Dienstag, 16. Juni 2020
Cherie - 28
„Du willst also das Kommandotraining wiederholen? Diesmal halt nach meiner Methode?“
„Ja,“ haucht Biggi.
„Dann runter von der Couch und nur noch im Notfall sprechen!“
Sie erhebt sich und rutscht vorsichtig auf allen Vieren von der Couch. Nun kann ich mich auch erheben. Sie schaut aufmerksam zu mir auf. Ich nehme eine Schachtel mit Schokolade-Krümel in die Hand, die auf dem Couchtisch gestanden hat und stelle mich vor Biggi hin.
„Als Erstes brauchst du einen vom Eigennamen abweichenden Codenamen. Spreche ich dich damit an, wirst du später sofort ins Dogplay wechseln. Aber bis dahin vergeht noch etwas Zeit. Du sollst ja allmählich hineinfinden. Ich wähle für dich AIKA. Verwende ich also AIKA im Zusammenhang mit einem Kommando, weißt du, dass du gemeint bist. Auch wenn mehrere Doggies anwesend sind.“
Ich setze mich im Schneidersitz vor Biggi und sage in ruhigem Ton AIKA. Biggi schaut mich an und bekommt dafür von mir einen Schoko-Krümel zwischen ihre Lippen gesteckt. Ich belohne sie also dafür, dass sie mir ihre Aufmerksamkeit schenkt, weil ich das Wort AIKA ausgesprochen habe.
Auch lobe ich sie: „Fein, AIKA, das hast du gut gemacht. Gutes Mädchen!“
Dann sage ich: „AIKA, SITZ!“
Biggi kennt durch den Vorgänger-Dom das Kommando schon. Die Ausführung ist daher korrekt.
„Hm,“ sage ich nun. „es wäre interessanter, du wärst ein Neuling und ich müsste dir die korrekte Ausführung noch beibringen. Aber was soll’s – da kommt sicher noch das eine oder andere Kommando, das du noch nicht kennst. Jetzt passe einmal auf. Geh nochmal auf alle Viere!“
Biggi kommt hoch und ich sage: „AIKA, SITZ!“
Dabei hebe ich den rechten Zeigefinger. Biggi setzt sich wieder auf alle Viere.
Anschließend stellt sich Biggi wieder auf alle Viere und schaut dabei aufmerksam zu mir. Ich hebe den rechten Zeigefinger ohne etwas zu sagen. Sie schaut etwas irritiert, wartet einen Moment und setzt sich dann wieder auf ihre Fersen. Jetzt gebe ich ihr einen weiteren Schoko-Krümel.
„Gutes Mädchen,“ sage ich. „Du siehst, Kommandos können verbal erfolgen; verbal und mit einer Geste begleitet oder nur durch eine Geste. Letzteres ist dann nötig, wenn die Umgebung so laut ist, dass du ein verbales Kommando nicht verstehst – oder im fortgeschrittenen Stadium beim Dog-Dancing.“
„Dog-Dancing?“ fragt sie und kräuselt die Stirn.
„Ja, man kann zu einer Musik eine Choreographie entwerfen und als Owner mit Doggie vor Publikum vorführen. Mit echten Hunden macht man das schon.“
„Oh,“ meint Biggi und verstummt wieder.
„Gut gemacht, AIKA,“ sage ich. „Und jetzt noch einmal hoch!“
Nach einem Augenblick beginne ich mit dem nächsten Kommando. Ich zeige ihr einen Schoko-Krümel und halte ihn ihr direkt vor die Nase. Sie öffnet den Mund. Aber ich bewege meine Hand in Richtung Boden. Biggi folgt meiner Hand, indem sie die Ellbogen beugt. Ich drücke mit der freien Hand zusätzlich ihren Hintern runter. Sobald sie ihren Rumpf auf dem Boden hat, sage ich PLATZ und gebe ihr die Schokolade.
„Siehst du, das war schon das nächste Kommando,“ sage ich. „Auch das hast du gut gemacht, AIKA! Komm nun wieder hoch.“
Sie kommt wieder in den Vierfüßler-Stand und ich sage PLATZ und zeige ihr die Handfläche meiner rechten Hand. Sofort geht sie wieder runter. Sie bekommt ihre Schokolade. Dann versuche ich das Ganze noch einmal nur mit dem Handzeichen.
Ich zeige ihr, wie stolz ich auf sie bin, und fahre in derselben Weise mit weiteren Kommandos fort. Nach PLATZ kommt BLEIB. Biggi soll danach irgendwo sitzen oder liegen bleiben, ohne von sich aus aufzustehen.
