Donnerstag, 25. Juni 2020
Cherie - 46
Zurück in Dieters Haus, essen wir gemeinsam und sprechen über lustige Ereignisse während des gestrigen Parcourslaufes. Die Atmosphäre verliert ihre Spannung und wir sind alle wieder fröhlich.
Danach verabschieden wir uns und fahren nachhause. Die Fahrt verläuft dann etwas schweigsam. Zuhause umarme ich Anita zum Abschied und sage:
„Sei nicht traurig. Weder die Männer noch ich persönlich sind allein auf unseren persönlichen Vorteil bedacht! Du bist ein Teil von uns. Wir kümmern uns auch um dich. Das verspreche ich dir! Wir werden noch so einen Mann wie Klaus finden!“
Zwei Tage später habe ich nach Feierabend ein langes Gespräch mit Klaus. Unmerklich wird es draußen dunkel währenddessen und wir verabreden uns für nächsten Samstag in der Kleinstadt, in der ich wohne.
Es wird ein wunderschöner Nachmittag mit dem Verlangen nach mehr. Zuerst gehen wir spazieren. Am nördlichen Ortsrand liegt ein kleiner Park mit einem großen Ententeich. Dabei fragt mich Klaus, ob ich irgendwelche Vorlieben habe, was die Küche betrifft. Ich gestehe ihm, dass ich die italienische Küche sehr mag. Daraufhin bietet er mir an, mit mir essen zu gehen, falls es im Ort ein italienisches Restaurant gibt.
Ich sage ihm, dass es im Ortskern eine Pizzeria gibt, die nicht nur Pizzas im Angebot hat.
„Dann wenden wir unsere Schritte jetzt dorthin,“ bestimmt er. „Ich lade dich ein.“
Gern führe ich ihn zu dem Restaurant. Das Essen dort ist himmlisch. Dann fragt er, was wir mit dem angebrochenen Nachmittag vor Ort denn noch anstellen könnten.
Diese Texte habe ich schon zu genüge gehört. Die Kerle, die so reden, haben meist Sex im Sinn gehabt. Ich gehe also auf Abstand und sage ihm, dass ich es dafür noch für viel zu früh halte. Er zieht seine Stirn in Falten und macht ein betrübtes Gesicht.
„Lisa, auf Sex bin ich jetzt auch nicht aus! Ich warte damit, bis du von dir aus darauf zu sprechen kommst – und wenn das noch Monate dauert! Mir liegt die Romantik mehr als schneller Sex!“
‚Hm,‘ denke ich mir, ‚das lässt sich testen!‘
Ich biete ihm also an, bei mir zuhause eine DVD zu schauen. Der Film ‘P.S. Ich liebe dich‘ ist so schön romantisch-traurig, weil sich die Hauptpersonen nicht kriegen. Der Tod steht zwischen ihnen. Seine Miene hellt sich auf und er willigt ein.
Bei mir zuhause nehme ich die DVD und zeige sie ihm. Er fragt, wo mein DVD-Player ist. Ich lächele ihn an, schalte das TV ein, hole das INPUT-Menü auf den Bildschirm und wähle DVD.
„Schiebe die DVD mit der silbernen Seite zu dir rechts am Gerät in den Schlitz,“ mache ich ihn aufmerksam und setze mich auf meine Couch.
Klaus startet den Film und setzt sich neben mich. Ich ziehe die Knie an und stelle meine Füße auf die Sitzfläche. Als der Film beginnt lehne ich mich bei ihm an. Er legt seinen Arm ausgestreckt auf die Rückenlehne. So verbringen wir die nächsten anderthalb Stunden. Zwischendrin spüre ich, wie sein Daumen sanft über meine Schulter streicht. Ich lasse es geschehen. Das wohlige Gefühl der Zuneigung zu Klaus verstärkt sich. Zum Abschied gebe ich ihm einen Kuss auf die Wange und umarme ihn, während ich ihm ins Ohr flüstere:
„Du kommst doch sicher bald wieder?“
Er nimmt mich nun ebenfalls in den Arm und bestätigt mir:
„Sehr gern sogar, Lisa!“
„Auch wenn es auch dann noch nicht zu Sex käme?“
„Auch dann,“ antwortet Klaus. „Ich dränge dich zu nichts! Du musst dich bereit fühlen. Vorher entstünden nicht die starken Gefühle von Zuneigung, Zusammengehörigkeit, vielleicht sogar Liebe.“
„Fahr vorsichtig, Lieber,“ sage ich zum Abschied und strahle ihn an.
