugierig, überall mit der Nase und den Augen dabei. Sie ist glücklich, wenn der Herr ihr seine Zuwendung schenkt und will den Herrn nicht enttäuschen. Das erfordert ein hohes Maß an Vertrauen.“
„Du kannst dir nicht vorstellen, mit jemand Sex zu haben, den du nicht liebst?“
Sie schaut erwartungsvoll.
„Ich kann mir nicht vorstellen, mit jemand Sex zu haben, den ich nicht mag! Wenn das auf die gleiche Intention trifft, wird daraus schnell Liebe!
Sex zu instrumentalisieren, um damit irgendein Ziel zu erreichen, liegt mir fern! Das käme mir nie in den Sinn!“
„Du bist richtig,“ entfährt es ihr. Sofort lächelt sie verlegen.
„Wenn du magst, komm mit. Ich mache gleich meinen Rundgang,“ sage ich.
Inzwischen haben wir den Frühstückstisch abgeräumt. Ich ergänze, weil sie mich fragend anschaut:
„Ich gehe mit einer Farbsprühdose durch den Wald und markiere Bäume, die gefällt werden sollen. Danach richten sich die Waldarbeiter. So braucht der Waldbesitzer diese Tour nicht selbst zu machen.“
„Ah.“
Ich ziehe mir festes Schuhwerk und eine Jacke in der Garderobe an. Dann gehe ich los. Gigi begleitet mich und beobachtet interessiert mein Tun.
Nach einiger Zeit schaut sie sich unruhig um, so dass ich sie fragend ansehe.
„Ich muss mal.“
„Hier findest du weit und breit kein Herzhäuschen oder so etwas ähnliches, Gigi. – Wie wäre es? Ein kleiner Test! Setz dich doch einfach dort an den Baum. Hose runter, mit einer Hand abstützen und laufen lassen…“
„Du bist nicht ganz bei Trost!“
„Warum nicht? Weil ‚man’ so etwas nicht tut? Die westliche Moral verbietet so vieles! Dein Körper signalisiert dir ‚Blase voll’, also solltest du sie leeren. Kompromisslos!“
„Wie, wenn du mit mir Gassi gehst…“
„Wie, wenn ich mit dir Gassi gehe,“ bekräftige ich ihre Aussage.
Ein letzter Rundblick noch, dann öffnet sie den Hosenbund und zieht sie sich runter. Den Slip noch, dann hockt sie sich breitbeinig hin. Ich schaue desinteressiert in die Runde. Schließlich kommt sie wieder hoch.



Giselle (6)
Gigi beginnt gedankenverloren mit der Tischdekoration zu spielen.
Dabei sinniert sie gedämpft: „Ein menschliches Haustier… Was für ein interessantes Konzept.“
Inzwischen ist es dunkel geworden. Ich stehe auf und räume den Tisch ab. Dann sage ich:
„Es ist schon spät. Wir sollten uns zurückziehen. Morgen ist auch noch ein Tag, GIGI.“
„Ich bin aber noch gar nicht müde!“
Ich muss breit grinsen.
„Wer mault denn da?“
Sie zieht einen Schmollmund.
„Was hast du denn für Musik im Haus?“
‚Okaayyy,’ denke ich und zeige ihr die Schubladen mit meinen CDs. Ich habe neben der Sitzlandschaft den Nachbau einer alten Musikbox stehen. Sie nimmt eine CD mit Kuschelrock und fragt:
„Wo schiebe ich die rein?“
Sie gibt mir die CD und ich schiebe sie in den Player in der Musikbox. Sie setzt sich in die Polster und ich setze mich einen halben Meter neben sie.
Nach den ersten Takten der Musik streift sie die Schuhe aus und hebt die Füße auf das Polster. Dabei kommt sie mir näher und wenige Takte später liegt ihr Kopf auf meinem Oberschenkel.
Wieder beginne ich sanft in ihren Haaren zu spielen und streiche mit der Fortdauer der Musik über ihre obenliegende Wange und Schulter. Sie genießt es mit geschlossenen Augen. Minuten später richtet sie sich auf und zieht sich ihr Top aus. Dann folgt die Hose. Nun nur noch in Slip und BH legt sie sich wieder zurück auf meinen Oberschenkel.
Ich nehme die Einladung insoweit an, dass ich mit den Fingern auf ihrer obenliegenden Körperhälfte sanft streichelnd auf Entdeckungsreise gehe. Schließlich zuckt sie zusammen und lacht.
„Kitzlig?“ frage ich, ebenfalls lachend.
Sie schaut mich mit einem besonderen Blick an. So vertraut, so… verliebt…
Ich stehe auf und frage: „Magst du mit mir hinüber in MEIN Schlafzimmer kommen?“
Sie setzt sich ebenfalls auf. Ihr Blick verspricht vieles. Ich halte ihr meine Hand hin, die sie ergreift und sich daran hochzieht. Ich ziehe sie an mich und sie lässt es zu, dass ich ihr einen sanften Kuss auf die Nasenspitze setze.
Arm in Arm gehen wir ins Schlafzimmer und lassen die Türen offenstehen, damit die kuschelige Musik bis ins Schlafzimmer dringen kann. Dort setze ich mich auf das Bett und ziehe sie mit. Sie fällt auf die Matratze und dreht sich lachend auf den Rücken…

