Cherie - 32
„Nach dem Kommando FREI,“ erkläre ich ihr, „darfst du dich frei bewegen bis irgendein anderes Kommando kommt. Das Kommando NEIN stoppt jede Aktion. Du bleibst, wo du bist und tust nichts weiter. Insoweit hast du alles richtig gemacht, Liebes!“
Ich gebe ihr eine Belohnungs-Erdnuss und drücke ihr einen Kuss auf den Mund. Dann stehe ich auf und lege ich eine Handvoll Erdnüsse in ein flaches Schüsselchen. Sie hat mein Tun mit ihren Blicken verfolgt. Nun drehe ich mich zu ihr um und halte ihr das Schüsselchen hin in Höhe meiner Brust. Eine Nuss stecke ich mir selbst in den Mund.
Lena kommt heran und stößt mich an. Da ich nicht reagiere, sondern mir wieder selbst eine Nuss in den Mund stecke, reibt sie ihre Wange an meinem Oberschenkel. Ich lächele sie an, wehre sie mit der freien Hand ab und sage HOCH. Dabei mache ich mit der freien Hand Aufwärtsbewegungen. Schließlich will sie sich auf ihre Hinterbeine stellen. Nun sage ich SITZ. Sie beugt ihre Knie bis sie auf ihren Fersen sitzt und muss aus Gleichgewichtsgründen ihre Beine spreizen. Trotzdem kippt sie zur Seite.
„HOCH ist kurz gesagt das Gleiche wie MACH MÄNNCHEN,“ sage ich ihr. Du balancierst auf deinen Zehenballen, auf deinen Fersen sitzend, die Ellbogen angewinkelt und die Fäuste etwa in Schulterhöhe.“
Sie versucht es noch einmal konzentriert und es klappt. Nun füttere ich sie mit ein paar Erdnüssen und lobe:
„Gutes Mädchen, Cherie, gutes Mädchen!“
Ich drehe mich zum Couchtisch um und stelle das Schüsselchen dort ab. Lena ist inzwischen wieder auf allen Vieren und nähert sich nun dem Couchtisch. Dabei schielt sie in meine Richtung, als denke sie ‚Würde er es mir wohl erlauben…‘.
Als sie den Mund über das Schüsselchen stülpen will, sage ich laut NEIN. Sofort hält sie inne und weicht etwas zurück. Sie dreht ihren Kopf zu mir und schaut mich mit großen Augen an. Ich beuge mich zu ihr hinunter und gebe ihr einen Kuss.
„Das hast du richtig gemacht, Liebes! Es kann ja Situationen geben, wo ein NEIN angebracht ist. Jetzt aber sage ich OKAY. Nach diesem Kommando darfst du tun, was du im Begriff warst aus eigenem Antrieb zu tun.“
Sie reibt ihre Seite glücklich an mir und isst die Erdnüsse aus dem Schüsselchen.
Nach einer Weile sage ich bedächtig:
„Weißt du, ich könnte eigentlich mal Dieter anrufen, ob er ein Wochenende Zeit hat, dass wir uns wieder einmal treffen…“
Lena ist inzwischen mit dem Schüsselchen fertig und kommt zu mir gelaufen. Sie springt an mir hoch und lächelt mich an. Dabei bleibt sie in Höhe der MACH MÄNNCHEN-Stellung.
„Das würde dir also auch gefallen,“ resümiere ich.

*

Dieter hat mich zum Zug gebracht und nun sitze ich hier und lasse mich nachhause fahren. Mit meinen Gedanken bin ich allerdings weit weg.
Ich sehe meinen Dom mit seinem Freund im grünen Arztkittel, grüner Haube und weißem Mundschutz. Man hat mich vorher auf die stabile Liege mit dem Lederbezug festgeschnallt, die Knöchel rechts und links in entsprechenden Halterungen fixiert. Dann entrollt der Freund meines Dom eine grüne Rolle mit vielen Innentaschen und einer Reihe silberfarbener Werkzeuge darin. Mich schüttelt es noch, wenn die Bilder vor meinen Augen wieder auftauchen.
Dieter behauptet, das sei nicht Inhalt des Petplay, wie er es versteht. Kann ich seinen Worten trauen?
Ich habe Dieter als Mann kennengelernt, für den Respekt vor mir als Person kein Fremdwort ist. So bin ich für ihn auch kein Gegenstand seiner Lusterfüllung. Stattdessen kümmert er sich echt um mein Befinden.
Ich bin hin und her gerissen. Darüber schlafen wird sicher das Beste sein.
Zwei Tage später hat mich der Alltag wieder voll im Griff. Abends vor dem Fernseher kann ich aber nicht so richtig abschalten. Meine Lieblingsserien fesseln mich nicht so wie sonst. Mich erfüllt eine unerklärliche Leere, eine Sehnsucht, die ich nicht greifen kann. Es muss irgendwie mit der Session in der Eifel bei Dieter zusammenhängen…
Tags darauf fasse ich den spontanen Entschluß und rufe Lena an:
„Fischer.“
„Hallo, Lena. Biggi hier. Sag mal, hast du schon einmal etwas über einen Heimtierausweis gehört?“ falle ich gleich mit der Tür ins Haus.
„Aber ja, Biggi. Taps hat einen für den Fall, dass wir ins Ausland fahren – aber auch, um irgendeinem Arzt oder Behörden zu bescheinigen, welche Impfungen sie hat.“
Ich höre Lena geradezu durch das Telefon lächeln.
„Das meine ich nicht,“ werde ich deutlicher. „Ich meine einen Heimtierausweis mit deinen Daten drin.“
„Ah,“ macht Lena. „Hast du davon gehört und bist nun unsicher, ob du so einen auch haben möchtest.“
„Ja,“ bestätige ich ausweichend.
„Ich würde an deiner Stelle damit warten, bis du mit dem Mann zusammenziehst, den du dir als deinen Herrn ausgesucht hast,“ rät mir Lena. „Der Ausweis für Doggies ist dem Ausweis für Katzen und Hunde entlehnt. Auf der ersten Seite innen ist ein Bild von dir, dann folgen deine persönlichen Daten und dahinter eventuelle Impfungen. Es ist also ein erweiterter Impfausweis, der nur in der Szene gilt.“
„Und das braucht man in der Szene?“
„Nein, Biggi. Nur wenn du und dein Herr gemeinsam den Ausweis als sichtbares Zeichen eurer Herr-Doggie-Verbindung auswählt. Manche Herren mögen zusätzlich noch ein Tattoo, oder eine Ohrmarke oder einen Chip an ihrem Doggie. – Ich zum Beispiel habe als Tattoo eine Hundetatze an der linken Hinterbacke und eine kleine runde Scheibe als Ohrstecker mit der eingravierten Ausweisnummer.“
„Oh,“ mache ich. „Was ist das: ‚ein Chip‘?“
„Ein kleines Teil, das dir mit einer Spritze unter die Haut gebracht wird und das man mit einem Empfänger orten kann.“