Dienstag, 9. Juni 2020
Cherie - 13
Sie schaut dankbar zu mir auf und dreht sich in der engen Zelle. Die Tür drücke ich hinter ihr zu.
Dieter ist schon in die Küche gegangen. Nun lasse ich auch Taps von der Leine und hänge meine Jeansjacke an die Garderobe. Dieter ruft:
„Paul?“
„Ja?“
„Was würdest du Cherie als Nachtmahl bereiten wollen? Etwas leichtes, denke ich.“
„Was hast du denn für uns vorgesehen?“ frage ich zurück.
„Ein Kichererbsenmus mit Brot. Auf dem Mus sind verschiedene Früchte wie Datteln und so…“
„Oh, etwas Orientalisches! Interessant.“
Ich überlege.
„Mach‘ für sie doch einen Fruchtsalat zurecht,“ meine ich dann.
„Okay, kein Problem,“ antwortet er.
Inzwischen habe ich die Küche betreten und schaue ihm zu.
„Sag‘ mal,“ beginnt er dann. „Als Cherie dich auf der Wiese umgeworfen hat, hast du gelacht.“
„Ja?“
„Warst du ihr wirklich nicht böse?“
„Ich war im ersten Moment überrascht, sonst hätte sie mich nicht umwerfen können. Ich empfand diese Aktion als Spiel, als emotionaler Übermut aus Freude am Leben…“
„Daraus kann aber eine Umkehrung der Hierarchie entstehen! Dass sie testet, wie weit sie bei dir gehen kann, und das später zu ihren Gunsten ausnutzt. In der Hundeerziehung achtet man darauf, dass der Mensch stets die Position des Alphatieres des ‘Rudels‘ einnimmt. Da darf man keine Schwäche zeigen! Wenn du dir eine Doggie erziehst sollte es ähnlich verlaufen.“
„Ich sag‘ mal so: Bei Hunden verstehe ich das. Bei human Doggies gehe ich nach dem Prinzip ‘Ernst ist Ernst und Spaß ist Spaß‘! Alles zu seiner Zeit. Ungehorsam bei Kommandos dulde ich nicht. Aber nach dem Kommando FREI darf sie gerne mit mir spielen und dabei kurz die Situation bestimmen.“
„Und wie ahndest du eventuellen Ungehorsam bei Kommandos?“
„Erst einmal müssen sie wissen, wie ich mir die Ausführung eines Kommandos vorstelle. Dann schaue ich mir die Ausführung an, wenn ich ein Kommando gebe, und lobe oder korrigiere.“
„So ist es richtig. Was aber, wenn du ständig korrigieren musst?“
„Ich sehe ja, ob der Grund Unvermögen oder Unwillen, bzw. Übermut ist. Im ersten Fall passe ich die Ausführung des Kommandos an ihre Möglichkeiten an. Im zweiten Fall erkennt sie an meiner Mimik und am Tadel, dass ich nicht einverstanden bin. Hilft das nicht, ignoriere ich sie, wenn sie mal für Zärtlichkeiten und Kuscheln zu mir kommt.
Einen Roboter, die exakt und nur nach Kommando funktioniert, will ich nicht. Ich will ein Geschöpf, das Freude am Ausleben ihrer Gefühle hat. Ich weiß, dass das ein schmaler Grat ist, auf dem ich mich bewege und dass ich ständig die Balance halten muss. Dafür wird mir Cherie aber niemals langweilig!“
„Deine Maxime finde ich lobenswert!“ sagt Dieter.
Ein Geräusch an der Küchentür lässt mich umschauen. Ich sehe noch das Hinterteil Lenas, die sich in Richtung Wohnzimmer bewegt. Sie muss also zumindest meine letzte Aussage mitgehört haben. Schulterzuckend nehme ich das hin. Ich mag sie, nein, das ist zu schwach. Ich liebe meine Cherie. Darum habe ich ihr den Kosenamen gegeben, und ihn später als Namen für meine Doggie weiter verwendet.
