Cherie - 26
„Jaein, Liebes. Wenn wir SMler wären und ich als dein Herr würde entscheiden, dass du heute mal meine Doggie spielen wirst, dann müsstest du auf die Kommandos reagieren – und ich würde dich mittels Stock und anderen Hilfsmitteln korrigieren.
Bei uns liegen die Dinge anders: Du bist kein Roboter, der nur auf Kommandos entsprechend reagiert. Du bist ein Lebewesen mit Gefühlen, wie Taps. Und wie Taps als Welpe ein gutes halbes Jahr brauchte, gebe ich auch dir Zeit allmählich in die Rolle zu finden. Zuerst einmal die nonverbale Kommunikation, nebenbei das Lernen auf allen Vieren zu gehen. Dann kommt das Kommandotraining – und zwar ohne dass ich dir verbale Erklärungen gebe. Taps würde verbale Erklärungen auch nicht kognitiv verstehen!“
„Oh,“ meint Lena und schaut mich groß an. Nach einer Gedankenpause fragt sie dann: „Du hast eben das Kommando FREI erwähnt. Was bedeutet das?“
„Eine Bekannte aus dem Münchner Umland hat mir einmal gesagt, dass sie und ihr Freund seit drei Jahren Dogplay machen. In dieser Zeit war sie permanent Doggie. Nur dass ihr Körper sie ab und zu zwang aufzustehen, meinte sie im Gespräch. Also rund um die Uhr auf allen Vieren, wäre ihr nicht möglich.
Es gibt im Dogplay neben den üblichen Hundekommandos noch einige spezielle. Eins davon ist das FREI. Wenn ich das sage, kannst du dich danach frei bewegen, bis ein nächstes Kommando kommt. Überspitzt gesagt: Du kannst aufstehen, zweibeinig umhergehen, Purzelbäume schlagen, oder was auch immer dir in den Sinn kommt. Ich fände es nur schön, wenn alles was du tust spontan aus dem momentanen Gefühl herauskommt, statt wohlüberlegt zu sein.“
„Ahso,“ macht Lena nun und frühstückt weiter.
Nachdem wir fertig sind, räume ich den Frühstückstisch ab und schlage vor:
„Wenn du magst, machen wir doch ein Stündchen lang praktische Übungen zu dem, was wir gestern Abend besprochen haben…“
„Was muss ich da machen?“ fragt Lena.
„Geh‘ erst einmal auf alle Viere.“
„Gibst du mir bitte die Knieschoner?“
Ich schüttele den Kopf und antworte:
„Heute gehen wir einen Schritt weiter. Draußen bekommst du noch die Knieschoner, damit du ab und zu eine Pause machen kannst, dafür deine Knie auf den Boden stellst und dich dabei nicht an einem möglicherweise spitzen Steinchen verletzt. Hier drinnen brauchst du die Knieschoner nicht mehr. Du sollst ab jetzt versuchen auf den Händen und Zehenballen zu gehen. Also bleiben die Knie eine knappe Fußlänge in der Luft.“
Lena versucht es, setzt nach zwei Schritten die Knie wieder auf den Boden, setzt sich auf ihre Fersen und schaut mich an.
„Das ist ganz schön anstrengend,“ meint sie.
„Am Anfang ist nichts leicht,“ gebe ich ihr zu bedenken. „Trainiere das und du wirst sehen, dass du immer weitere Strecken so zurücklegen kannst.“
„Was ist, wenn ich draußen kleine Steinchen zwischen die Zehen bekomme oder damit meine Zehenballen verletze?“
„Du hast doch deine Ballerinas. Wir kaufen noch welche und lassen vorne eine dicke Ledersohle drunter kleben!“
„Okay, das wird funktionieren.“
„Siehst du.“
Ich nehme einen kleinen Ball und werfe ihn leicht in Lenas Richtung. Der Ball berührt zwei Meter von mir entfernt den Boden und rollt weiter in Lenas Richtung. Taps hebt den Kopf und schaut in unsere Richtung.
Lena beugt ihre Ellbogen und versucht den Ball mit ihren Zähnen zu fassen.
„Nein,“ sage ich und schüttele mit dem Kopf. „Dafür ist der Ball zu groß. Halte ihn zwischen deinen Händen fest und gib ihm mit der einen Faust einen Stoß in meine Richtung.“
Sie macht es. Während der Ball auf mich zurollt – ich habe mich in der Zwischenzeit hingehockt -, steht Tapsy auf und kommt heran. Sie läuft hinter dem Ball her und nimmt ihn unter ihre Brust.
„Wie interpretierst du ihre Geste?“ frage ich Lena lächelnd, die in der ‚Spielverbeugung‘ an ihrem Platz verharrt.
„Ich weiß nicht…“ sagt sie.
„Das kann man mit einem Wort beschreiben: MEINS!“ antworte ich. „Taps ist zu klein, um den Ball zwischen ihren Vorderpfoten zu halten oder zwischen den Zähnen.“
Ich habe mich Taps genähert und greife nach dem Ball. Taps knurrt verhalten, wendet aber ihren Kopf ab. Ich streichele ihre Flanke und ziehe dabei ihr den Ball unter dem kleinen Körper hervor.
„Ich lasse den Ball jetzt springen. Wohin er rollt lässt sich dann nicht sagen. Versuche ihn zu fangen, Liebes. Kommt dir Tapsy zuvor, dann nimm ihn ihr ab! Aber achte dabei auf deine und ihre Körpersignale. Versuche eine einfache Kommunikation mit Tapsy, wie ich dir das gestern erklärt habe.“
Lena nickt und ich lasse den Ball leicht aufspringen. Er rollt danach in Richtung Schrank. Meine Doggie und unsere Mopsdame laufen los. Natürlich ist Tapsy zuerst beim Ball und hält ihn in ähnlicher Weise wie eben fest. Diesmal schaut sie sich nach Lena um.
Lena kommt heran und bleibt unschlüssig vor Taps stehen. Dann versucht sie mit einer Faust den Ball unter Tapsy hervor zu stoßen, denn danach greifen darf sie als Doggie nicht. Taps beginnt wieder zu knurren. Diesmal lauter und sie schaut Lena direkt an.
„Du musst Beschwichtigungssignale senden, Liebes,“ rate ich ihr, da Lena einen Schritt zurückgewichen ist.
Lena schaut mich mit gerunzelter Stirn an.
„Und wie soll das gehen?“
„Taps soll erkennen, dass du mit ihr ‚auf Augenhöhe‘ spielen willst. Schwanzwedeln fällt flach. Geh in die Spielverbeugung, jedoch so nahe, dass du mit einer Hand bequem den Ball erreichen kannst. Dann wende den Blick oder sogar den Kopf ab und stoße sanft gegen den Ball. Entweder gibt sie ihn dir freiwillig oder sie signalisiert dir immer noch MEINS.
Im ersten Fall nimmst du ihn und läufst damit weg, indem du den Ball mit schwachen Stößen vor dir hertreibst. Taps wird dir folgen und den Ball zurückhaben wollen. Nach kurzer Zeit solltest du sie wieder an den Ball ranlassen.
Im zweiten Fall, dass sie dich noch einmal anknurrt – diesmal leiser und ebenfalls angewandtem Kopf und/oder Wedeln mit dem Schwanzstummel – erwiderst du das leise Knurren und machst sie auch sonst nach. Dabei presst du deine Faust so gegen den Ball, dass er wegrollt sobald sie ihn loslässt.
Bleibt sie dagegen bei dem schärferen Knurren, dann lass ihr den Ball. Dann komm zu mir. Eine Eskalation muss unter allen Umständen vermieden werden!“