Cherie - 31
„Gutes Mädchen, AIKA. Das hast du ganz gut gemacht! Eine Feinheit in der Ausführung wäre noch, dass du mit deinem Kopf auf Höhe meiner Beine bleibst. Also neben mir, nicht vor mir läufst. Dann brauchst du dich nicht nach mir umschauen und ich brauche dich nicht durch Zug an der Leine dirigieren. Das ist zum Beispiel dann gut, wenn wir anderen Petplayern begegnen. Dann reicht ein Handzeichen von mir, um dir zu sagen, dass du die Seite wechseln sollst.“
Er macht mit mir noch eine Runde. Dann bleibt er stehen. Ich schaue zu ihm auf und sehe ihn lächeln.
„Das jetzige Kommando kennst du bestimmt noch nicht. Zuerst einmal – PLATZ!“
Ich setze mich also auf meine Fersen und beuge die Ellbogen bis mein Rumpf fast den Boden berührt. Währenddessen hat Dieter ein weiteres Schokokrümel in die Hand genommen, zeigt es mir und führt es an meiner linken Seite vom Kopf langsam Richtung Po. Ich drehe mich nun auf die Seite, um daran zu kommen.
Jetzt sagt er "MÜDE" und gibt mir die Schoki in den Mund. Dabei lobt er mich und streicht mir zärtlich über Wange und Hals. Dann sagt er wieder PLATZ und ich drehe mich wieder auf Unterschenkel und Unterarme.
Nun sagt Dieter noch einmal MÜDE und hält dabei seinen Unterarm senkrecht. Danach lässt er ihn langsam zu Seite sinken. Ich drehe mich nun auch wieder auf die Seite. Er gibt mir noch eine Schoki und sagt dazu:
„Gutes Mädchen, AIKA. Die Armbewegung ist das sogenannte ‚Handzeichen‘, das nonverbale Kommando für MÜDE. Jetzt kommt eine Erweiterung dieses Kommandos. Ich weiß nicht, ob du das auch noch nicht kennst. Folge mir einfach und du wirst sehen…“
Ich nicke wieder und Dieter sagt nun wieder MÜDE. Also lege ich mich ein drittes Mal auf die Seite. Nun führt er ein Schoki zwischen meinen ‚Vorderpfoten‘ am Bauch entlang nach hinten. Seiner Bewegung mit dem Mund folgend, rolle ich mich auf den Rücken.
In der Bewegung sagt er "ROLL" und lässt mich die Schoki essen. Dann sagt ROLL und beschreibt dabei mit der Hand einen Kreis in der Luft, mal rechts herum, mal links herum und danach einen Vollkreis. Immer lobt er mich nach der Ausführung.
Dann bin ich wieder in der SITZ-Position und frage ihn, wann denn die Kommandos MÜDE und ROLL zur Anwendung kommen.
„MÜDE,“ antwortet er, „verwende ich, wenn du dich ablegen und relaxen sollst. ROLL kann man auf Events verwenden. Es hat immer einen gewissen Aha-Effekt. Aber besonders bei Arztbesuchen verwende ich es, wenn du dich auf der Untersuchungsliege drehen sollst.“
„Bei Arztbesuchen?!“
Ich bin vielleicht etwas lauter als üblich und schaue ihn entsetzt an.
„Nicht bei normalen Ärzten,“ beschwichtigt Dieter. „Aber es gibt da mindestens einen Arzt, der mit der Szene vertraut ist. Dort kann ich dir einen Heimtier-Ausweis ausstellen lassen.“
„Du befürwortest Doktorspiele?“
„Hast du schon einmal Doktorspiele mitmachen müssen?“
„Ja, meinem Dom gefiel es,“ sage ich leise.
„Und du magst es nicht, wie ich an deiner Reaktion erkenne. Keine Angst! Ich bin dabei und stoppe den Arzt, bevor er dich derart benutzt. Zum Erlangen eines Heimtierausweises ist es nicht nötig, mit all diesen Instrumenten an dir herum zu spielen! Auch mache ich das nicht ohne dein Einverständnis. Es wird also in den nächsten Monaten, vielleicht Jahren, nicht geschehen!“
Ich atme tief ein.
„Dein Wort in Gottes Ohr…“
„Du kannst mir vertrauen,“ meint er, doch mein Engagement in der Sache ist merklich abgekühlt.
Er muss mein Zurückweichen wohl spüren, denn er sagt nach einer Weile:
„Langsam ist es Abend und damit Zeit zum Abendessen. Dazu kannst du mir wieder als Zweibeiner in der Küche helfen, wenn du magst. Danach schauen wir ein oder zwei DVDs, die du dir aus meiner Sammlung aussuchen darfst. Dann dürfte auch schon Schlafenszeit sein.“

*

Lena hat mich nach dem Kommandotraining gefragt. Dazu brauche ich Lock- und Belohnungsmittel. Ich weiß, dass sie Erdnüsse sehr mag, also gehe ich in die Küche und bringe sie ins Wohnzimmer.
„Einige der Kommandos nutzen dafür die Gestik der Hunde. Zum Beispiel die Spielverbeugung, die du heute kennengelernt hast. Will man nun an einem Dog-Agility-Event teilnehmen und mit seinem Doggie etwas vorführen, dann steht meist eine Verbeugung am Ende des ‚Spiels‘, nicht an dessen Beginn,“ erkläre ich ihr.
Lena schaut mich aufmerksam an. Ich nehme eine Erdnuss zwischen die Finger und zeige sie ihr. Dann führe ich sie langsam nach unten und hinten, also in Richtung ihrer Brust. Lena folgt dem Leckerli mit den Augen, dreht den Kopf und geht dafür automatisch in die Verbeugungsstellung. Nun bekommt sie ihr Leckerli und ich sage „CHERIE“. Dabei verbeuge ich mich ebenfalls und mache eine ausladende Handbewegung. Dies wiederhole ich ein paar Mal, bis Lena ihren Namen und meine Geste zusammen als Kommando zum Verbeugen begreift. Jetzt lobe ich sie freudig und streichele sie zart.
„Genauso der nonverbalen Kommunikation entnommen ist das Kommando GIB PFÖTCHEN,“ erkläre ich ihr dann. „Es entstammt dem Milchtritt des Welpen. Damit wird beim Muttertier der Milchfluss angeregt. Als Kommando gebraucht, soll eine wohlwollende Stimmung zwischen Hund und Mensch, die sich noch nicht kennen, erzeugt werden. Bei sich fremden Doggie und Mensch gilt das Gleiche.“
Ich zeige ihr schrittweise, wie ich mir die korrekte Ausführung des Kommandos vorstelle und freue mich über die Wißbegierigkeit meiner Doggie Cherie.
„Nun komme ich zu einigen speziellen Kommandos,“ sage ich dann.
Ich kommandiere SITZ und befestige eine lange Laufleine an ihrem Halsband. Als das erledigt ist, sage ich FREI.
Lena schaut mich kurz an und ich nicke ihr aufmunternd zu. Sie beginnt sich im Wohnzimmer zu bewegen, wie es ihr spontan in den Sinn kommt. Ich lasse sie gewähren. Als sie sich Tapsy zu nähern beginnt, sage ich in bestimmten Tonfall NEIN und ziehe kurz an der Leine. Lena stoppt ihre Aktion und schaut ängstlich verwundert zu mir auf. Ich gehe zu ihr hin, setze mich neben sie auf den Boden und nehme sie in den Arm.