*

Am Morgen des nächsten Tages werde ich von der Sonne geweckt. Ich drehe mich zur Seite und sehe den Platz neben mir leer. Mich aufsetzend vernehme ich Besteck klappern in der Küche. Also stehe ich auf und gehe ins Bad.
Ich bin fast fertig, als die Tür aufgeht und Gigi den Kopf hereinstreckt.
„Ah, hier bist du. Ich habe mir erlaubt, deine Küche zu benutzen. Schlimm?“
Sie schlüpft herein und schlingt mir ihre Arme um den Hals. Ich gebe ihr einen Kuss.
„Schlimm? Nein. Das war eine wunderschöne Nacht, Gigi!“
„Das finde ich auch. Magst du frühstücken kommen?“
Ich nicke und folge ihr zum Essplatz. Wir frühstücken zusammen. Wieder füttere ich Gigi zwischendurch, indem ich ein Brötchen an der Ecke mit Belag bestreiche und sie abbeißen lasse. Dabei blinzele ich ihr schelmisch zu.
Lachend nimmt sie das Angebot an und beißt ab. Sie fragt:
„Ich habe mir das eben noch einmal durch den Kopf gehen lassen, das Experiment. Gesetzt der Fall, mir würde es Spaß machen, deine Hündin zu sein – was würde das bedeuten?“
„Das bedeutet Hingabe! Du brauchst keine Angst haben. Pflanzen und Tiere brauchen viel Pflege. Das hast du ja selbst erfahren durch BOOMER. Für die Dauer des Experiments bräuchte ich deine totale Hingabe. Eine Hündin ist stets neugierig, überall mit Augen und Nase dabei. Sie braucht die Zuwendung ihres Herrn!
Wir werden das Hauptaugenmerk auf das Training richten. Du darfst nicht vorzeitig aufgeben! Vielleicht musst du vieles tun, was du bisher noch nie gemacht hast. – Und: Du wirst nackt sein!“
Gigi antwortet mit zweifelnder Miene: „Nackt? Das macht mich nervös.“
„Kribbelig,“ antworte ich lächelnd. „Auch ich bin kein toter Stockfisch. Mir wird es ähnlich gehen.“
„Ich weiß,“ sagt sie mit einem in die Ferne gerichteten Blick.
„Wenn du wie meine Hündin behandelt wirst und ich meine Zeit zum Großteil damit verbringe, dich zu trainieren, dir Zuwendung zuteil werden zu lassen, mich um dich kümmere und sorge, wird dir Nacktheit unwichtig sein.“
„So wie Kessi?“
„Interessiert dich das Experiment?“
„Deine O zu sein? Deine Hündin?“
Sie lacht mich an.
„Du nimmst die Sache nicht ernst genug…“ meine ich. „Ab einem gewissen Punkt wirst du dich wie der glücklichste Mensch auf Erden fühlen. Keine Alltagssorgen mehr!“
„Okay, aber wieso nackt?“
„Tiere tragen keine Textilien…“ entgegne ich.
Sie frühstückt eine Zeitlang stumm, dann schaut sie wieder auf.
„Ich habe dich sehr gern, Peter! Und ich bin auch gerne hier. Schon jetzt scheinen meine Probleme Lichtjahre entfernt zu sein! – Ach, was soll’s, ein langes Wochenende werde ich das bestimmt aushalten, und danach um eine Erfahrung reicher!“