Als Dieter soweit fertig ist, bringe ich Taps ihr Essen und beginne dann den Esstisch zu decken. Als Taps fertig ist, bin ich auch soweit Cherie ihren Teller vorzusetzen. Taps kommt zwar neugierig heran, aber lässt Cherie diesmal beim Essen in Ruhe. Anscheinend ist Fruchtsalat nicht ihr Favourit. Ich lächele in mich hinein.
Wir sind fast fertig, als Lenas Handy vibriert. Ich nehme das Gespräch an.
„Tiefenbach.“
„Biggi hier. Ist Lena in der Nähe?“
„Ja. Warte, ich gebe sie dir. – Cherie, setz dich, Biggi möchte dich sprechen.“
Cherie setzt sich seitlich auf, abgestützt vom rechten Arm, mit angewinkelten Knien und nimmt ihr Handy ans Ohr.
„Hi, Biggi. Ich bin’s. Wie geht es dir?“ fragt Lena.
Sie reden eine Weile miteinander, dann sagt Lena, dass wir gerade beim Essen sind. Sie verabreden sich dann für ein Gespräch in den nächsten Tagen.
„Was ist los?“ frage ich, nachdem Lena die Verbindung getrennt hat.
„Biggi hat Streit mit ihrem Herrn. Sie hat die Session von diesem Wochenende vorhin abgebrochen und wollte sich nun ihren Frust von der Seele reden…“
„Das wäre aber wichtiger als der Fruchtsalat gewesen,“ meine ich.
„Ja, aber ich war gerade nicht in der Stimmung. Ich wollte mir meine eigene ‘Session‘ nicht verderben lassen.“
„Das verstehe ich. Sie hätte dich vollkommen aus dem Dogspace geholt.“
Lena nickt. Ich frage dann noch:
„Wie seid ihr verblieben?“
„Wir wollen uns in den nächsten Tagen mal in einem Café treffen. Dort kann sie sich aussprechen und ich habe ein offenes Ohr für das, was sie bewegt.“
„Einen genauen Termin hast du noch nicht?“
„Nein, sie will die Zugverbindung heraussuchen und sich dann mit mir konkreter absprechen.“
„Okay,“ antworte ich ihr. „Dann iss weiter.“
Cherie lässt sich wieder auf alle Viere vor ihrem Teller nieder und senkt ihren Kopf über den restlichen Früchten. Man kann sehen, dass sie in Gedanken weit weg ist. Darum spreche ich sie nicht mehr an.
Schließlich ist sie fertig und schaut mit nachdenklichem Gesicht zu mir auf. Ich nehme eine Serviette und reinige ihr Mund und Wangen, was sie mit einem Lächeln quittiert. Spontan hebt sie die Arme, schlingt sie um meinen Hals und drückt mir ihre linke Wange an meine Brust. Dabei winkelt sie die Beine an, um besser aufrecht auf dem Boden sitzen zu können. Ich lasse sie gewähren und umfasse sie an den Achseln; drücke Lena an mich.
Nach einer halben Minute löst sie sich ein wenig von mir und schaut zweifelnd zu mir hoch. Ich schüttele verhalten den Kopf und lächele sie an.



Cherie - 12
Er macht einen Schritt in das Schilf hinein und tritt die Halme nieder. Paul bückt sich und nimmt Taps in den Arm, um dann ebenfalls mit den Füssen das Schilf nieder zu treten – etwas neben der Bresche, die Dieter getreten hat, und verbreitert mir so den Weg.
Nach zwei Metern lichtet sich das Schilf und gibt einen Blick auf eine grandiose Landschaft frei. Direkt unter und vor dem Schilf gluckert ein seichter Bach, gerade knöcheltief. Nach weiteren zwei Metern, auf der anderen Seite des Baches liegt ein schmaler Sandstrand von allenfalls einem Meter Breite. Im Hintergrund und rechts von uns liegen bewaldete Höhen über denen sich eine Sandsteinwand erstreckt. Bäume, oben am Ende der Wand, sehen aus wie Modellfiguren. Auch Paul lässt seinen Blick staunend streifen.
„Dies hier nennt man die Kyllschleife,“ sagt Dieter. „Der Hang dort rechts ist 180 Meter hoch.“
„Oh,“ entfährt es Paul.