Es mag sein, dass die Doggie trotzdem zwischendurch aufsteht, weil ihr langweilig geworden ist oder ihr die Glieder eingeschlafen sind. Das sollte für den Owner kein Grund sein seine Doggie zu bestrafen. Die Doggie ist ein fühlendes Wesen und sie soll ermuntert werden, ihre Gefühle zu zeigen. Stattdessen soll der Owner geduldig sein und das Kommando wiederholen. Sollte sie ein Kribbeln spüren, weil die Blutzufuhr an den Gelenken unterbrochen war, wird sie ihren Owner schon informieren.
Die nächsten Kommandos für Biggi sind ZU MIR für das Heranrufen, DECKE um sie auf ihren Platz zu schicken, der durch eine Decke in einer Ecke des Raumes gekennzeichnet ist, AUS, damit sie etwas los- oder fallenlässt, GIB PFÖTCHEN.
Dieses letzte Kommando ist dem Milchtritt entlehnt, mit dem echte Welpen den Milchfluss bei der Mutter anregen. Wir nutzen dieses Kommando, um eine entspannte Atmosphäre zu schaffen. Das gleiche kann man unter echten Hunden manchmal beobachten.
Dann bringe ich ihr KOMM MIT bei. Biggi soll auf das Kommando oder entsprechende Handzeichen hin mitkommen oder hinter mir herlaufen. Ich benutze das Kommando, um Biggi in den Garten zu locken. Im Garten nehme ich einen Plastikknochen vom Boden auf, zeige ihn ihr und werfe ihn weg. Sie folgt dem Flug des Knochens mit den Augen. Ich sage HOL, und sie will auf allen Vieren dorthin laufen, wo der Spielknochen zu Boden gefallen ist.
„Nein,“ sage ich laut. „Auf deine Hinterbeine, damit das Apportieren nicht zu lange dauert!“
Also steht sie auf, läuft zum Knochen hin, hebt ihn auf und kommt zurückgelaufen. Sie übergibt mir den Knochen und zögert. Man sieht ihr an, dass sie unsicher ist. Darum sage ich SITZ. Dann lobe ich sie und gebe ihr ihre Belohnung.
„Das Kommando kanntest du also noch nicht,“ bemerke ich.
Sie legt wieder ihre Stirn in Falten und schüttelt den Kopf. Ich sage also:
„Du darfst sprechen.“
„Nein, Herr,“ sagt sie und atmet schnell. „Bisher sollte ich auf allen Vieren bleiben.“
„Du bist keine wirkliche Hündin, sondern meine Doggie. Also wirst du dich bei einigen Gelegenheiten zwar auf zwei Beinen bewegen, dennoch den Charakter einer Hündin zeigen. Sobald du das Kommando ausgeführt hast, gehst du in den Vierbeiner-Modus zurück! Darum habe ich zum Abschluss SITZ gesagt. In Zukunft machst du das automatisch.“
„Ja, Herr.“
„Gut, dann kommen wir zum nächsten Kommando. Dazu gehen wir wieder hinein. KOMM MIT.“



Cherie - 27
„Und wie geht das – Knurren?“
Ich grinse.
„Probiere es mit einem Schnarchlaut und modifiziere ihn soweit du kannst, so dass du dich ihrem Knurren annäherst. Taps wird das schon verstehen.“
Lena nähert sich Taps wie besprochen und knurrt sie leise an. Tapsy ist davon so überrascht, dass sie den Ball loslässt. Lena nimmt ihn und entfernt sich damit, indem sie ihn vor sich hertreibt. Taps läuft nun bellend hinter Lena her, überholt sie und gibt dem Ball eine andere Richtung. Schon steht sie wieder über ihrer Eroberung und schaut Lena an. Lena schaut zu mir.
„Das ist Ballspielen nach Hunderegeln,“ sage ich lächelnd. „Jetzt geht alles wieder von vorne los: Du musst Taps auffordern den Ball abzugeben, damit ihr wieder den rollenden Ball erhaschen könnt.“
Also drückt Lena wieder gegen den Ball, mit abgewandtem Blick, in Spielverbeugung und sanftem ‚Knurren‘. Kurz darauf wiederholt sich die Jagd und wieder hat Taps den Ball erobert. So geht das eine ganze Weile. Dann lässt Taps zwar den Ball los, aber Lena nicht an den Ball heran. Stattdessen nähert sich Taps knurrend mit der Schnauze Lenas Mund, die vor Schreck aufhört zu Knurren und aus der Spielverbeugung hochkommt.
„Jetzt hast du das Spiel verloren, Liebes,“ sage ich. „Du hättest Nerven zeigen müssen und unten bleiben. Taps hätte dich in dieser Situation nie gebissen! Aber tröste dich: was passiert ist, ist völlig normal. In einem Rudel nennt man das Rangkämpfe. Du hast Taps gerade einen höheren Rang zugebilligt. Das kann sich beim nächsten Mal schon wieder ändern, wenn du dann mehr Nerven zeigst. – FREI!“
Lena kommt in den Zweifüßler-Stand hoch und ich sage noch:
„Machen wir für jetzt Schluss mit dem Dogplay. Vielleicht heute Nachmittag wieder.“

*

Ich, Dieter, habe meine neue Bekannte Biggi über Nacht an meiner Seite schlafen gelassen. Bevor wir eingeschlafen sind, hat Biggi mich tatsächlich in sie eindringen lassen mit dem ganzen Drumherum, das ich ihr vorher versprochen habe. Schließlich hat sie mich nicht mehr losgelassen und ist mit einem Lächeln eingeschlummert.
