Cherie - 45
Wenig später gehen wir die Treppe hinab zum Frühstückstisch. Die Männer sitzen schon. Dieter begrüßt uns höflich als wir an den Tisch treten. Etwas irritiert mich. Auch Anita hat eine Frage auf der Zunge. Das sehe ich ihr an. Da sehe ich Biggi und Lena auf allen Vieren neben ihren ‚Haltern‘ von Tellern essen, die auf dem Boden stehen. Tapsy, ihr Mops, beschäftigt sich zwei Meter entfernt mit seinem Futternapf.
Räuspernd setzt sich Anita. Dieter wünscht uns einen guten Appetit. Anita stochert aber nur so im Essen und schaut immer wieder in Richtung Lenas, die zwischen ihr und Paul auf dem Boden hockt. Wegen der seltsamen Atmosphäre kann ich allerdings nicht viel essen. Neben mir sitzt Klaus und erst dann, von meinem Platz aus nicht einsehbar, hockt Biggi. Ich frühstücke, als wäre die Atmosphäre heute Morgen keine Andere. Dieter versucht, die Spannung etwas aufzulockern und Anita Sicherheit zu vermitteln. Er verdeutlicht noch einmal, dass es bei ihm keinerlei Zwang gibt, und bietet uns an, den Tag aus der Perspektive eines unbeteiligten Zuschauers zu erleben. Im Anschluss an das Frühstück sei ein Waldspaziergang in Begleitung der Doggies geplant.
Während wir anschließend den Frühstückstisch abräumen werden wir Zeugen eines Spiels der beiden Doggies mit Tapsy. Ein Kunstoffknochen wird von Taps angeschleppt und von allen Dreien abwechselnd über den Boden geschubst.
Als wir fertig sind, sagt Dieter: „AIKA, CHERIE, ZU MIR!“
Beide Doggies stoppen das Spiel und laufen zu Dieter. Er leint sie an, während Paul sich Taps schnappt und ebenfalls anleint. Dann hält Dieter uns die Leinen hin. Anita zögert etwas, bevor sie die Leine mit Lena annimmt. Lena lächelt sie aufmunternd an. Ich nehme die Leine mit Biggi ohne Umschweife entgegen. Beide Doggies sitzen auf ihren Fersen und schauen zu wie Paul und Dieter sich Gummistiefel anziehen. Dann öffnet Dieter die Haustür und lässt uns hinausgehen.
Draußen sollen wir kurz warten. Paul und Dieter nehmen jeder eine etwa fünf Meter lange faustdicke Bohle auf die Schulter, dann gehen wir durch die Nadelholzschonung hinter den Häusern auf den dahinterliegenden Wald zu. Zwischen den Bäumen verläuft ein sandiger Weg. Unter den Bäumen liegt der weiche Waldboden.
Als wir unter den Waldbäumen sind, sollen wir Lena und Biggi ableinen. Klaus soll Taps während des Weges jedoch angeleint lassen.
Nachdem Dieter gesagt hat „AIKA, CHERIE, FREI!“ laufen beide zwischen die Bäume am Wegrand auf den weichen Waldboden und folgen uns dort.
Wir folgen eine Weile dem Waldweg, bis Paul in einen Trampelpfad einbiegt, der rechts vom Weg abzweigt. Dieter wartet bis Paul zwischen den Bäumen verschwunden ist, dann betritt auch er den Trampelpfad. Biggi und Lena sind stehengeblieben und beobachten, was die Männer tun. Dann betreten auch sie den Pfad. Taps zieht Klaus hinter den Beiden her. Er stolpert fast. Als wir den Pfad betreten sehen wir, dass es hier in Stufen abwärts geht. Unten erkennen wir ein Schilfdickicht. Paul und Dieter walzen es ungerührt etwa Mannsbreit nieder. Dahinter sehe ich fließendes Wasser über das die Beiden nun die Bohlenlegen, so dass sie eine Brücke für uns über den Bach bilden.
Als erste benutzen Lena und Biggi die Brücke auf allen Vieren, dann Klaus mit Tapsy und zum Schluss überqueren wir den Bach.
