Giselle (11)
Ich nehme einen neuen Schokochip aus der Schüssel und bewege ihn vor ihr nach unten, indem ich mich vorbeuge. Gigi folgt meiner Hand mit dem Mund, wobei sie ihre Ellenbogen beugt, bis sie flach auf dem Boden liegt. Jetzt stecke ich ihr den Schokochip zwischen die Lippen, sage gleichzeitig PLATZ und mache mit der flachen Hand eine Abwärtsbewegung.
„Damit dir nicht die Gelenke einschlafen, wenn du länger in der Stellung PLATZ verharrst, darfst du selbständig die Gliedmaßen ausstrecken, oder neben den Rumpf legen, wenn du ein Kribbeln spürst, aber nicht aufstehen!“ erkläre ich ihr.
Nach einer kurzen Pause, als sie sich zu regen beginnt, sage ich zu Gigi:
„Das nächste Kommando nun, heißt BLEIB. Wenn du also mit den Kommandos SITZ oder PLATZ und/oder den entsprechenden Handzeichen einen Platz eingenommen hast, zeige ich dir die offene Handfläche und sage BLEIB. Dann gehe ich weg und tue etwas. Bleibst du wirklich an deinem Platz ohne aufzustehen und herumzulaufen, dann erhältst du, wenn ich zu dir zurückkomme, wieder eine Belohnung.“
Sie nickt und senkt bestätigend, mit lächelnder Miene, den Kopf. Ich fühle, dass ich eine Erklärung hinterherschicken sollte und sage deshalb:
„Stehst du zwischendurch auf, wirst du dafür nicht bestraft. Du bist für mich ein fühlendes Wesen und dir sind vielleicht die Glieder eingeschlafen… Wenn ich also zu dir zurückkomme und du begrüßt mich stehend, dann hörst du einfach wieder das Kommando zum Hinsetzen oder Hinlegen und ich übe das Ganze noch einmal. Du wirst mich dabei schon informieren - verbal oder nonverbal - dass dir die Glieder eingeschlafen sind oder dir langweilig wurde oder was auch immer.“
Sie fragt: „Darf ich sprechen?“
„Aber ja,“ antworte ich ihr. „Jetzt zu Anfang, wenn dir noch so vieles unklar ist, wirst du öfter etwas auf dem Herzen haben. Dann immer raus damit – wenn wir unter vier Augen sind!“
„Keine Bestrafung für die Eigenmächtigkeit?“ platzt es aus ihr heraus.
Ich streiche ihr beruhigend durchs Haar.
„Warum? Du bist doch keine Marionette, die es gewagt hat, die Fäden, an denen sie hängt, zu missachten! Du bist ein fühlendes Wesen, auf dessen Gefühle ich Rücksicht nehme! Etwas anderes ist es, wenn ich mir fortgesetzt Mühe gebe und du hinter meinem Rücken ständig etwas anderes machst. In gewissem Rahmen ist das ja tolerabel, aber irgendwann muss ich mir dann schon sagen, dir fehlt es an Engagement, deine Rolle auszufüllen. – Und mich fragen, ob eine Trennung nicht angebracht wäre…“
„So schnell trennst du dich von mir? Eigeninitiative zu zeigen, ist nicht erwünscht?“
Gigi macht eine enttäuschte Miene.
„Aber ja doch, Gigi!“ rede ich weiter. „Eigeninitiative in der Rolle, beim Ausfüllen der Rolle ist sehr wohl erwünscht! Nur einen ständigen Machtkampf führen, wer von uns beiden nun das „Alphatier“ ist, dich ständig bezwingen zu müssen, das liegt mir nicht! Wenn so etwas vorkommt, zeige ich dir mein Missfallen schon! Nur eben nicht durch anbrüllen und schlagen, sondern eher nonverbal durch einen traurigen Gesichtsausdruck und indem ich dich kurze Zeit ignoriere, dir meine Zuwendung entziehe!“
„Das empfinde ich schlimmer als die Peitsche! Da würde ich lieber geschlagen werden!“
„Findest du? Engagiere dich halt als Doggie, dann passiert das nie!“ antworte ich.
Sie brummt: „Hmm…“
Nach einigen Minuten Stille mache ich im Training weiter. Ich sage:
„Das nächste Kommando kennst du auch schon. Es ist das Heranrufen mit ZU MIR. Kommst du sofort zu mir, indem du unterbrichst was du gerade tust, erhältst du deine Belohnung. Das sollte auch funktionieren, wenn du mich nicht siehst, sondern nur hörst.“
„Gut, und was dann?“ fragt sie mich.
„Für das nächste Kommando ist es notwendig, dass du einen ruhigen Platz in der Wohnung hast - mit einer Decke, einem Kissen, einem weichen Fell oder einem entsprechend großen Hundekorb. Damit du zur Ruhe kommst, sage ich je nachdem, was zur Verfügung steht DECKE, KISSEN, FELL oder KÖRBCHEN.
Du sollst nun dorthin gehen, dich ablegen und dort bleiben. Es ist also – so gesehen – ein Kombikommando.“
Sie schaut sich um. Natürlich habe ich ihr bisher noch keinen solchen Platz eingerichtet. Das hole ich sofort nach. Ich habe noch ein altes Kissen im Schrank. Ich gehe also ins Schlafzimmer und hole es. Auf meinem Rückweg ins Wohnzimmer sehe ich, dass sie mir neugierig gefolgt ist. Ich schmunzele und sage:
„Das zuletzt geübte Kommando hieß PLATZ!“
Sie schaut mich mit großen Augen an.
„Die Kommandos danach, BLEIB, ZU MIR, KISSEN, waren keine Übungen, sondern Infos.“
Sie beugt die Ellenbogen, kommt dann aber wieder hoch als ich mit dem Kissen in der Hand an ihr vorbeigehe und streicht mir um die Beine. Im Wohnzimmer lege ich das Kissen neben den Kamin in eine Ecke und sage dann KISSEN. Sie geht dorthin und macht selbständig PLATZ darauf. Also lobe ich sie wieder:
„Gutes Mädchen, Gigi, bist ein gutes Mädchen!“
Es dämmert draußen schon. Ich schaue auf die Uhr und stoppe das Training.
„Oh,“ sage ich. „Es ist doch schon reichlich spät heute. Draußen wird es langsam dunkel. Gut, dann machen wir eben Morgen weiter.“
Ich sage nun BEI FUSS zu ihr und gehe ins Bad. Sie folgt mir an meiner Seite. Dort ziehe ich mich bis auf den Slip aus und wasche mich. Dann nehme ich ein Gästetuch, mache es unter dem Wasserhahn nass und verteile etwas flüssige Seife darauf. Damit beuge ich mich zu Gigi hinunter und massiere sie mit dem Tuch von Kopf bis Fuß. Danach wasche ich das Tuch aus, bis kein Schaum mehr entsteht und wasche ihr den Seifenschaum vom Körper. Schließlich hülle ich sie in ein Badetuch und rubbele sie zärtlich trocken.
Nun klopfe ich leicht auf den Deckel des WCs und sage AUF. Sie scheint aus einem Tagtraum zu erwachen, so schaut sie zu mir auf. Dann krabbelt sie hin und steigt mit den Vorder’pfoten’ auf den WC-Deckel. In der Zwischenzeit habe ich ihre Zahnbürste von der Ablage genommen, unter dem Wasserhahn angefeuchtet, etwas Zahnpasta darauf getan und putze ihr nun vorsichtig die Zähne. Dann tupfe ich ihren Mund trocken und verlasse das Bad in Richtung Schlafzimmer mit einem Seitenblick auf Gigi und einem BEI FUSS.