Dienstag, 15. September 2020
Yamato Meinu - 18
Heute gehen wir wieder in den Club. Wie immer, befestigt er auch diesmal den Karabinerhaken seiner Leine an meinem Halsband, als wir die Treppe erreichen über die wir in den Club kommen. Oben angekommen öffnet er die Tür zum Club und lässt mich hindurch gehen. Hinter mir betritt auch er den Raum.
Wir sind spät dran. Die anderen Mitglieder sind schon alle anwesend und haben sich gegenüber der Fensterwand an die Teetische gesetzt. Ihre Meinus -Doggies- sitzen vor ihnen auf ihren Fersen, ganz auf ihre Shi -Herren- fixiert. Mein Herr führt mich in den Nebenraum mit den Spinden.
Hier entkleide ich mich und gehe auf alle Viere. Nun bin ich eine Meinu. Mein Herr zieht mir ein Ledergeschirr über und klickt die Leine jetzt in den Ring des Geschirrs auf meinem Rücken. Anschließend gehen wir zurück in den großen Raum. Der Besitzer des Clubs -Kainushi kurabu- sitzt lässig auf einem Barhocker an der Bar im Hintergrund.
Die Bedienung hinter der Bar kommt auf uns zu und begrüßt uns, indem sie ihre Arme und Hände an ihren Körper anlegt und sich mit geradem Oberkörper leicht verbeugt. Dann führt sie uns zu einem der freien Teetische, bietet meinem Herrn lächelnd an, sich zu setzen und fragt nach unserer Bestellung. Mein Herr ordert zwei Cola. Eine im Glas und eine in einer Trinkflasche. Ich lehne mich an ihn und reibe meine Wange sanft an seinem Knie.
In diesem Moment betritt ein Paar den Club, die ich noch nie hier gesehen habe. Wir schauen alle interessiert. Es ist ein älterer Herr und eine jüngere Frau. Der Clubbesitzer hat sich erhoben und geht nun auf die neuen Besucher zu. Die beiden Herren begrüßen sich wie Bekannte und der Besitzer dieses Clubs weist ihnen den Weg zum Umkleideraum.
Anschließend kommt er zu uns und erklärt:
„Verehrte Club-Mitglieder. Ich darf Ihnen heute Amatsuka-San vorstellen. Er ist Shujin -Meister- einer Meinu-Do im Umland. In seiner Begleitung befindet sich seine Meinu Keiko-chan -glückliches Kind-. Sie wollen uns die nonverbale Kommunikation der Meinus vorführen.“
Amatsuka-San betritt nun die Bühne und zieht den Vorhang in deren Hintergrund zu. Dann wendet er sich lächelnd uns zu und verbeugt sich leicht.
„Konnichiwa!“ sagt er und erklärt: „In meiner Meinu-Do lege ich sehr viel Wert auf die nonverbale Kommunikation der Meinu. Meine Schülerinnen richten sich dabei nach dem authentischen Verhalten der Inu -Hunde-, so dass sie später echte Hunde ‚lesen‘ und adäquat reagieren können. Genauso ist es für ihre späteren Kainushi -Besitzer- wichtig, dass sie das gleiche Verhalten wie ein Inu zeigen. Ich will Ihnen dazu etwas vorführen.“
Er nimmt ein Leckerlie aus seiner Gürteltasche und streckt seine Hand damit in Richtung Keiko. Sie scheut zurück, indem sie ihrem Herrn ihre Flanke zuwendet und sich zusätzlich wegbeugt. Dabei beobachtet sie Amatsuka-San aus den Augenwinkeln, mit halb weggedrehtem Kopf.
Amatsuka-San lächelt und kommentiert das folgendermaßen:
„Wenn Du eine neue Meinu im Haus hast, musst du zuerst ihr Vertrauen gewinnen. Das braucht viel Geduld und Einfühlungsvermögen! Wir müssen ihren Kami ehren und ihm Respekt zollen. Wir können versuchen, es über die Nahrung zu beschleunigen. Es ist selbstverständlich, dass wir ihr Futter anbieten. Sie wird es misstrauisch beschnuppern, auch wenn wir uns vorher in der Schule erkundigt haben, was ihr besonders schmeckt.
