Lexi -06
„Also Ball zwischen den Vorderpfoten, die Stellung ‚PLATZ‘ eingenommen und den Hals und Kopf auf den Ball gelegt?“ frage ich präzisierend.
„Ja, genauso!“ meint sie.
„Die Geste ist eindeutig. Sie bedeutet ‚MEINS‘. Wenn du die gleiche Stellung einnimmst und ich nähere mich dir, hast du zwei Möglichkeiten der Reaktion: Erstens, du knurrst. Damit warnst du mich davor, dir das Spielzeug abzunehmen. Du hältst den Besitzanspruch aufrecht! Oder Zweitens, du stehst hinten auf, bleibst aber vorne tief unten. Du streckst als quasi den Hintern in die Luft. Diese Geste nennt man die Spielverbeugung. In dieser Situation wäre es eine Spielaufforderung an mich. Das bedeutet, du müsstest den Ball freigeben, entweder damit ich danach greifen kann, oder indem du den Ball wegstößt und es zu einem ‚Nachlaufen‘ kommt.“
„Okay, aber wie knurre ich?“
„Versuche einmal beim Einatmen ein Schnarchgeräusch zu erzeugen und beim Ausatmen ein rollendes ‚R‘. Dann irgendwie ein Mittelding zwischen beidem…“
Sie knurrt mich nun an, als ich einen Schritt auf sie zu mache. Ich lächele und mache einen weiteren Schritt. Nun kommt sie mit ihrem Hintern hoch. Noch ein Schritt näher und sie kommt auch vorne hoch. Dabei stößt sie den Ball weg, der nun allerdings unter die Couch rollt und dort steckenbleibt.
Ich strecke die Hand aus und streiche ihr durchs Haar.
„Das war für den Anfang sehr gut, Alex‘ – oder besser: ‚Lexi‘. Als Hund solltest du ja ‚Lexi‘ heißen.“
Ich beuge mich zu der Couch hinunter und hebe sie an, damit ‚Lexi‘ den Ball mit einer Pfote anstoßen und darunter hervorholen kann. Sie nimmt das Angebot wahr und stößt den Ball unter der Couch hervor. Ich stelle die Couch wieder hin und versuche nun ihr den Ball abzujagen, was mir nicht recht gelingen will. Das reizt uns beide zum Lachen.
Schließlich habe ich ihn doch mit dem Fuß gestoppt und mich hinunter gebeugt, um ihn aufzunehmen. Dafür muss ich zwei Rempler von Lexi inkaufnehmen.
Danach setze ich mich auf die Couch und nehme ein Lakritzstück einer bekannten Firma in die Hand und zeige Lexi beides, das Lakritzstück und den Ball. Sie macht unschlüssig einen Schritt auf mich zu. Ich werfe den Ball in eine Zimmerecke, wo er vom Schrank abprallt und einen halben Meter rollt.
Anschließend sage ich „HOL!“ und drehe die Hand mit dem Lakritz, so dass sie es nicht mehr sieht. Noch einmal sage ich:
„Na, Lexi. HOL den Ball!“
Sie läuft dorthin und treibt den Ball mit kurzen Pfotenstößen in meine Richtung, bis er mir vor die Füße rollt.
Ich lächele und gebe ihr das Lakritz, weil sie den Hals danach lang macht. Trotzdem sage ich:
„Hier im Zimmer kannst du so etwas machen. Sollten wir einmal draußen spielen, wäre es gut, wenn du das Teil mit dem Mund aufnimmst und mir bringst, zwischen deine Zähne geklemmt. Dann bekommst du das Lakritz oder irgendein anderes Leckerlie im Austausch gegen das Spielzeug!“
„Achso,“ meint sie dazu.
„Du hast sicher bei Toscha, damals als sie noch lebte, beobachtet, dass sie verschiedene Gesten immer wieder einmal gezeigt hat. Damit sprechen die Hunde zu uns! Wenn du nun als Lexi eine Hündin spielst, solltest du dich möglichst genauso verhalten,“ meine ich zu ihr und erkläre: „Da wir gerade gespielt haben…
Eine der häufigsten Gesten ist wohl die Spielverbeugung: Nehmen wir als Ausgangsposition an, du stehst aufrecht. Dann beugst du deine Ellbogen. Dein Oberkörper kommt in Bodennähe, dein Hintern bleibt oben. Das hat je nach Situation verschiedene Bedeutungen. Entweder heißt es ganz einfach ‚Komm, spiel mit mir!‘ oder du willst auf diese Art eine angespannte Situation entschärfen. Dann heißt es ‚Ich tu dir nichts! Ich will bloß spielen!‘.“
„Ah,“ sagt Alex‘ nun. „Aber da gibt es bestimmt noch eine Reihe anderer Gesten?!“
Ich schüttele kurz den Kopf und sage:
„Klar, gibt es da eine Menge Gesten, die aber auch je nach Situation anders bewertet werden müssen. Man muss immer den Hund in der Situation als Gesamtheit betrachten. Aber das kommt alles mit der Zeit. Noch ist kein Meister vom Himmel gefallen.
Hunde gehen Kämpfen aus dem Weg. Dazu zeigen sie sogenannte Beschwichtigungssignale. Dennoch sind es meist charakterstarke Persönlichkeiten, die auf ihr Eigentum beharren und dann schonmal drohen können.
Neben den Gesten nutzen sie auch ihre Mimik, die sie meist einsetzen, um ihre Gefühle auszudrücken. Gefühle zeigen sie übrigens spontan zeitnah und ehrlich. Droht der Hund, schaut er zum Beispiel starr geradeaus denjenigen an, dem er droht. Zeigt er dagegen einen liebevollen Blick, entspannt sich sein Gesicht.
Aber auch hier musst du schon den ganzen Hund betrachten: Freut sich der Hund, ist er oft ganz außer sich, springt herum und wedelt mit dem Schwanz. Du hast aber keinen Schwanz. Da musst du dich an Hunden orientieren, die keinen langen Schwanz haben: Die wackeln ersatzweise mit dem Hintern.
Ist der Hund traurig, legt er sich meist ab und schaut einen mit einem ganz traurigen Blick von unten herauf an…“