Montag, 2. November 2020
Suìmh Aille -29
Während ich so dasitze und frühstücke, kommt ein Mann um die Fünfzig die Treppe hinauf und nähert sich meinem Zwinger. Als er die Szene hinter den Gitterstäben sieht, schüttelt er den Kopf und fragt:
„Bist du für Sightseeing zu uns gekommen, oder wolltest du etwas lernen?“
Zu ihm aufschauend, antworte ich:
„Ich will hier meinen Fetisch ausleben.“
„Das heißt, du willst als Doggie-Rüde behandelt werden und dabei lernen, was auch Welpen lernen?“
„Ja, so ist es.“
Kaum habe ich seine Annahme bestätigt, fährt mich der Mann im Kommandoton an:
„Auf alle Viere!“
Schnell ändere ich meine Position und stehe auf allen Vieren neben dem Futon.
„So! Jetzt mit dem Mund in die Schale! Nimm die Brocken mit den Lippen auf!“
Er greift zwischen den Stäben hindurch und befestigt die Flasche wieder in ihrer Halterung. Nach einigen Sekunden zuschauen sagt er dann wieder mit sanfter Stimme:
„So ist es richtig! Guter Junge! Zum Trinken gehst du mit dem Mund an das Mundstück der Flasche!“
Er wartet, bis ich alles geleert habe, dann schließt er den Coinnítear madraí -Hunde-Zwinger- auf, kommt zu mir herein und lässt sich neben mich auf dem Futon im Schneidersitz nieder.
„Du hast dir doch leichte Kleidung mitgebracht, wie vereinbart?“
Ich nicke.
„Dann mach dich jetzt erst einmal tageslichttauglich!“ meint er nun.
Während ich die leichte Oberbekleidung aus meinem Rucksack nehme und überziehe, legt er Pfotenfäustlinge und Pfotenschuhe aus flexiblem Leder neben sich und sagt:
„Du bist während deines Aufenthaltes in Suìmh Aille der Fireann -Rüde- Caspar. Merke dir den Namen!“
„Ja,“ sage ich und nicke, während ich die Hose schließe, ihm den Rücken zukehrend.
Anschließend hilft er mir in die Pfotenfäustlinge und Pfotenschuhe und verschnürt sie. Danach erhebt er sich, angelt ein Halsband aus seiner Hosentasche und legt es mir an. Er sagt:
„Ab jetzt ist der Vierfüßler-Gang deine bevorzugte Gangart! Aber hebe die Knie vom Boden ab! Du wirst auf Händen, bzw. Fäusten und Zehenballen laufen!“
Er zeigt mir, wie er sich das vorstellt und erklärt:
„Damit bist du schneller als auf Händen und Knien und der Gang gleicht mehr dem Gang echter Tiere!“
Er klinkt eine Leine in den Ring am Halsband und sagt nun:
„So, dann komm jetzt mit in die Halle. Mach langsam, damit du nicht über deine eigenen Gliedmaßen stolperst und setz dich auf deine Fersen zum Ausruhen, wenn die Beinmuskulatur schmerzt. Das kommt anfangs immer vor!“
Der Mann führt mich langsam zur Treppe. Die Treppe soll ich dann leicht schräg nehmen. Unterwegs meint er:
„Übrigens, ich bin Curadh Riagáin, der Herr der Schule. Wenn dir erlaubt wird zu sprechen, bin ich für dich ‚Curadh‘. Ansonsten wirst du nichts mehr sagen. Zur Kommunikation sind dir nur noch Mimik und Gestik erlaubt. Die nonverbale Kommunikation der Caniden bringen wir dir ebenso bei!“
Wir haben den Fuß der Treppe erreicht und befinden uns nun in der großen Seomrai beo -Wohnhalle-, die ich gestern Abend auf dem Weg zu meinem Zwinger schon durchquert habe.

*

In der folgenden Zeit bringt mir der Curadh und seine Mic léinn die Hundekommandos bei. Er motiviert mich durch Lob und Belohnung, mit kleinen Süßigkeiten und sanften Berührungen im Haar, sowie verbalem Lob.
Sobald ich unaufmerksam werde, baut er ein Spiel mit einem Hundespielzeug ein und sagt mir, wie ich mich richtig verhalte, um meine Gestik immer mehr, der echter Hunde anzugleichen.
Dabei legt er besonderen Wert darauf, dass ich Zeichen der Freude zeige, sobald er nach einiger Zeit Abwesenheit wieder zugegen ist. Dazu soll ich in Ermangelung eines Schwanzes mit den Pobacken wackeln, mich aufgeregt zeigen und lächeln. Dabei darf ich nicht vergessen, mit heraushängender Zunge zu hecheln, wie das Hunde in dieser Situation tun. Ich darf mich ihm sogar nähern, mich mit der Flanke an seinem Bein reiben und mich von ihm streicheln lassen.
Ähnlich verhält es sich, wenn der Curadh mich verlässt. Jetzt soll ich Trauer zeigen, indem ich winsele und ein trauriges Gesicht mache. Statt mich aufgeregt zu geben, soll ich mich in einem solchen Fall ablegen und unbeweglich verharren.
Weitere Gefühle, die ich ausleben soll, sind zum Beispiel die Neugier. Diese zeige ich, indem ich die Nase näher an den neuen Gegenstand halte und schnüffele.