Sonntag, 14. Juni 2020
Cherie - 24
Sie nähert sich mir und reibt ihre Wange an meinem Knie.
„Aber wie ist es dann mit dem Sex?“ fragt sie mit einem unnachahmlichen Augenaufschlag.
„Wenn ich eine echte Hündin vom Züchter hole, sie aufziehe und trainiere, dann habe ich ein anhängliches Tier – aber mehr auch nicht! Mit dir verhält sich das anders. Mit dir kommt vielleicht auch die körperliche Liebe hinzu – wie bei Paul und Lena…“
Biggi lächelt mich an und fragt:
„Und was bedeutet das jetzt im konkreten Fall?“
„Nun, bisher hast du dich mit dominanten Männern getroffen und es als selbstverständlich hingenommen, Sexspielzeug für ihre Lust zu sein. In dem Moment hast du ebenfalls sexuelle Befriedigung erlebt – aber keine Liebe, keine Zuneigung.
Wir dagegen gehen die Sache anders an, wenn du dich auf mich einlässt: Ich führe dich bestimmend und verantwortungsbewusst. Du ordnest dich mir unter! Aber – ‚Spaß ist Spaß und Ernst ist Ernst‘ – wenn wir miteinander spielen, kannst du schonmal die starre Hierarchie durchbrechen, wie du das bei Lena gesehen hast.
Ich würde es begrüßen, wenn sich eine gegenseitige Zuneigung entwickelt und daraus Liebe entsteht. Wenn es dann zu Sex kommt, ist das etwas anderes als der sogenannte ‚Harte Sex‘. Es ist liebevoller Sex, von vielen hin und wieder als ‚Blümchen-Sex‘ herabgewürdigt, aber sehr erfüllend: Für mich ist Sex vergleichbar mit einem guten Menü. Zuerst die ‚Vorspeise‘. Ich rege dich an, deine Erregung steigt, es entsteht eine Erwartungshaltung. Dann die ‚Hauptspeise‘, die Kopulation. Kein Rein, Raus, Fertig!! Und schließlich die ‚Nachspeise. Ich halte durch Streicheln deine Erregung noch lange hoch, bzw. lasse sie nur langsam geringer werden. Dabei achte ich genau auf dich und deine verbalen und nonverbalen Äußerungen! Eine Frau, die nur passiv herumliegt, damit sie vom Dom benutzt werden kann, ist also nichts für mich. Das wäre in etwa so, als müsste ich ein stummes und steifes Bügelbrett bearbeiten. Das macht mir keinen Spaß!“
„Hm, ich spüre, ich habe noch viel zu lernen… Denn genau das ist es, was die Doms bisher von mir erwarteten: passiv bleiben.“
„Verhalten lässt sich ändern, Biggi,“ mache ich ihr Mut.
„Was ist eigentlich, wenn das enge Verhältnis zwischen Doggie und Owner erlahmt?“ fragt sie dann.
„Wir müssen frühzeitig gegensteuern, Biggi!“ antworte ich eindringlich. „Du wirst zum wichtigsten Lebewesen auf diesem Planeten für mich! Das sollte man nicht so schnell aufgeben, oder?“
Sie reibt ihren Kopf an meinem Knie und schenkt mir wieder diesen Blick, der Männerherzen schmelzen lässt.
„Wie willst du gegensteuern?“
„Es gibt eine Reihe negativer Einflüsse, die man kennen muss: erstens, wenn wir uns des anderen nicht mehr bewusst sind, wenn uns der andere egal zu werden beginnt. Zweitens das unstillbare Verlangen nach mehr. Wenn uns der andere nicht mehr genug ist. Drittens, wenn das Mitgefühl schwindet und der Selbstsucht Platz macht. Viertens die Angst vor der Vergänglichkeit, vor dem Ende des Mitgefühls. Fünftens, wenn die Gefühle nicht mehr bestimmen, sondern das körperliche überhandnimmt. Sechstens, nur noch zu glauben, was man sieht. Wenn also die Rationalität mehr Gewicht bekommt als die Emotionalität. Und siebtens die Besserwisserei, die verblendete Selbstüberzeugung, der Fanatismus. Auf solche Anzeichen müssen wir achten. Auch du kannst mich darauf aufmerksam machen, sollte dir etwas Derartiges in unserer Beziehung auffallen!“
„Das werde ich, Dieter – oder wie soll ich dich nennen?“
„Als Doggie redest du mehr über Mimik und Gestik. Darüber – die nonverbale Kommunikation – kannst du eher Gefühle rüberbringen, aber auch Absichten kann man daraus lesen. Für rationale Gespräche muss ich dir vorher das Sprechen erlauben. Dann nenne mich, wie es dir dein Gefühl sagt! Jetzt wird es sicher noch mein Vorname sein. Je mehr Verantwortung du an mich überträgst, je mehr du dich dadurch mir unterordnest, desto richtiger wird dir die Bezeichnung ‚Herr‘ erscheinen. Dann gib deinem Gefühl nach und nenne mich ‚Herr‘.“
„Du bestehst nicht von Anfang an auf diesen Titel?“
„Ich habe dir ja gesagt, ich gehöre nicht zu der ‚Ohne-Anlauf-Fraktion‘. Viel ehrlicher finde ich, wenn du irgendwann aus deinem Gefühl heraus diesen Titel wählst, wenn du dich vertrauensvoll in deine Rolle ‚fallenlassen‘ kannst.“
Biggi schaut mich mit großen Augen an.