Riecht es gut und sieht es verführerisch aus, wird sie das Futter annehmen – oder warten, bis der Hunger ihr gebietet, davon zu essen. Wir können versuchen, diesen Prozess zu beschleunigen, indem wir ihr ein Leckerlie anbieten. Auch hier reagiert sie zuerst zurückhaltend. Dann nähert sie sich vorsichtig, denn sie ist auch neugierig.“
Während der Shujin redet, schleicht die Meinu vorsichtig näher. Bei einer ruckartigen Bewegung Amatsuka-Sans verhält sie im Schritt und beugt sich wieder zurück. Schließlich hat sie seine Hand erreicht, macht einen langen Hals und nimmt das Leckerlie mit den Lippen auf, um sofort wieder ein wenig auf Abstand zu gehen, gerade so weit, dass sie außer seiner Reichweite ist.
„In diesem Stadium darf ich als Kainushi -Besitzer- nicht zu forsch vorgehen, um dem sich bildenden Vertrauen Zeit zum wachsen zu geben. Ich muss auf ihre Signale achten. Durst hält sie vielleicht einen Moment länger in meiner Nähe…“
Er nimmt eine Trinkflasche mit Mundstück aus einer Tasche und hält sie ihr hin. Wieder kommt Keiko vorsichtig näher. Amatsuka-San macht einen langen Arm und als Keiko zu saugen beginnt, zieht er die Flasche vorsichtig näher an sich heran. Keiko folgt und lässt sich schließlich sanft durch ihr Haar streichen. Dabei sagt der Shujin mit zärtlicher Stimme:
„Jaa, Keiko-chan, du bist meine liebenswerte Meinu…“
Nachdem sie genug getrunken hat, steckt Amatsuka-San die Flasche wieder weg. Keiko streicht mit ihrer Flanke an seinem Oberschenkel entlang, was er mit Lachen quittiert und zu uns sagt:
„Sie sehen, dass die Meinu mir durch Entlangstreichen an meiner Hose ihre Zuneigung signalisiert. Was sie hier sehen, ist natürlich eine sehr verkürzte Darstellung. In echt kann das Vertrauenfassen tage- oder auch wochenlang dauern, je nachdem.“
Er schaut in seine Gürteltasche und sagt laut:
„Oh, ich glaube, ich sollte nachfüllen!“
Mit den Worten verschwindet der Mann kurz hinter dem zugezogenen Vorhang. Keiko kauert sich auf den Boden und schaut dorthin, wo eben noch der Shujin gestanden hat. Sie bietet ein erbarmungswürdiges Bild der Trauer.
Kurz darauf kommt Amatsuka-San wieder hinter dem Vorhang hervor. Keiko hebt sofort die Hinterbeine an, beginnt mit dem Hintern zu wackeln, strahlt über das ganze Gesicht, gähnt immer wieder einmal und streckt die Vorderbeine ihrem Shi -Herrn- entgegen. Er streicht ihr zärtlich übers Haar, worauf sie mal eine Rolle nach rechts, mal nach links macht.
Zu uns gerichtet erklärt der Shujin -Meister-:
„Jetzt haben Sie einige der stärksten Emotionen ausgedrückt gesehen, spontan im Moment in dem sie bei der Meinu auftreten. Meinus halten mit ihren Gefühlen nicht hinter dem Berg, sondern binden sie in ihre nonverbale Kommunikation mit ein, wie alle Inus -Hunde-. Zuerst trauerte sie, weil ich sie verlassen hatte. Anschließend freute sie sich über meine Wiederkehr und zeigte dabei auch die sogenannte ‚Begrüßungsverbeugung‘, die man nur unter emotional miteinander verbundenen Individuen sieht.“
Mein Shi -Herr- Kyoshi hebt kurz die Hand.
„Sumimasen -Entschuldigung-!“ sagt er.
Amatsuka-San schaut ihn an, auffordernd lächelnd.
Mein Shi fragt nun:
„Drücken Meinus nur ihre Gefühle nonverbal aus? Da gibt es sicher noch mehr?“