Er scheint wirklich keiner von der Sorte zu sein, die wie eine Dampfwalze über die Frau herfallen. Ich bin froh, dass er der Romantik Zeit gibt.

*

Drei Monate später steht ein drittes Nur-Dach-Haus hinter den Parkplätzen am Ende des Privatweges, der etwa einen halben Kilometer von der Bundesstraße wegführt. An der Einmündung hat die Busgesellschaft eine Behelfshaltestelle eingerichtet, damit Feriengäste zu Fuß oder mit ihren Fahrrädern in die nächste Kreisstadt fahren können, wenn sie möchten.
Zur Hauseinweihung lade ich – Dieter - Klaus, Lisa und Anita ein. Lisa und Klaus sind inzwischen ein Paar. Nur Anita und Biggi halten sich mit ihren Gefühlen noch zurück. Trotzdem, eine innige Freundschaft ist etwas sehr Wunderbares!
Klaus erzählt mir während der Hauseinweihung, dass er gekündigt hat. In zwei Monaten möchte er dann zu uns ziehen, als Mitarbeiter in meine Firma einsteigen und sich um den Maschinenpark kümmern. Ansonsten stünde er gerne als Allround-Mann überall dort zur Verfügung, wo ein Mann gebraucht wird. Darüber bin ich sehr froh.
So kommt es, dass unsere Siedlung zwei Monate nach der Einweihung auf sechs Einwohner angewachsen ist. Neben den privaten PKWs habe ich noch einen Kleinbus angeschafft, den man ebenso als Transporter benutzen kann, wenn die Sitze ausgebaut sind. So brauche ich keinen Traktor mit Anhänger bei den umliegenden Bauern zu mieten, wenn ich die Fichten als Weihnachtsbäume verkaufen will. Gleichzeitig können wir mit dem Wagen als Kleinbus zu den Events nach Essen, Nürnberg und Hamburg fahren und sparen auf diese Weise Treibstoff.
Paul bringt das Gespräch auf Dog-Dancing. Im Petplay ist das noch ziemlich neu. Mit echten Hunden erzielt man auf Ausstellungen und anderen Veranstaltungen viel Aufmerksamkeit.
„Unsere Doggies reagieren inzwischen auf Handzeichen,“ sagt er. „Da wäre es ein Aufhänger für ein eigenes Event hier oder auf anderen Events, wenn wir Dog-Dancing vorführen würden. Damit begründen wir sicher einen Trend.“
„Ja,“ antworte ich. „Das finden die Zuschauer bestimmt so interessant, dass nach und nach andere Teams auftreten. In ein paar Jahren kann man dann Wettbewerbe starten, wie das heute schon bei den Hunde-Shows üblich ist.“
Nach einigen kläglichen Versuchen eine Choreografie zu erstellen, bietet sich Biggi an, die Sache in die Hand zu nehmen. Sie übt danach mit Paul und seiner CHERIE ein Stück zu einer bekannten Melodie ein. Lisa und Klaus gesellen sich bald dazu. Klaus hat Lisa bald den Doggienamen BEAUTY gegeben.



