Giselle (29)
„Niemand ist perfekt, und wir haben kein Becken am Haus,“ ergänze ich, während ich den Blick zu seinem Becken neben der Veranda richte.
„Dann los!“ fordert Michelle Markus auf. „Zeig‘ uns, was deine TAPS drauf hat!“
„Kein Problem,“ erwidert Markus lächelnd und ergänzt: „TAPS, BEI FUSS!“
Wir gehen zum Becken an der Hausecke. Markus‘ Doggie begleitet ihren Herrn. Beim Becken angekommen, wirft er den Kunststoff-Knochen ins Becken und sagt HOL.
Taps atmet tief ein, springt ins Wasser und taucht nach dem Gegenstand. Sie greift ihn mit der Hand und taucht auf. An der Wasseroberfläche steckt sie sich den ‚Knochen‘ in den Mund und schwimmt zur schmalen Treppe an der Seite des Beckens, indem sie Arme und Beine wie ein Vierbeiner bewegt. An der Treppe angekommen, krabbelt sie auf allen Vieren aus dem Wasser, schüttelt sich auf der Veranda und lässt den ‚Knochen‘ vor Markus‘ Füssen fallen.
Michelle klatscht und auch ich bin beeindruckt.
„Dann ist jetzt wohl die Reihe an mir,“ sagt Michelle.
Wir schauen sie erwartungsvoll an. Sie schaut Chico an, hebt den Zeigefinger und sagt: „CHICO!“
Ihr Doggie schaut erwartungsvoll zu seinem Frauchen hoch und setzt sich auf die Fersen, denn der erhobene Zeigefinger ist das nonverbale Kommando für SITZ.
Dann hebt sie die flache Hand an, mit den Handflächen nach oben und sagt MÄNNCHEN. Chico kommt in die Senkrechte, steigt mit weit gegrätschten Beinen bis er nur noch auf den Fußballen steht und hebt die Fäuste in Schulterhöhe, seine Ellenbogen am Körper. Immer noch fixiert CHICO sein Frauchen.
Michelle sagt nun: „Guter Junge!“ und beschreibt mit dem Zeigefinger einen waagerechten Kreis. Sofort beginnt Chico, sich in der Position MÄNNCHEN zu drehen wie ein Tanzbär.
Nach zwei vollen Drehungen sagt sie PLATZ und zeigt Chico ihre flache Hand. Chico lässt sich auf Fäuste und Zehen in SITZ-Stellung sinken und knickt in den Ellenbogen ein. Er geht übergangslos in die PLATZ-Stellung.
Nun sagt Michelle ROLL und beschreibt mehrere senkrechte Kreise mit dem Zeigefinger. Chico, immer sein Frauchen fixierend, dreht sich nun auf den Platten der Veranda in der gleichen Geschwindigkeit und Richtung, mit der Michelle ihren Zeigefinger kreisen lässt.
Sie geht neben Chico in die Hocke und massiert ihm ungeniert den Unterleib, während sie ihn lobt. Chico reibt glücklich lächelnd seine Wange an ihrem Unterschenkel. Dabei sagt sie:
„Das ist nur ein kleines Repertoire, noch ausbaufähig. Damit wollen wir bald beim Dog-Dancing glänzen!“
Wir schmunzeln und Markus, der TAPS in der Zwischenzeit mit einem Frotteetuch trocken gerubbelt hat, sagt:
„Kommt, ich denke, es ist Zeit für das Abendessen.“
Wir gehen ins Haus zurück, wo in der Zwischenzeit ein Tisch gedeckt worden ist. Wir setzen uns. Unsere Doggies machen neben uns SITZ. Dann verteilt Markus Suppe aus einer großen Terrine. Eine dunkelhäutige Schönheit in halbdurchsichtigem Outfit bringt gleichzeitig drei Näpfe, die sie den Doggies neben uns vor die Nase stellt.
Ich kann mir ein Kommentar nicht verkneifen.
„Du stehst wohl auf dunkelhäutige Schönheiten.“
Markus grinst.
„Warum nicht? Marilena stammt aus der Karibik. Sie ist wirklich exquisit!“
„Eine Ebony und eine Asia, dazu diese einsame Villa… Der Unterhalt ist sicher nicht von schlechten Eltern,“ grinse ich zurück.
„Nun, man tut, was man kann. Ich bin in der glücklichen Lage, einige Firmenanteile zu besitzen,“ sagt Markus.
„Da kann ein einfacher Künstler nicht mithalten,“ stelle ich fest.
„Wenn ich da an die allgemeine Landflucht denke,“ entwickele ich einen Gedanken, während Marilena die Teller und die Terrine abräumt. Sie bringt den Hauptgang. Ich sehe mit Genugtuung, dass es das Gleiche ist, was die Doggies in den Näpfen serviert bekommen haben.
„…kommt mir die Idee, dass wir entweder einen verlassenen Ort wiederbeleben könnten, indem wir Dogplayern anbieten zusammen dorthin zu ziehen, oder eine eigene Siedlung gründen, indem wir zum Beispiel rund um dieses Anwesen weitere Anwesen errichten.“
„Hm,“ macht Markus da. „Ein faszinierender Gedanke, wenn Gleichgesinnte beieinander wohnen. Aber praktisch kaum durchführbar…“
Nach einer Gedankenpause redet er weiter:
„Alte Anwesen den Erben abkaufen, die den Arbeitsplätzen in die Stadt gefolgt sind, ist einfacher als die Bebauungspläne der Gemeinde zu ändern, auf deren Gemarkung diese Ländereien liegen. Außer man baut einen großen Gutshof zu einer kleinen Siedlung um, was aber nicht billig ist.“
„Du könntest dein Geld in das Projekt stecken und renovierte Häuser an Dogplayer vermieten. Dabei kannst du dann auch die Leute aussuchen, mit denen du dich umgeben willst. Gleichzeitig bist du so etwas wie der Bürgermeister der Siedlung…
Natürlich müssen die Dogplayer am Ort ein Auskommen finden. Etwas, womit sie ihren Lebensunterhalt bestreiten können. Man könnte ihnen eine Beratung anbieten mit anschließendem Coaching, sich selbständig zu machen mit Tätigkeiten, die allen angesiedelten Dogplayern zugutekommt, mit der Möglichkeit weitere Kunden im Umland zu versorgen und so den Umsatz zu steigern.“
„Du bringst mich da auf eine Idee… Ja, tatsächlich! Die Idee hat was…“
Schließlich serviert Marilena den Nachtisch und wir sitzen noch lange diskutierend beieinander. Auch Michelle scheint von der Idee angetan zu sein, warnt aber vor zu großem Optimismus.
„Petplay an sich, und Dogplay im Besonderen ist in Deutschland nicht sehr verbreitet. Anders als in den englischsprachigen Ländern der nördlichen Hemisphäre – und Japan…“ ergänzt sie mit Blick auf TAPS. „Und von den heimischen Dogplayern muss man erstmal welche finden, die sich rund um die Uhr mit anderen zusammentun wollen!“
„Das ist nicht falsch gedacht,“ meine ich. „Aber deshalb die Hand in den Schoß sinken lassen und den Status quo beibehalten, dass wir jedesmal Tagesreisen machen müssen, um andere Dogplayer zu treffen?“