Dienstag, 8. September 2020
Yamato Meinu - 11
Ich stelle die Schüsseln und die Schale mit Sushi zwischen uns mittig auf den Tisch und drei Teeschälchen mit einer gefüllten Kanne an den leeren Platz. Als ich mich neben Jason niedergelassen habe, spricht dieser meinen Dad an:
„So, dann wünschen wir dir ‚Guten Appetit!‘ Greif zu.“
Gleichzeitig füllt Jason eine Schale und stellt sie vor mich. Er schaut mich dabei verliebt an und sagt:
„Guten Appetit, Schatz!“
Erst jetzt füllt er seine übriggebliebene Schale und beginnt ebenfalls zu essen. Kurz darauf hält er inne und startet mit der Fernbedienung die Musikanlage. Prüfend schaue ich ihn an, aber er schüttelt nur verhalten den Kopf. Ein Tanz zum Essen ist also nur ihm vorbehalten, nur wenn wir zu zweit sind.
Nach einiger Zeit sagt Dad:
„Euer Koch ist eine Koryphäe! Es schmeckt vorzüglich! So oft gehe ich ja nicht japanisch essen, aber wenn das wieder einmal vorkommen sollte, bringe ich bestimmt ein paar Bekannte hierher mit!“
„Aber denke daran, Dad,“ werfe ich ein, „wir brauchen in der Anfangsphase jeden Cent. Wenn du also Leute anschleppst, sollten sie ihr Portemonnaie nicht vergessen!“
Daddy lacht und meint:
„Okay, ich werde daran denken!“
Nach dem Essen fachsimpeln die beiden Männer, während ich ihnen eine Chanoya- Teezeremonie- vorführe. Sie beginnt, indem sich alle die Finger reinigen. Dazu stehen die Wasserschalen neben den Sitzplätzen. Nun reiche ich Süßspeisen herum, die den bitteren Geschmack des Tees mildern sollen.
Danach verteile ich den dicken Bodensatz auf Teeschalen und gebe ihn zuerst Dad, dann Jason. Jason stellt seine Schale an meinen Platz und nimmt mir dann die dritte Schale ab.
Inzwischen hat Dad an seiner Teeschale genippt und spuckt nun. Jason erklärt:
„Das ist der Bodensatz oder Koicha. Der ist von der Konsistenz eher so, dass man ihn isst. Keine Sorge, Tee ist gesund!“
Er macht Dad vor, wie man ihn zu sich nimmt. Daddy versucht es, stellt dann aber doch die Teeschale zur Seite.
Anschließend serviere ich den Usucha. Das ist der dünne trinkbare Tee.
Daddy bemerkt grinsend dazu:
„Ich glaube beinahe, ich habe eine Japanerin aufgezogen!“
„Nein,“ meint Jason schmunzelnd, „du hast ihr einen Auslandsaufenthalt genehmigt! Du weißt doch, wie neugierig und wissbegierig deine Tochter sein kann…“

*

Wir haben Ariellas Dad am Abend wieder nach Edmonton zurückgefahren, und uns in unser neues Zuhause eingelebt. Einige unserer Mitarbeiter sind auf Empfehlung von Amatsuka-San und der Yakuza zu uns gestoßen. Die meisten Mitarbeiter sind jedoch japanisch-stämmige Kanadier, die die Yakuza angeworben hat.
Da die Yakuza kein Risiko eingeht, sind alle japanisch-stämmigen Frauen nach Japan geholt worden, um ihnen das Ideal der Yamato Nadeshiko nahezubringen und sie zur Meido auszubilden. Die Ausbildung zur Meinu obliegt nun uns. Die meisten dieser Frauen haben zwar ihren Vater geehrt, sind aber außerhalb der Familie, in der Öffentlichkeit, im Verhalten nicht von anderen Kanadierinnen unterscheidbar gewesen.
Während der halbjährigen Bauphase sind sie von ihrer Familie nach Japan gesandt worden und haben nun das japanische Frauenideal so weitgehend verinnerlicht, dass sie es auch in der Öffentlichkeit leben. Sind sie im Auftrag alleine unterwegs, fällt sowieso keinem Kanadier ein großer Unterschied auf.
Die drei Hundetrainer aus Japan haben junge kanadische Japaner zur Seite gestellt bekommen. Sie sind nun die Meinusei -Schüler- der Shujin -Meister- und kümmern sich um alles, was ihnen im Betrieb der Hundeschule aufgetragen wird. Diese sechs Männer, sowie der Koch und sein Gakusei -Schüler-, bilden mit mir, Jason, das männliche Personal der Schule.
Wir haben sofort nachdem die Frauen aus Japan zurückgekehrt sind, wenige Wochen nach Fertigstellung der Schule, einen Kennenlern-Abend veranstaltet und geschaut, welche Pärchen zusammenfinden, Zuneigung füreinander entwickeln. Gerade auf die vier jungen Männer habe ich ein besonderes Auge und gleichzeitig ein offenes Ohr für mögliche Beziehungsprobleme der jungen Frauen. Auch Ariella hört sich unter ihnen um. Machohaftes respektloses Benehmen dulden wir nicht.
So dauert es ein gutes Jahr, in dem wir die Hunde finanzstarker Städter trainieren, bis sich das Leben bei uns entsprechend eingespielt hat und ich bei zwei jungen Frauen erstmals das Training zur Meinu beginne. Ariella zeigt den Frauen, was ich will und sie eifern ihr nach. Das machen sie besonders eifrig, da sie Ariella als Aijin -Herrin des Hauses- anerkennen. Hier hilft uns wieder das hierarchische Denken im japanischen Kulturraum.
Bald habe ich für das Meinu-Training ein rollierendes System geschaffen, so dass nach einem weiteren Jahr alle angestellten japanisch-stämmigen Kanadierinnen sowohl Meido, als auch Meinu sind, ohne dass die tägliche Arbeit darunter leidet.
Um die Frauen geistig zu fordern und ihnen gleichzeitig einen Ausgleich zu ihrem Job zu bieten, schaue ich mich nun nach Petplay-Events um. Bald habe ich eine Handvoll Locations gefunden, über das ganze Land verstreut. Dorthin fliegen wir mit kleinen Privatmaschinen zu den angegebenen Terminen und schauen uns an, was geboten wird und wie wir unsere Frauen ausstatten müssen, damit sie unter den anderen Teilnehmern nicht auffallen.
Aufgrund dieser Besuche kaufe ich unseren Frauen verschiedenfarbige Overalls. Für den Kopf besorge ich Lederhalbmasken, die sie wie Baseballcaps auf dem Kopf tragen können, und die mit einem Kinnriemen befestigt sind. So muss ich nicht auf die Mimik meiner Meinus verzichten.
Wir nehmen an mehreren Dog-Agilitys teil, wo unsere Frauen stets mittlere Plätze belegen. Grundsätzlich reicht uns das auch, denn sie haben damit ihren Ausgleich.