Cherie - 45
Wenig später gehen wir die Treppe hinab zum Frühstückstisch. Die Männer sitzen schon. Dieter begrüßt uns höflich als wir an den Tisch treten. Etwas irritiert mich. Auch Anita hat eine Frage auf der Zunge. Das sehe ich ihr an. Da sehe ich Biggi und Lena auf allen Vieren neben ihren ‚Haltern‘ von Tellern essen, die auf dem Boden stehen. Tapsy, ihr Mops, beschäftigt sich zwei Meter entfernt mit seinem Futternapf.
Räuspernd setzt sich Anita. Dieter wünscht uns einen guten Appetit. Anita stochert aber nur so im Essen und schaut immer wieder in Richtung Lenas, die zwischen ihr und Paul auf dem Boden hockt. Wegen der seltsamen Atmosphäre kann ich allerdings nicht viel essen. Neben mir sitzt Klaus und erst dann, von meinem Platz aus nicht einsehbar, hockt Biggi. Ich frühstücke, als wäre die Atmosphäre heute Morgen keine Andere. Dieter versucht, die Spannung etwas aufzulockern und Anita Sicherheit zu vermitteln. Er verdeutlicht noch einmal, dass es bei ihm keinerlei Zwang gibt, und bietet uns an, den Tag aus der Perspektive eines unbeteiligten Zuschauers zu erleben. Im Anschluss an das Frühstück sei ein Waldspaziergang in Begleitung der Doggies geplant.
Während wir anschließend den Frühstückstisch abräumen werden wir Zeugen eines Spiels der beiden Doggies mit Tapsy. Ein Kunstoffknochen wird von Taps angeschleppt und von allen Dreien abwechselnd über den Boden geschubst.
Als wir fertig sind, sagt Dieter: „AIKA, CHERIE, ZU MIR!“
Beide Doggies stoppen das Spiel und laufen zu Dieter. Er leint sie an, während Paul sich Taps schnappt und ebenfalls anleint. Dann hält Dieter uns die Leinen hin. Anita zögert etwas, bevor sie die Leine mit Lena annimmt. Lena lächelt sie aufmunternd an. Ich nehme die Leine mit Biggi ohne Umschweife entgegen. Beide Doggies sitzen auf ihren Fersen und schauen zu wie Paul und Dieter sich Gummistiefel anziehen. Dann öffnet Dieter die Haustür und lässt uns hinausgehen.
Draußen sollen wir kurz warten. Paul und Dieter nehmen jeder eine etwa fünf Meter lange faustdicke Bohle auf die Schulter, dann gehen wir durch die Nadelholzschonung hinter den Häusern auf den dahinterliegenden Wald zu. Zwischen den Bäumen verläuft ein sandiger Weg. Unter den Bäumen liegt der weiche Waldboden.
Als wir unter den Waldbäumen sind, sollen wir Lena und Biggi ableinen. Klaus soll Taps während des Weges jedoch angeleint lassen.
Nachdem Dieter gesagt hat „AIKA, CHERIE, FREI!“ laufen beide zwischen die Bäume am Wegrand auf den weichen Waldboden und folgen uns dort.
Wir folgen eine Weile dem Waldweg, bis Paul in einen Trampelpfad einbiegt, der rechts vom Weg abzweigt. Dieter wartet bis Paul zwischen den Bäumen verschwunden ist, dann betritt auch er den Trampelpfad. Biggi und Lena sind stehengeblieben und beobachten, was die Männer tun. Dann betreten auch sie den Pfad. Taps zieht Klaus hinter den Beiden her. Er stolpert fast. Als wir den Pfad betreten sehen wir, dass es hier in Stufen abwärts geht. Unten erkennen wir ein Schilfdickicht. Paul und Dieter walzen es ungerührt etwa Mannsbreit nieder. Dahinter sehe ich fließendes Wasser über das die Beiden nun die Bohlenlegen, so dass sie eine Brücke für uns über den Bach bilden.
Als erste benutzen Lena und Biggi die Brücke auf allen Vieren, dann Klaus mit Tapsy und zum Schluss überqueren wir den Bach.