Er überquert nun als Zweiter den Bach, nachdem er mich von der Leine gelöst hat, und lässt Tapsy drüben von seinem Arm herunter. Zurückblickend fordert er mich mit sanfter Stimme auf:
„Komm, Cherie. Der Bach ist nicht tief, aber achte auf deine Schritte! Die Steine sind zwar rund, aber der Boden ist natürlich nicht eben.“
Ich mache vorsichtig ein paar Schritte und bin bald auf der anderen Seite. Dieter geht nach rechts weiter. Nachdem das Schilfdickicht auf der anderen Bachseite zu Ende ist, erhebt sich drüben eine Sandsteinwand bis zu einer Höhe von vielleicht fünf Metern in der Biegung des Baches. Dort hat sich der Sandstrand diesseits auch auf über zwanzig Meter verbreitert.
Bisher bin ich folgsam neben Paul her getrottet. Jetzt bückt sich Paul, löst auch Tapsy von der Leine und sagt, zu mir gewandt:
„Cherie, AUF! FREI!“
Aus dem Kommandotraining weiß ich, dass ich nun auf meine ‘Hinterbeine‘ steigen und mich frei bewegen darf bis ein neues Kommando erfolgt. Erfreut stehe ich auf und recke mich. Dann laufe ich den Strand hinunter zur Uferlinie. Tapsy folgt mir, ein paar Mal kurz freudig bellend. Ich versuche aus dem Lauf einen Handstand, um einen Überschlag zu produzieren, was mir aber misslingt. Lachend auf der Seite landend, erreicht mich Tapsy und springt an mir hoch. Währenddessen rappele ich mich auf.
‚Das ist ganz sicher die wahre Freiheit,‘ geht mir gedanklich durch den Kopf. ‚Von einem geliebten Mann sicher geführt, geschützt und gepflegt zu werden. Weit weg vom Alltag, vom täglichen Kampf ums Überleben. Paul kann ich vollkommen vertrauen.‘
Ich beuge mich zu Taps hinunter und spiele eine Weile mit ihr. Einem momentanen Impuls folgend – Paul hat mir einmal gesagt, ich solle in der jeweiligen Gegenwart leben. Die traurige Vergangenheit ist vorbei, um eine gute Zukunft kümmert er sich schon – laufe ich vor Taps davon. Dann drehe ich mich zu ihr um und locke sie mittels Gestik: Ich gehe auf alle Viere und beuge meine Ellbogen bis mein Kinn fast den Boden berührt. Das bedeutet für Hunde: Komm, spiel mit mir. Taps kommt auf mich zu gelaufen und ich nehme einen kleinen Zweig aus dem Gras, den der Wind wohl dorthin geblasen hat.
Taps schnappt danach, aber ich gebe ihn nicht sogleich ab. Ich bleibe in der eingenommenen Stellung und lasse Taps einige Sekunden an dem Zweig ziehen. Auch sie zeigt die Spielaufforderungs-Geste, obwohl sie nun zu knurren beginnt. Ich lasse los und Taps entfernt sich mit dem Zweig einen halben Meter. Schnell hab ich den Zweig wieder gegriffen und wir zerren beide daran.
Das Spiel dauert eine Weile, bis Tapsy damit wegrennt. Nun wate ich durch das kühle Wasser des Baches und schaue von drüben zurück, was Paul wohl gerade macht. Ich sehe, dass er mich beobachtet. Ich lächele ihm zu und winke kurz mit einer Vorderpfote. Danach versuche ich den steilen, aber nicht sehr hohen Sandsteinhang hinauf zu klettern. Nach etwa einem Meter verliere ich den Halt und komme ins Rutschen bis meine ‘Hinterpfoten‘ wieder vom Wasser des Baches umflossen werden.
Das Geräusch vom Plätschern des Baches ist stärker geworden. Aufschauend erkenne ich Pauls besorgtes Gesicht über mir.
„Alles in Ordnung, Cherie?“ fragt er und nimmt meine Pfoten und Arme ‚unter die Lupe‘.
„Tut dir etwas weh?“ will er noch wissen, aber ich schüttele lächelnd den Kopf und drücke mich an ihn. Das ist es also, was er unter Fürsorge versteht. Er lässt mir gewisse Freiheiten, ohne mich aus den Augen zu verlieren, und ist zur Stelle, wenn es gefährlich zu werden scheint. Oh, ich liebe ihn dafür!