„Hier kannst du Taps von der Leine lassen,“ sagt Dieter zu Klaus, der das sofort macht.
Paul lässt als erstes die beiden Doggies und Taps einen Gegenstand apportieren. Er fordert uns auf weiter auf die Wiese zu kommen. Dabei erklärt er Anita ein wenig die Verhaltensweisen der Doggies und Taps, die er nonverbale Kommunikation nennt. Dabei stellt er einen wesentlichen Unterschied zum SM klar. Sie motivieren die Doggies mit Lob und Belohnung, während beim SM Fehler den Gebrauch der Peitsche nach sich ziehen.
Während wir so reden, passiert etwas das mich laut auflachen lässt. Gleichzeitig halte ich mir aber die Hand vor den Mund, unsicher ob ein Lacher in dieser Situation überhaupt angemessen ist. Aber es sah wirklich komisch aus, wie erst Lena und später dann Biggi sich von hinten an ihre Halter angepirscht und sie umgestoßen haben. ‚Kadavergehorsam‘ scheint bei Dieter und Paul nicht erwünscht zu sein, denn beide lachen ebenfalls. Für sie scheint das alles eher ein Spiel zu sein. Auch Klaus‘ Miene wechselt von ärgerlich, über besorgt, hin zu fröhlichem Lachen.
Ich hocke mich mit Klaus dazu und Dieter fordert auch Anita auf, sich dazu zu setzen. Klaus schaut mich an und versucht, mich zaghaft mit den Fingerspitzen zu berühren. Ich lächele ihn aufmunternd an. Schüchterne Annäherung ist mir lieber als machohaftes Benehmen. Zur romantischen Stimmung tragen die Vogelstimmen und das Plätschern des Baches bei. Biggi und Lena lecken ihre Halter nach Hundeart ab, wogegen sich Dieter und Paul nur halbherzig wehren.
Beide ziehen ihre Jacken aus und breiten sie auf der Wiese aus. Sie fordern uns auf, es uns darauf bequem zu machen. Ich lehne mich an Klaus an. Die nächste Stunde vergeht wie im Flug. Ich genieße die romantische Stimmung mit Klaus, während Anita Dieter und Paul mit Fragen zum Petplay löchert. Nach einer Weile rufen sie Biggi und Lena hinzu und erlauben ihnen zu sprechen. Jetzt erklären die Beiden uns das Petplay auch aus der Sicht der Doggies. Hin und wieder werfe auch ich eine Frage dazwischen. Klaus bleibt weitestgehend sprachlos.
Als wir uns dann auf dem Rückweg machen, fragt Anita mich:
„Wie findest du Klaus?“
„Ich denke, er ist ein lieber Kerl,“ antworte ich ehrlich. „In seiner Nähe fühle ich mich wohl.“
„Hmm…“ brummt sie.
„Ist da Eine eifersüchtig?“ sage ich und zwinkere ihr zu. „Wart‘ ein bisschen! Du wirst auch noch ein Schnuckelchen für dich finden!“
„Eifersüchtig? Ich?“ lächelt sie mich an.
Allerdings fehlen die Lachfältchen an den Augen. Schade, dass sie so reagiert. Wir können Klaus schließlich nicht beide haben.
Dieter sagt in diesem Moment:
„Kommt doch, wenn ihr Zeit an den Wochenenden habt – und wir gerade keine Feriengäste hier haben –, gemeinsam hierher. Wir bringen euch die nonverbale Kommunikation und die Hunde-Kommandos bei.
Anita, du brauchst dich wirklich nicht als fünftes Rad am Wagen fühlen! Konzentriere dich auf deine Freundschaft mit Lisa. Sie ist zu wertvoll, als sie durch Konkurrenzdenken aufs Spiel zu setzen! Wir werden einfach weiterhin Events wie das Gestrige veranstalten. Dabei wird sich auch ein Owner für dich finden, der ins Schema passt!“
Anita atmet tief ein und schaut ihn dankbar an.