„Du setzt voll auf die Macht der Gefühle…“
„Ja, das tue ich,“ bestätige ich. „Und du siehst an Paul und Lena, wie gut beide damit fahren.“
„Und bevor es soweit ist… Was ist, wenn wir nicht über das Stadium gegenseitiger Sympathie hinauskommen, wenn sich keine Liebe entwickeln will?“
„Es kann sein, dass wir irgendwo eine emotionale Blockade entdecken, dass tiefere Gefühle also nicht aufkommen wollen. Das sollten wir akzeptieren und auf dem emotionalen Level bleiben – heißt: Wir sollten dann den Grad der Freundschaft, den wir erlangt haben, zu halten versuchen! Ich würde als dein – mit dir befreundete – Herr dein Wohl im Blick haben und dir eine große Stütze sein. Wir könnten uns treffen, das Rollenspiel miteinander leben – gern auch unter Einbeziehung von Paul und Lena. So entsteht ein größerer Freundeskreis. Durch Lena fühlst du dich nicht alleine. Wir beide, Paul und ich, werden andere hinzugewinnen und vielleicht ist darunter dann ein Herr, zu dem deine Gefühle mit der Zeit tiefer werden. Ich werde dir dann nicht im Weg stehen aus möglicher Eifersucht! Ich würde dich stattdessen unterstützen dein Wohl unter diesem Herrn zu finden.“
„Aber dann wärst du doch wieder allein!“
„Nein, Biggi. Ich habe dann immer noch eine gute Freundin – dich.“
Biggi schüttelt bedächtig den Kopf.
„Du bist so anders, so völlig anders…“

*

Wir sind schon ein paar Wochen zusammen. Lena mag meine Nähe. Sie kuschelt sehr gerne. Ich denke, sie hat noch nie einen Freund gehabt, der so einfühlsam auf sie eingegangen ist; der sein Ego soweit zurückgestellt und ihre Person so in den Vordergrund gestellt hat, ohne sich von ihr beherrschen zu lassen. So in etwa muss sich ein Welpe fühlen, der von einem erwachsenen Rudelmitglied betreut wird.



Cherie - 23
Ich stelle das Geschirr zusammen und lege das Besteck darauf, dann erhebe ich mich und bringe den Stapel vorsichtig in die Küche. Biggi erhebt sich aus der sitzenden Position in den Vierfüßler-Stand und folgt mir ein paar Schritte. In der Küche fülle ich die Spülmaschine und schalte sie ein. Zurück beim Essplatz frage ich sie:
„Du hast bisher ein Outfit getragen. Hast du so etwas mitgebracht?“
„Nein. Von Lena weiß ich, dass ihr ‘Natur‘ mögt,“ antwortet sie.
Sie schaut dabei zu mir hoch. Ich setze mich wieder auf meinen Stuhl.
„Ich könnte also jetzt sagen ‘Zieh dich aus!‘, aber ich will dich allmählich ins Dogspace gleiten lassen. Morgen am Samstag haben wir einen ganzen Tag dafür. Heute kannst du entweder einen Einteiler tragen, Leggings und Top oder Slip und BH – je nachdem, wie du ausgestattet bist…“
„Ich habe nichts Besonderes mitgenommen.“
Ich stehe auf und helfe ihr aus Top und Jeans heraus, die ich über die Stuhllehne hänge. Nun trägt sie nur noch Slip und BH. Biggi geht vor mir auf die Knie als ich mich wieder hinsetze. Dann lässt sie sich auf ihre Fersen nieder und schaut zu mir auf.
„Solltest du im Laufe der Zeit dich mental zu mir hingezogen fühlen,“ beginne ich, „und auch ich entwickele ähnliche Gefühle zu dir – dann wäre es schön, wenn du zu mir ziehen würdest. Ich fände es schön, wenn du rund um die Uhr bei mir sein würdest. Ich trage die Verantwortung für dich. Du kannst dich bei mir dann sicher und geborgen fühlen, und mir vertrauend gehorchen.“
„Hast du das schon anderen Frauen angeboten?“ fragt sie.
Ich nicke kurz und bejahe das.
„Aber hier scheint es eine mentale Hürde zu geben,“ ergänze ich. „Die Frauen haben den Kontakt abgebrochen. Eine sprach es aus, was die Anderen wohl dachten. Sie sagte, wenn du über mich bestimmst, die Verantwortung für mein Handeln trägst, heißt das im Umkehrschluss, dass ich meine Selbstverantwortung aufgebe. Das bedeutet, dass ich mit der Zeit hörig werde – und dass kann ich nicht zulassen!“
Biggi nickt bedächtig.