Taps schüttelt Wasser aus ihrem Fell. Auch sie hat den Bach überquert. Aber Paul sagt kurz: „BEI FUSS!“ und überquert den Bach wieder.
Er will wohl, dass wir auf der Sand- und Grasfläche am anderen Bachufer bleiben. Gehorsam überquere ich den Bach und meine Tapsy folgt mir. Drüben angekommen streicht mir Paul sanft über die Flanke (Seite meines Rumpfes) und sagt wieder: „FREI!“
Also beginne ich wieder mein Spiel mit Tapsy. Einen Moment schaut Paul weg. Er unterhält sich mit Dieter und vertraut wohl darauf, dass auf der Wiese nichts passieren kann. Ich laufe bis ich hinter Pauls Rücken bin, gehe auf alle Viere und ramme ihm meine Schulter in die Kniekehle.
Paul knickt ein und liegt kurz darauf auf dem Rücken im Gras neben mir. Ganz Hundeartig beginne ich ihn im Gesicht zu lecken. Nach der nassen Nasenspitze beschäftige ich mich aber mit der Hand, die er abwehrend gehoben hat. Nach dem ersten überraschten und verärgerten Gesichtsausdruck beginnt er nun zu lächeln, denn längst lacht Dieter über die Szene, die sich ihm da bietet.
„Wir sollten uns langsam auf den Rückweg machen,“ schlägt Dieter jetzt vor.
Paul schaut auf die Uhr und nickt. Er rappelt sich auf und sagt: „ZU MIR!“
Ich nähere mich ihm mit gesenktem Kopf – sicher ist sicher…
Er sagt: „SITZ!“ und ich setze mich sofort auf meine Fersen.
Paul greift nun in seine Gürteltasche und steckt mir ein Stückchen Schokolade in den Mund. Taps sieht das wohl und ist inzwischen auch heran gekommen. Er gibt ihr ein Hunde-Leckerlie und nimmt sie wieder an die Leine. Mit einem „BEI FUSS!“ in meine Richtung geht es wieder zu der Stelle, wo wir anfangs den Bach überquert haben. Wir gehen durch die Bresche im Schilf, über den Pfad, zum Waldweg zurück. Hier nimmt mich Paul ebenfalls an die Leine.

*

Zurück in Dieters Haus zieht Cherie an der Kette und setzt sich vor die Tür der Gästetoilette im Foyer. Ich beuge mich, verstehend lächelnd, zu ihr und mache sie vom Halsreif los. Dann öffne ich ihr die Tür und lasse sie hinein schlüpfen.



Cherie - 11
Ich verteile das Essen auf drei Teller und zerteile Lenas Portion mundgerecht, so dass sie ihr Essen mit dem Mund aufnehmen kann. Taps bekommt ihr Futter in einem Napf. Dann bringen wir die Teller zum Esstisch und ich stelle wohlweißlich Lenas Teller gut zwei Meter neben Tapsys Napf. Ein Wassernapf daneben und für Lena stelle ich eine Trinkflasche mit Fruchtsaft neben meinen Teller.
Wir setzen uns und Dieter wünscht guten Appetit.
Als wir zum Esstisch gekommen sind, ist Taps sofort aufgesprungen und zu uns gelaufen. Auch Lena hat sich erhoben und schaut mir zu, was ich mache. Zuerst bekommt Taps ihr Futter. Nachdem sie zu Fressen begonnen hat, stelle ich Lena ihren Teller vor die ‚Vorderfüße‘.
Wie schon befürchtet, muss ich bald eingreifen. Taps hat Lenas Fisch in die Nase bekommen und ihren Platz verlassen.
„Taps, aus!“ sage ich mit fester Stimme.
