Dienstag, 3. November 2020
Suìmh Aille -30
Ist es mir momentan langweilig, fühle ich mich einsam, dann soll ich mich näher an ihn drängen und kuscheln. Ich darf dabei seine Streicheleinheiten genießen, wie er sagt.
So oft es geht, soll ich mit heraushängender Zunge tief ein- und ausatmen, wie die Hunde es tun, weil sie sich abkühlen wollen oder ruhiger werden wollen nach einer vorausgegangenen Anstrengung.
Meine Neugier und eine gewisse Disziplinlosigkeit scheinen ihm Spaß zu machen. Aber er fordert auch ungeteilte Aufmerksamkeit, wenn es wieder um ein neues Kommando und die korrekte Reaktion meinerseits geht.
Zwischendurch lässt er immer wieder einmal Sätze fallen, wie:
„Hunde sind schließlich keine Roboter, die nur auf Befehl entsprechend in Aktion treten. Es sind fühlende Lebewesen mit einem eigenen Kopf, die ihre Gefühle sofort spontan ausleben. Das solltest du alsbald genauso machen!“
Ich habe bisher Hemmungen gehabt, meine Gefühle zu zeigen, geschweige denn, sie auch auszuleben. Das zu tun, stelle ich fest, befreit richtig. Ich fühle mich freier, selbstsicherer.
Der Curadh sagt, er bildet mich als Familienhund aus, als ein Doggie, der im Haushalt einer Lady, oder wie er sie auf Irisch nennt, einer Mhuire leben kann. Ich bin gespannt, ob ich später über die Petplay-Community eine solche finden werde.
Ich stelle jedoch fest, dass ich zunehmend konditioniert werde: Ich werde tatsächlich traurig, wenn er mich verlässt, beziehungsweise freue mich echt, wenn er kommt und sich mit mir beschäftigt.
Über das Training vergehen die zwei Wochen Irland wie im Flug und ich muss mich wieder auf den Rückweg nachhause machen. Der Méara fährt mich mit einem seiner Oldtimer zum Bahnhof nach Killarney. Von dort fahre ich mit dem Zug nach An Cobh, das bei uns in Großbritannien Queenstown genannt wird. Von dort geht es mit Fähre und Zug zurück nachhause.
Ich betrete damit wieder meine bisherige selbstbestimmte Welt. Eine leichte Hintergrund-Enttäuschung begleitet mich und wird nur allmählich geringer. Trotzdem halte ich Kontakt zu der Petplay-Community und lege dort eine Suchanzeige ab, in der ich mich einer möglichen Ownerin als Doggie anbiete.

*

Nachdem wir alle Brücken hinter uns abgebrochen haben, fliegen wir nach Irland und werden wie beim letzten Mal von einem Mann in einem Oldtimer nach Suìmh Aille gebracht. Dort angekommen, lassen wir uns Lord of Kerry bringen. Ich vereinbare aber vorher mit dem Mann, dass er wartet bis ich weiß, welches Gebäude wir beziehen dürfen. Er soll uns bei den Koffern helfen, die den ganzen rückwärtigen Teil des Oldtimers füllen.
Der Lord sagt, dass das dritte Tithe -Haus- draußen am Bach frei ist, von der Felsabbruchkante gezählt. Also dirigiere ich den Fahrer dorthin. Er hilft uns, das Gepäck ins Foyer zu schaffen, da wir wieder einmal „irisches Wetter“ haben. Das Haus ist tatsächlich frei, also innen vollkommen leer.
Im hinteren Teil der Halle befindet sich ein rudimentärer Kamin. Rechts und links führen je eine Tür in den Büro- und Hauswirtschaftstrakt. Am Kamin führt ein Rohr von der Decke bis zum Boden, in dem irgendetwas summt.
Wir lassen unser Gepäck erst einmal im Eingangsbereich stehen und erklimmen die Treppe. Oben führt das Rohr weiter nach oben und damit sicher nach draußen.
„Hast du beim Näherkommen nicht die Windmühlenflügel auf dem Haus gesehen? In dem Rohr verläuft bestimmt eine Welle, die sich dreht, wenn die Windmühle bewegt wird,“ sagt Klaus, mein Mann.
„Aha,“ meine ich.
Hier oben gibt es ebenfalls eine Möglichkeit, eine Feuerstelle an den Kamin anzubauen. Ansonsten stehen wir in einem großen leeren Raum. Wir wenden uns zur Treppe zurück und gehen in den Keller. Dort gibt es mehrere große Räume und einen kleinen Raum, an dessen Tür ein kleines gelbes Schild prangt mit einem roten Blitz.
„Dies hier wird dann wohl der Transformatorenraum sein, in dem die Drehbewegung der Welle in Strom umgewandelt wird,“ meint mein Mann.
Ich glaube seinem technischen Sachverstand, sage aber:
„Irgendwer muss uns das Haus aber wohnlich gestalten. Ich glaube, wir müssen noch einmal zu dem Lord zurück!“
Wir gehen noch einmal in das Zentrum des Ortes, nachdem wir uns beide einen Regenmantel übergezogen haben. Glücklicherweise haben wir im Foyer einen Ortsplan gefunden, nachdem wir uns jetzt richten können.
Das Ergebnis des folgenden Gespräches bei Lord Kerry ist, dass wir die erste Zeit in der Herberge wohnen werden. Er hat Zeichnungen da, in die wir einen Grundriss nach unseren Wünschen einzeichnen. Diese Zeichnungen will der Lord an ein Bauunternehmen weitergeben, das dann die Raumaufteilung innen vornimmt.
Im Hauswirtschaftstrakt gleich beim Foyer soll ein Wohn-/Schlafraum für einen Mac Léinn entstehen, der auch von dort aus betreten werden kann. Gegenüber soll ein ebensolcher Wanddurchbruch eine Glastür aufnehmen, durch die Besucher in die Geschäftsräume dahinter kommen. Ein Pausenraum, indem mögliche spätere Bedienstete und wir selbst speisen können, schließen diesen Trakt ab.
Das Foyer soll zur Halle hin eine Wand erhalten, mit einer stählernen Sicherheitstür. In der Halle werden später mehrere Arbeitsplätze eingerichtet. Sie erhält am Treppenhaus ebenfalls eine Wand mit einer Sicherheitstür. An der Seite und hinter der Treppe wird später eine Garderobe für noch einzustellende Mitarbeiter eingerichtet, sowie Toiletten.