Chico (14)
Nach einiger Zeit kam sie zurück in den Garten, sah mir ins Gesicht und sagte:
„Na gut, wenn du nicht auf dein Hundeklo möchtest, dann gehen wir eben Gassi.“
Sie ging mit mir hinter den Busch, so dass ich vom Haus aus unbeobachtet war. Ich war wahrscheinlich noch nie so gut `bei Fuß` gelaufen. Dort angekommen, zeigt sie auf den Busch. Ich dachte mir noch, ‚du spinnst ja, ich kann mich doch hier nicht erleichtern,‘ spürte aber dann wieder meinen unverminderten Drang.
Es blieb mir also letztlich nichts anders übrig, als mich dort zu erleichtern. Ich hatte fieberhaft überlegt, wie ich mich dabei verhalte, um mich nicht zu besudeln. Ich lehnte mich also an das Bein von Madam und hob das andere Bein. Dann ließ ich es nur so plätschern. Ja, man hätte glauben können, ich wollte einen neuen Baggersee anlegen, so lief es an mir runter. Natürlich traf ich mich teilweise auch selbst.
Zurück beim Haus, nahm Madam also den Gartenschlauch und begann mich abzuspritzen. Ich zog mich immer weiter zurück, aber es nutzte nichts. Dann aber trocknete sie mich mit einem warmen, flauschigen Tuch sehr zärtlich ab und redete beruhigend auf mich ein.
Dann ging für mich das Training weiter. Ich bekam eine Augenbinde um. Diesmal sollte ich das ‚Schnüffeln‘ üben, Kopf runter und mit der Nase über den Boden. Was habe ich niesen müssen, bei dieser Übung!
Nun ließ mich Madam immer schön im Kreis laufen, mal links rum, mal rechts rum. Das ging solange, bis ich irgendwann vollkommen die Orientierung verloren hatte, wegen meiner Augenbinde. Man weiß irgendwann überhaupt nicht mehr, wo vorne und wo hinten ist.
Nach einiger Zeit durfte ich dann endlich Platz machen und Madam Estelle sagte zu mir:
„Wenn du heute etwas Frisches und Warmes essen möchtest, wirst du es dir mit deiner Nase und deinen Ohren suchen müssen.“
Einen kleinen Tipp gab sie mir noch: „Es steht in Richtung Zwinger.“
Dieses Spiel ging den ganzen Tag über so, ich bekam nur das zu fressen, was ich mit meiner Nase erschnüffelt hatte. Zu meinem Glück ließ Madam Müsli und sonstiges schwierig für mich aufzunehmende Futter weg und begnügte sich mit Hundestickern und sauren Gurken in meinem Fressnapf, wobei das letztere auch nicht so mein Fall ist, aber immer noch besser als echtes Hundefutter oder was es sonst noch so alles gab.
Immer wenn ich meinen Napf leer gefuttert hatte, viel war selten drin, füllte mein Frauchen ihn wieder und stellte ihn an eine andere Stelle im Garten und ich durfte mich dann anschließend wieder auf Schnüffeltour begeben.
Am Nachmittag wurden auch `Platz`, `Sitz` und `bei Fuß` geübt, bis sie für heute zufrieden war. Ganz besonders zu schaffen machte mir das `Bei Fuß`-Gehen, weil ich es selten geschafft hatte, die richtigen Abstände einzuhalten.
Als sich mein Trainingstag so langsam zum Ende neigte, schickte sie mich endlich zurück in den Zwinger, nicht ohne mich vorher mit dem Wasserschlauch abzuspritzen, trocken zu rubbeln und ausgiebig zu knuddeln. Es dauerte nicht lange, bis ich in meiner Hundehütte einschlief.