Den Geruch des Thunfisches in der Nase, reagiert sie jedoch nicht wie erwünscht. Ich greife Taps ins Halsband und ziehe sie zurück. Dann bringe ich sie zu ihrem Napf zurück und stoße sie mit der Nase in ihr Futter. Sie frisst nicht weiter. Mit einem kurzen Blick in die Runde finde ich beim Kamin einen Ring. Also nehme ich Cheries Kette aus meiner Hosentasche, befestige sie mit der Schlaufe an dem Ring und nehme Taps auf den Arm. Am Ring befestige ich Tapsys Halsband an der Kette und stelle ihren Futter- und Wassernapf vor sie hin. Erst dann komme ich zum Essen. In Zukunft muss ich Taps wohl immer festmachen, damit Lena in Ruhe essen kann.
Nach dem Essen frage ich Dieter:
„Gibt es hier eigentlich die Möglichkeit, mit den Hunden einen längeren Spaziergang durch die Natur zu machen – und sie vielleicht auch mal von der Leine zu lassen? Oder haben wir stets mit unbedarften Passanten zu rechnen?“
Dieter schüttelt den Kopf.
„Wenn wir über mein Land Richtung Wald gehen begegnen wir wochenlang keinem Menschen. Das ist hier noch unberührte Natur.“
Ich mache große Augen. Das kenne ich so gar nicht. Aber es freut mich sehr.
„Dann könnten wir die Hunde sich auspowern lassen – nachher!“ schlage ich vor.
„Gute Idee,“ sagt Dieter. „Obwohl Taps wohl noch jede Menge Power haben wird, wenn deine Cherie langsam müde wird. Wäre es da nicht einfacher gewesen, nur eine Doggie zu haben – und nicht auch noch einen echten Hund?“
„Wo die Liebe hinfällt,“ sinniere ich. „Ich kann doch Lena nicht vor die Wahl stellen, entweder Taps oder ich… Ich kann mir ausrechnen, wie dann ihre Entscheidung ausfallen wird! Also gehört es auch zu meinen Pflichten, für ihre Hündin zu sorgen. – Und zu meiner Verantwortung, beiden irgendwie gerecht zu werden. – Außerdem: So erlernt Cherie viel schneller die nonverbale Kommunikation der Hunde!“
„Ah, das gehört auch zu deinen Prioritäten…“
„Aber sicher! Entweder, oder…“ gebe ich lächelnd zurück.
Bald läuft die Spülmaschine. Dieter zieht Gummistiefel an und bietet mir ein weiteres Paar, das mir leicht zu groß ist. Draußen gehen wir über einen Sandweg an einer Art Heidelandschaft mit Gras und Kräutern, sowie einzelnen Büschen und Bäumen vorbei auf den Wald zu.
„Hier willst du bald mehr Bäume pflanzen, um sie dann abholzen und die Stämme verkaufen zu können?“
„Ja, erstmal Nadelholz, das wir als Weihnachtsbäume verkaufen. Vereinzelte Obstbäume zur Eigenversorgung und bei genügend Geld später Buchen und andere Hölzer.“
„Ah,“ mache ich und schaue in die Runde.
Ich führe beide Hunde an der Leine. Taps bleibt als erste stehen und kotet am Wegesrand.

*

Nachdem ich mich im Bad erleichtert und anschließend gesäubert habe, schließe ich mein Body mit den Druckknöpfen im Schritt und gehe die angenehm breiten Stufen der Treppe ins Erdgeschoß auf allen Vieren hinunter. Unten höre ich Stimmen in der Küche und schaue kurz nach, was die Männer tun. Als Paul den Kopf wendet, ziehe ich mich schnell zurück und gehe ins Wohnzimmer. Dort am Elektrokamin lasse ich mich nieder. Sofort kommt unsere Tapsy auf mich zu gelaufen und legt sich neben mir ab.
Ich beginne die Mopsdame zu streicheln, worauf sie sich an mich schmiegt. In dieser Stellung findet uns Paul, der ins Wohnzimmer kommt und den Blick suchend schweifen lässt. Er lächelt mich an und ich schenke ihm ein ebensolches glückliches Lächeln. Paul geht nun beruhigt in die Küche zurück, um kurz darauf mit Dieter und gefüllten Tellern zum Esstisch zu gehen und die Teller darauf zu platzieren.