„Genauso war ich bisher auch drauf bei den Sessions.“
„Ich will nicht, dass alles sofort so ist, wie ich es mir wünsche,“ sage ich schnell. „Gib die Verantwortung auf einem Gebiet in meine Hände, auf dem du mir vertraust. Auf den anderen Gebieten bleiben wir miteinander im Gespräch. Wenn dein Vertrauen wächst, gibst du mir mehr Verantwortung. Sollte ich dein Vertrauen missbrauchen, entziehst du es mir wieder. Alles fließt…“
„Du bist so anders als die Doms bisher…“ sinniert sie, und fügt nach einer Gedankenpause schnell an: „Du und Paul!“
Ich lächele.
„Vielen Dank, Biggi. Gefällt dir denn der skizzierte Fahrplan?“
„Er ist ganz sicher ein Versuch wert.“
„Du musst sehen, der Begriff ‚Hörigkeit‘ ist äußerst negativ belegt, weil du dich vollkommen in meine Hand begibst nach der Begriffsdefinition. Viele Kerle können damit nicht umgehen. Sie nehmen, geben aber nichts – jedenfalls weniger als sie nehmen. Schließlich bist du emotional ausgebrannt und der Kerl lässt dich fallen.
Nebenbei bemerkt, genauso geht es der Erde. Auch sie wird ausgebeutet bis zum ‚Geht nicht mehr‘. Da sitzt der gleiche Charakterzug dahinter. Du bist für mich aber kein Gegenstand, sondern ein Lebewesen. Du hast von mir mehr zu erwarten, als du von einem der Kerle bekommst – vielleicht sogar mehr als du gibst…“
Bei den letzten Worten hebe ich meine Schultern kurz.
„Mehr als ich gebe?“ fragt sie zurück.
„Ich kümmere mich um alles, sorge für dich, pflege dich, nicht mit dem Gedanken an meine Lusterfüllung im Hinterkopf, sondern mit Gedanken an dein Wohl.“
„Ist das denn realistisch?“ Sie mach ein verständnisloses Gesicht. „Das kann man doch eigentlich gar nicht glauben!“
„Du hast die Erfahrung gemacht, dass die Menschen zuerst einmal egoistisch veranlagt sind?“
„Ja, natürlich! Das sind sie doch auch!“
„Ich will dir nicht widersprechen, was die Masse der Leute angeht, Biggi. Vielleicht ist es durch meine Erziehung bedingt, durch meine Erfahrungen als Kind. Ich hatte eine schwere Kindheit. Ich gebe gern. Das macht mich zufriedener als nur zu nehmen…“
„Lena hat mir da so einiges erzählt. – Nicht über deine Vergangenheit, sondern über deinen Charakter, dein Verhalten in verschiedenen Situationen. Etwas davon konnte ich vorigen Monat ja auch selbst beobachten – und es gefällt mir, wenn ich ehrlich bin!“
„Ich möchte dir einmal etwas erzählen, Biggi,“ sage ich nach einer Gedankensekunde. „Menschen verbindet der Sex miteinander. Manche brauchen ihn beinahe wie eine Droge, andere können Sex nicht ohne Liebe. Liebe ist nun ein tiefes Gefühl füreinander.
Neben der Liebe zwischen Mann und Frau, die verbunden ist mit körperlichen Berührungen bis hin zur Kopulation, gibt es noch eine andere Art der Liebe, die ganz ohne Sex auskommt. Es ist die Liebe zwischen Mutter und Kind. Aber auch die Liebe zwischen Mensch und Tier gehört hier hinein, auch wenn man hier vorsichtig von Zuneigung spricht, um von seinen Mitmenschen nicht falsch verstanden zu werden.“
„Das sind oft sehr tiefe Gefühle! Ich habe sie seit meiner Kindheit nicht mehr erlebt. Vielleicht suche ich diese Gefühle unbewusst bei dominanten Männern… Nüchtern betrachtet, ist das aber vergebliche Liebesmüh‘. Die spielen nur mit mir!“
„Und jetzt bist du desillusioniert! Meine Mutter starb, als ich sechs Jahre alt war. Ich habe gelernt, dass ich von niemand das bekommen kann, was sie mir damals gegeben hat. Aber ich kann viel von dem zurückbekommen, was ich an Zuneigung gebe. Ich darf nicht egoistisch fordern, sondern muss geben. Finde ich den richtigen Menschen, der meine Zuneigung dankbar annimmt, kann mir dieser Dank das geben, was ich zum glücklichen Leben brauche.“
„So habe ich das bisher noch nicht gesehen, Dieter. Das ist ein völlig anderer Blickwinkel auf das Problem. – Du möchtest also, dass ich dir die gleiche Zuneigung entgegenbringe wie eine echte Hündin?“
Ich zucke lächelnd mit den Schultern und blicke sie offen an.
„Möchtest du so gehegt werden, wie eine Mutter ihr Kind, oder ein Mensch sein geliebtes Tier hegt? Ich lasse nichts Unangenehmes an dich heran; lasse dich Sicherheit und Geborgenheit spüren.“