„Hier kannst du Taps von der Leine lassen,“ sagt Dieter zu Klaus, der das sofort macht.
Paul lässt als erstes die beiden Doggies und Taps einen Gegenstand apportieren. Er fordert uns auf weiter auf die Wiese zu kommen. Dabei erklärt er Anita ein wenig die Verhaltensweisen der Doggies und Taps, die er nonverbale Kommunikation nennt. Dabei stellt er einen wesentlichen Unterschied zum SM klar. Sie motivieren die Doggies mit Lob und Belohnung, während beim SM Fehler den Gebrauch der Peitsche nach sich ziehen.
Während wir so reden, passiert etwas das mich laut auflachen lässt. Gleichzeitig halte ich mir aber die Hand vor den Mund, unsicher ob ein Lacher in dieser Situation überhaupt angemessen ist. Aber es sah wirklich komisch aus, wie erst Lena und später dann Biggi sich von hinten an ihre Halter angepirscht und sie umgestoßen haben. ‚Kadavergehorsam‘ scheint bei Dieter und Paul nicht erwünscht zu sein, denn beide lachen ebenfalls. Für sie scheint das alles eher ein Spiel zu sein. Auch Klaus‘ Miene wechselt von ärgerlich, über besorgt, hin zu fröhlichem Lachen.
Ich hocke mich mit Klaus dazu und Dieter fordert auch Anita auf, sich dazu zu setzen. Klaus schaut mich an und versucht, mich zaghaft mit den Fingerspitzen zu berühren. Ich lächele ihn aufmunternd an. Schüchterne Annäherung ist mir lieber als machohaftes Benehmen. Zur romantischen Stimmung tragen die Vogelstimmen und das Plätschern des Baches bei. Biggi und Lena lecken ihre Halter nach Hundeart ab, wogegen sich Dieter und Paul nur halbherzig wehren.
Beide ziehen ihre Jacken aus und breiten sie auf der Wiese aus. Sie fordern uns auf, es uns darauf bequem zu machen. Ich lehne mich an Klaus an. Die nächste Stunde vergeht wie im Flug. Ich genieße die romantische Stimmung mit Klaus, während Anita Dieter und Paul mit Fragen zum Petplay löchert. Nach einer Weile rufen sie Biggi und Lena hinzu und erlauben ihnen zu sprechen. Jetzt erklären die Beiden uns das Petplay auch aus der Sicht der Doggies. Hin und wieder werfe auch ich eine Frage dazwischen. Klaus bleibt weitestgehend sprachlos.
Als wir uns dann auf dem Rückweg machen, fragt Anita mich:
„Wie findest du Klaus?“
„Ich denke, er ist ein lieber Kerl,“ antworte ich ehrlich. „In seiner Nähe fühle ich mich wohl.“
„Hmm…“ brummt sie.
„Ist da Eine eifersüchtig?“ sage ich und zwinkere ihr zu. „Wart‘ ein bisschen! Du wirst auch noch ein Schnuckelchen für dich finden!“
„Eifersüchtig? Ich?“ lächelt sie mich an.
Allerdings fehlen die Lachfältchen an den Augen. Schade, dass sie so reagiert. Wir können Klaus schließlich nicht beide haben.
Dieter sagt in diesem Moment:
„Kommt doch, wenn ihr Zeit an den Wochenenden habt – und wir gerade keine Feriengäste hier haben –, gemeinsam hierher. Wir bringen euch die nonverbale Kommunikation und die Hunde-Kommandos bei.
Anita, du brauchst dich wirklich nicht als fünftes Rad am Wagen fühlen! Konzentriere dich auf deine Freundschaft mit Lisa. Sie ist zu wertvoll, als sie durch Konkurrenzdenken aufs Spiel zu setzen! Wir werden einfach weiterhin Events wie das Gestrige veranstalten. Dabei wird sich auch ein Owner für dich finden, der ins Schema passt!“
Anita atmet tief ein und schaut ihn dankbar an.