Bevor er sich zum Essen hinsetzt füllt er einen Napf mit Hundefutter und einen zweiten mit Wasser. Er stellt sie links neben sich auf den Boden und ruft Taps zu sich, dann schneidet er das Essen auf einem Teller klein und ruft mich zu sich. Den Teller stellt er rechts von sich in einiger Entfernung zu Taps auf den Boden und streicht mir sanft über den Kopf. Ich drücke meine Schulter an sein Bein und reibe sie kurz an ihm, während ich dankbar zu ihm aufschaue. Dann senke ich den Kopf über den Teller und beginne zu essen.
Paul setzt sich an den Tisch und will nun ebenfalls essen als Tapsy zu mir kommt, um auch von meinem Teller zu essen.
Schon tönt Paul sehr energisch: „Aus! Taps!“
Ein Tier ist aber nun einmal ein sehr emotionales Lebewesen. Den köstlichen Duft des Thunfisches in der Nase, ist das Gehorchen schwer. Also steht Paul auf und platziert sie mittels der Leine entfernt von uns. Dort bietet er ihr wieder ihr Futter und das Wasser an, doch Taps schaut nur traurig zu mir herüber.
Als ich Durst bekomme und zu Paul aufschaue, fragt er mich – als ob er Gedanken lesen könne -:
„Magst du etwas trinken?“
Ich nicke freudig und er greift nach einer Trinkflasche auf dem Tisch und hält mir das Mundstück hin. Ich sauge einen Schluck heraus und esse weiter. Die Männer derweil reden über irgendetwas. Nach dem Essen räumen sie auf und Paul lässt Taps von der Leine, die sofort zu mir kommt und zu lecken beginnt.
Die Männer schlüpfen in Stiefel. Danach kommt Paul zu mir und zieht mir wieder die Pfotenfäustlinge und die Spezialballerinas an. Er leint Tapsy und mich an und wir verlassen das Haus. Es geht über einen Sandweg in Richtung Wald. Rechts und links erstreckt sich eine unbearbeitete verwilderte Landschaft aus Gräsern, Büschen und Bäumen. Wir stoppen einmal kurz, weil Taps sich am Wegesrand erleichtert, dann haben wir schnell den Wald erreicht und die Bäume umschließen uns.
„Wenn die Hunde die Gegend kennen und aufs Wort gehorchen, könnten wir sie hier schon laufen lassen,“ höre ich Dieter zu Paul sagen.
„Aha,“ macht Paul.
„Ich schlage aber vor, dass wir ein Stück gehen. Wir kommen dann zu einer Stelle, wo ein Bachlauf den Sandstein durchbrochen hat. Er mäandert natürlich und so ist auf einer Seite ein Steilufer entstanden, während sich auf der anderen Seite ein kleiner Sandstrand befindet, hinter der eine Wiese eine Waldlichtung bildet. Dort können die Hunde laufen und spielen,“ meint Dieter.
Paul Gesicht zeigt eine neugierige Miene. Taps hat schon eine ganze Weile an der Leine gezogen. Das mache ich jetzt auch. Ich will diese Lichtung erkunden…
Sofort ruft Paul: „BEI FUSS!“
Während ich stehenbleibe und Paul aufholen lasse, muss er Tapsy mit der Leine zurückziehen. Dazu bleibt er auch stehen. Also gehe ich langsam mit gesenktem Kopf auf Paul zu und setze mich neben ihm auf meine Fersen.
„Du brauchst einen Wanderstock als Armverlängerung,“ sagt Dieter zu Paul. „Und dann musst du das ‘Bei Fuss‘-Gehen solange üben bis keine Leine mehr notwendig ist – zumindest in bekanntem Gelände. In unbekanntem Gelände lauern so viele fremden Düfte, dass die tierischen Instinkte anfangs alle erlernten Kommandos vergessen machen werden.“
„Oookay,“ meint Paul.
Der Weg steigt ein wenig an, dann zweigt ein Pfad nach links ab. Hier gibt’s nur nackten Waldboden. Der Pfad führt nach einigen Metern steil abwärts, aber die Wurzeln der Waldbäume wirken wie Treppenstufen. So komme ich ganz gut voran.
Schließlich versperrt uns mannhohes Schilf die Sicht.
„Hier sind wir richtig,“ meint Dieter. „Mensch, ist das Schilf gewachsen…“