Am nächsten Morgen bin ich aufgestanden, habe uns das Frühstück gemacht und sie hat auf allen Vieren an meiner Seite gefrühstückt.
Später habe ich mich auf die Couch gesetzt und sie mit einem HOPP neben mich auf die Couch gerufen. Mit leiser Hintergrundmusik aus der Anlage und ihrem Kopf auf meinem Oberschenkel döse ich eine Weile vor mich hin als sie den Kopf hebt.
„Verstehen Hunde eigentlich, was Menschen miteinander sprechen, oder wenn Menschen auf ihre Hunde einreden?“
Ich schüttele lächelnd den Kopf.
„Nein, Biggie. Das ist für sie nur eine Folge unterschiedlicher Töne ohne jeden Sinn. Aus der Schnelligkeit der Tonfolge, Tonhöhe und Fibrationen in der Stimme können sie aber auf die Stimmungslage des Sprechers schließen.“
„Aber wie verstehen sie dann die Kommandos?“
„Man trainiert mit ihnen. So lernen sie, dass eine bestimmte Tonfolge für eine bestimmte Bewegung steht, die der Mensch von ihnen erwartet. Schau mal, wenn ein Hund etwas angestellt hat, das mich zum Schimpfen verleitet, versteht der Hund nur ‚Timmi, blablablabla…‘ Aus Tonfall, meiner Körperhaltung und meiner Mimik liest er aber heraus, dass eine große Spannung besteht. Dem begegnet er mit Beschwichtigungssignalen: Er dreht zum Beispiel den Kopf zur Seite. Kennt der Mensch das nicht, würde er möglicherweise ausflippen, weil ‚der Hund mir zuhören soll‘. Das gehört aber zum - in dieser Situation angemessenen – Ausdrucksverhalten von Hunden.
Also muss man seinem Hund kurze Tonfolgen bieten. Sie sollten klar unterscheidbar sein – SITZ, KOMM, BLEIB - und im Tonfall zur aktuellen Situation passen – freudig oder mit Nachdruck -. In jedem Fall aber keine Sätze bilden!“
„Ich höre aber so viele Menschen mit ihren Hunden reden…“ meint Biggi.
„Das ist menschlich. Man möchte sich mitteilen, mag die Aufmerksamkeit, die Hunde scheinbar zeigen. Nur sollte man nicht erwarten, dass der Hund den Tonschwall versteht. Aber er versteht die Stimmung seines Menschen deutlich!
Wie aber versteht der Hund seinen Menschen wirklich? Ein einfaches KOMM wirkt nur, wenn der Hund sich angesprochen fühlt! Vor das Wortkommando sollte grundsätzlich eine unmissverständliche Ansprache erfolgen. Als dieses ‚Aufmerksamkeitskommando‘ fungiert der Name des Hundes. Sie wissen dann, dass sie gemeint sind.
Wichtiger als die Akustik ist für den Hund aber die Optik. Stimmt Kommando und Gestik/Mimik nicht überein, verunsichert das den Hund. Es ist sogar möglich, Hunde ausschließlich über Gestik und Mimik zu führen. Sie lassen sich leichter führen, wenn man eine ruhige Körperspannung hat. Auch betrachten sie ihren Menschen mit einer präsenten Ausstrahlung als eher führungsfähig und sind dadurch motivierter.“
„Du weißt so viel…“
Ich zucke lächelnd mit der Schulter.
„Wenn man sich damit beschäftigt…“
Biggi legt ihren Kopf wieder auf meinen Oberschenkel und wir beide hören dösend der Musik zu. Eine ganze Weile später dreht sie wieder ihren Kopf und schaut zu mir auf.
„Wie geht eigentlich das Kommandotraining? Was passiert da?“
„Dein letzter Dom, mit dem du zum Petplay gekommen bist, hat das mit dir doch schon gemacht… Wie hat er das angefangen?“
„Er hat mir gesagt, wie diese oder jene Stellung auszusehen hat und was ich bei diesem oder jenem Kommando zu tun hab. Habe ich das nicht zu seiner Zufriedenheit getan, gab es Schläge.“
„Ja, klar. Bei mir ist alles etwas anders…“
„Ich weiß,“ antwortet sie lächelnd, legt mir ihre Arme um den Hals, zieht sich hoch und küsst mich auf den Mund.
Wenig später duellieren sich unsere Zungen bei geöffneten Lippen. Kurz darauf hole ich tief Luft und sage: