Donnerstag, 18. Juni 2020
Cherie - 32
„Nach dem Kommando FREI,“ erkläre ich ihr, „darfst du dich frei bewegen bis irgendein anderes Kommando kommt. Das Kommando NEIN stoppt jede Aktion. Du bleibst, wo du bist und tust nichts weiter. Insoweit hast du alles richtig gemacht, Liebes!“
Ich gebe ihr eine Belohnungs-Erdnuss und drücke ihr einen Kuss auf den Mund. Dann stehe ich auf und lege ich eine Handvoll Erdnüsse in ein flaches Schüsselchen. Sie hat mein Tun mit ihren Blicken verfolgt. Nun drehe ich mich zu ihr um und halte ihr das Schüsselchen hin in Höhe meiner Brust. Eine Nuss stecke ich mir selbst in den Mund.
Lena kommt heran und stößt mich an. Da ich nicht reagiere, sondern mir wieder selbst eine Nuss in den Mund stecke, reibt sie ihre Wange an meinem Oberschenkel. Ich lächele sie an, wehre sie mit der freien Hand ab und sage HOCH. Dabei mache ich mit der freien Hand Aufwärtsbewegungen. Schließlich will sie sich auf ihre Hinterbeine stellen. Nun sage ich SITZ. Sie beugt ihre Knie bis sie auf ihren Fersen sitzt und muss aus Gleichgewichtsgründen ihre Beine spreizen. Trotzdem kippt sie zur Seite.
„HOCH ist kurz gesagt das Gleiche wie MACH MÄNNCHEN,“ sage ich ihr. Du balancierst auf deinen Zehenballen, auf deinen Fersen sitzend, die Ellbogen angewinkelt und die Fäuste etwa in Schulterhöhe.“
Sie versucht es noch einmal konzentriert und es klappt. Nun füttere ich sie mit ein paar Erdnüssen und lobe:
„Gutes Mädchen, Cherie, gutes Mädchen!“
Ich drehe mich zum Couchtisch um und stelle das Schüsselchen dort ab. Lena ist inzwischen wieder auf allen Vieren und nähert sich nun dem Couchtisch. Dabei schielt sie in meine Richtung, als denke sie ‚Würde er es mir wohl erlauben…‘.
Als sie den Mund über das Schüsselchen stülpen will, sage ich laut NEIN. Sofort hält sie inne und weicht etwas zurück. Sie dreht ihren Kopf zu mir und schaut mich mit großen Augen an. Ich beuge mich zu ihr hinunter und gebe ihr einen Kuss.
„Das hast du richtig gemacht, Liebes! Es kann ja Situationen geben, wo ein NEIN angebracht ist. Jetzt aber sage ich OKAY. Nach diesem Kommando darfst du tun, was du im Begriff warst aus eigenem Antrieb zu tun.“
Sie reibt ihre Seite glücklich an mir und isst die Erdnüsse aus dem Schüsselchen.
Nach einer Weile sage ich bedächtig:
„Weißt du, ich könnte eigentlich mal Dieter anrufen, ob er ein Wochenende Zeit hat, dass wir uns wieder einmal treffen…“
Lena ist inzwischen mit dem Schüsselchen fertig und kommt zu mir gelaufen. Sie springt an mir hoch und lächelt mich an. Dabei bleibt sie in Höhe der MACH MÄNNCHEN-Stellung.
„Das würde dir also auch gefallen,“ resümiere ich.

*

Dieter hat mich zum Zug gebracht und nun sitze ich hier und lasse mich nachhause fahren. Mit meinen Gedanken bin ich allerdings weit weg.
Ich sehe meinen Dom mit seinem Freund im grünen Arztkittel, grüner Haube und weißem Mundschutz. Man hat mich vorher auf die stabile Liege mit dem Lederbezug festgeschnallt, die Knöchel rechts und links in entsprechenden Halterungen fixiert. Dann entrollt der Freund meines Dom eine grüne Rolle mit vielen Innentaschen und einer Reihe silberfarbener Werkzeuge darin. Mich schüttelt es noch, wenn die Bilder vor meinen Augen wieder auftauchen.
Dieter behauptet, das sei nicht Inhalt des Petplay, wie er es versteht. Kann ich seinen Worten trauen?
Ich habe Dieter als Mann kennengelernt, für den Respekt vor mir als Person kein Fremdwort ist. So bin ich für ihn auch kein Gegenstand seiner Lusterfüllung. Stattdessen kümmert er sich echt um mein Befinden.
Ich bin hin und her gerissen. Darüber schlafen wird sicher das Beste sein.
Zwei Tage später hat mich der Alltag wieder voll im Griff. Abends vor dem Fernseher kann ich aber nicht so richtig abschalten. Meine Lieblingsserien fesseln mich nicht so wie sonst. Mich erfüllt eine unerklärliche Leere, eine Sehnsucht, die ich nicht greifen kann. Es muss irgendwie mit der Session in der Eifel bei Dieter zusammenhängen…
Tags darauf fasse ich den spontanen Entschluß und rufe Lena an:
„Fischer.“
„Hallo, Lena. Biggi hier. Sag mal, hast du schon einmal etwas über einen Heimtierausweis gehört?“ falle ich gleich mit der Tür ins Haus.
„Aber ja, Biggi. Taps hat einen für den Fall, dass wir ins Ausland fahren – aber auch, um irgendeinem Arzt oder Behörden zu bescheinigen, welche Impfungen sie hat.“
Ich höre Lena geradezu durch das Telefon lächeln.
„Das meine ich nicht,“ werde ich deutlicher. „Ich meine einen Heimtierausweis mit deinen Daten drin.“
„Ah,“ macht Lena. „Hast du davon gehört und bist nun unsicher, ob du so einen auch haben möchtest.“
„Ja,“ bestätige ich ausweichend.
„Ich würde an deiner Stelle damit warten, bis du mit dem Mann zusammenziehst, den du dir als deinen Herrn ausgesucht hast,“ rät mir Lena. „Der Ausweis für Doggies ist dem Ausweis für Katzen und Hunde entlehnt. Auf der ersten Seite innen ist ein Bild von dir, dann folgen deine persönlichen Daten und dahinter eventuelle Impfungen. Es ist also ein erweiterter Impfausweis, der nur in der Szene gilt.“
„Und das braucht man in der Szene?“
„Nein, Biggi. Nur wenn du und dein Herr gemeinsam den Ausweis als sichtbares Zeichen eurer Herr-Doggie-Verbindung auswählt. Manche Herren mögen zusätzlich noch ein Tattoo, oder eine Ohrmarke oder einen Chip an ihrem Doggie. – Ich zum Beispiel habe als Tattoo eine Hundetatze an der linken Hinterbacke und eine kleine runde Scheibe als Ohrstecker mit der eingravierten Ausweisnummer.“
„Oh,“ mache ich. „Was ist das: ‚ein Chip‘?“
„Ein kleines Teil, das dir mit einer Spritze unter die Haut gebracht wird und das man mit einem Empfänger orten kann.“



Cherie - 31
„Gutes Mädchen, AIKA. Das hast du ganz gut gemacht! Eine Feinheit in der Ausführung wäre noch, dass du mit deinem Kopf auf Höhe meiner Beine bleibst. Also neben mir, nicht vor mir läufst. Dann brauchst du dich nicht nach mir umschauen und ich brauche dich nicht durch Zug an der Leine dirigieren. Das ist zum Beispiel dann gut, wenn wir anderen Petplayern begegnen. Dann reicht ein Handzeichen von mir, um dir zu sagen, dass du die Seite wechseln sollst.“
Er macht mit mir noch eine Runde. Dann bleibt er stehen. Ich schaue zu ihm auf und sehe ihn lächeln.
„Das jetzige Kommando kennst du bestimmt noch nicht. Zuerst einmal – PLATZ!“
Ich setze mich also auf meine Fersen und beuge die Ellbogen bis mein Rumpf fast den Boden berührt. Währenddessen hat Dieter ein weiteres Schokokrümel in die Hand genommen, zeigt es mir und führt es an meiner linken Seite vom Kopf langsam Richtung Po. Ich drehe mich nun auf die Seite, um daran zu kommen.
Jetzt sagt er "MÜDE" und gibt mir die Schoki in den Mund. Dabei lobt er mich und streicht mir zärtlich über Wange und Hals. Dann sagt er wieder PLATZ und ich drehe mich wieder auf Unterschenkel und Unterarme.
Nun sagt Dieter noch einmal MÜDE und hält dabei seinen Unterarm senkrecht. Danach lässt er ihn langsam zu Seite sinken. Ich drehe mich nun auch wieder auf die Seite. Er gibt mir noch eine Schoki und sagt dazu:
„Gutes Mädchen, AIKA. Die Armbewegung ist das sogenannte ‚Handzeichen‘, das nonverbale Kommando für MÜDE. Jetzt kommt eine Erweiterung dieses Kommandos. Ich weiß nicht, ob du das auch noch nicht kennst. Folge mir einfach und du wirst sehen…“
Ich nicke wieder und Dieter sagt nun wieder MÜDE. Also lege ich mich ein drittes Mal auf die Seite. Nun führt er ein Schoki zwischen meinen ‚Vorderpfoten‘ am Bauch entlang nach hinten. Seiner Bewegung mit dem Mund folgend, rolle ich mich auf den Rücken.
In der Bewegung sagt er "ROLL" und lässt mich die Schoki essen. Dann sagt ROLL und beschreibt dabei mit der Hand einen Kreis in der Luft, mal rechts herum, mal links herum und danach einen Vollkreis. Immer lobt er mich nach der Ausführung.
Dann bin ich wieder in der SITZ-Position und frage ihn, wann denn die Kommandos MÜDE und ROLL zur Anwendung kommen.
„MÜDE,“ antwortet er, „verwende ich, wenn du dich ablegen und relaxen sollst. ROLL kann man auf Events verwenden. Es hat immer einen gewissen Aha-Effekt. Aber besonders bei Arztbesuchen verwende ich es, wenn du dich auf der Untersuchungsliege drehen sollst.“
„Bei Arztbesuchen?!“
Ich bin vielleicht etwas lauter als üblich und schaue ihn entsetzt an.
„Nicht bei normalen Ärzten,“ beschwichtigt Dieter. „Aber es gibt da mindestens einen Arzt, der mit der Szene vertraut ist. Dort kann ich dir einen Heimtier-Ausweis ausstellen lassen.“
„Du befürwortest Doktorspiele?“
„Hast du schon einmal Doktorspiele mitmachen müssen?“
„Ja, meinem Dom gefiel es,“ sage ich leise.
„Und du magst es nicht, wie ich an deiner Reaktion erkenne. Keine Angst! Ich bin dabei und stoppe den Arzt, bevor er dich derart benutzt. Zum Erlangen eines Heimtierausweises ist es nicht nötig, mit all diesen Instrumenten an dir herum zu spielen! Auch mache ich das nicht ohne dein Einverständnis. Es wird also in den nächsten Monaten, vielleicht Jahren, nicht geschehen!“
Ich atme tief ein.
„Dein Wort in Gottes Ohr…“
„Du kannst mir vertrauen,“ meint er, doch mein Engagement in der Sache ist merklich abgekühlt.
Er muss mein Zurückweichen wohl spüren, denn er sagt nach einer Weile:
„Langsam ist es Abend und damit Zeit zum Abendessen. Dazu kannst du mir wieder als Zweibeiner in der Küche helfen, wenn du magst. Danach schauen wir ein oder zwei DVDs, die du dir aus meiner Sammlung aussuchen darfst. Dann dürfte auch schon Schlafenszeit sein.“

*

Lena hat mich nach dem Kommandotraining gefragt. Dazu brauche ich Lock- und Belohnungsmittel. Ich weiß, dass sie Erdnüsse sehr mag, also gehe ich in die Küche und bringe sie ins Wohnzimmer.
„Einige der Kommandos nutzen dafür die Gestik der Hunde. Zum Beispiel die Spielverbeugung, die du heute kennengelernt hast. Will man nun an einem Dog-Agility-Event teilnehmen und mit seinem Doggie etwas vorführen, dann steht meist eine Verbeugung am Ende des ‚Spiels‘, nicht an dessen Beginn,“ erkläre ich ihr.
Lena schaut mich aufmerksam an. Ich nehme eine Erdnuss zwischen die Finger und zeige sie ihr. Dann führe ich sie langsam nach unten und hinten, also in Richtung ihrer Brust. Lena folgt dem Leckerli mit den Augen, dreht den Kopf und geht dafür automatisch in die Verbeugungsstellung. Nun bekommt sie ihr Leckerli und ich sage „CHERIE“. Dabei verbeuge ich mich ebenfalls und mache eine ausladende Handbewegung. Dies wiederhole ich ein paar Mal, bis Lena ihren Namen und meine Geste zusammen als Kommando zum Verbeugen begreift. Jetzt lobe ich sie freudig und streichele sie zart.
„Genauso der nonverbalen Kommunikation entnommen ist das Kommando GIB PFÖTCHEN,“ erkläre ich ihr dann. „Es entstammt dem Milchtritt des Welpen. Damit wird beim Muttertier der Milchfluss angeregt. Als Kommando gebraucht, soll eine wohlwollende Stimmung zwischen Hund und Mensch, die sich noch nicht kennen, erzeugt werden. Bei sich fremden Doggie und Mensch gilt das Gleiche.“
Ich zeige ihr schrittweise, wie ich mir die korrekte Ausführung des Kommandos vorstelle und freue mich über die Wißbegierigkeit meiner Doggie Cherie.
„Nun komme ich zu einigen speziellen Kommandos,“ sage ich dann.
Ich kommandiere SITZ und befestige eine lange Laufleine an ihrem Halsband. Als das erledigt ist, sage ich FREI.
Lena schaut mich kurz an und ich nicke ihr aufmunternd zu. Sie beginnt sich im Wohnzimmer zu bewegen, wie es ihr spontan in den Sinn kommt. Ich lasse sie gewähren. Als sie sich Tapsy zu nähern beginnt, sage ich in bestimmten Tonfall NEIN und ziehe kurz an der Leine. Lena stoppt ihre Aktion und schaut ängstlich verwundert zu mir auf. Ich gehe zu ihr hin, setze mich neben sie auf den Boden und nehme sie in den Arm.